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Frust kommt auf: Die Verlierer des BVB zum Rückrundenstart
Borussia Dortmund
Zwei Siege gefeiert, zehn Tore geschossen. Der BVB steht derzeit auf der Gewinnerseite. Für vier BVB-Profis hat sich die Lage jedoch weiter verfinstert.
Als die laute Kabinenparty der Borussia noch lief, hatte Paco Alcacer längst genug. Der Spanier schulterte seinen Rucksack, zog die Kapuze seiner Jacke über den Kopf und stapfte mit eisigem Blick gen Boden aus dem Stadion.
Nach dem 5:1-Spektakel gegen den 1. FC Köln war Alcacer nicht zum Feiern zumute. Dabei waren die 90 Minuten, die der Torjäger im Westschlager auf der Ersatzbank schmoren musste, genau genommen sogar als eine Art Fortschritt zu verbuchen. Denn zum Rückrundenstart gegen den FC Augsburg eine Woche zuvor hatte es Alcacer (26) gar nicht erst in den BVB-Kader geschafft. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er bereit ist, uns heute zu helfen“, hatte Trainer Lucien Favre erklärt und Alcacer zuhause gelassen. Der Spanier hatte schlicht nicht gut genug trainiert, hatte gar einen lustlosen Eindruck vermittelt.
Abwanderungsgedanken ploppen bei Paco Alcacer auf
Kein Wunder, dass erneut Abwanderungsgedanken des in Dortmund noch immer nicht heimisch gewordenen Spaniers aufploppten. Das Interesse des FC Valencia, seinen verlorenen Sohn noch in der Winterpause zu verpflichten, hielt sich hartnäckig. Auch, weil der BVB in Erling Haaland einen neuen Stürmer verpflichtete - und dieser auch prompt mit fünf Toren binnen 57 Spielminuten zündete.
Alles sprechen nur noch über den zauberhaften Norweger, niemand mehr über Paco Alcacer, dem vor eineinhalb Jahren ein ähnlich kometenhafter Einstieg in Dortmund gelang, und der auch zu Beginn dieser Saison lieferte. Doch nach fünf Toren an den ersten vier Spieltagen kam quasi nichts mehr vom früheren Barcelona-Profi, auch in der Winter-Vorbereitung konnte oder wollte er sich nicht aufdrängen. Keine Frage, Alcacer ist der große Verlierer des BVB-Erfolgs.
Mario Götze kennt fast nur noch die BVB-Bank
Ähnlich düster sieht es für Mario Götze aus. Auch er spielte in Augsburg und gegen Köln keine einzige Minute. Gegen den Effzeh am Freitagabend zog ihm Favre bei seinen Einwechslungen neben Haaland die Offensivkräfte Mo Dahoud und Giovanni Reyna (17) vor. Ein klares Signal an den einstigen Stammspieler, dass dieser nur noch eine Nebenrolle spielt.
Dabei hatte Götze im Winter-Trainingslager in Marbella noch einen Hoffnungsschimmer gesehen. Im Testspiel gegen den FSV Mainz durfte er als zentraler Mittelfeldachter auflaufen und überzeugte auf ungewohnter Position. „Ich finde, dass Mario gut gespielt hat“, lobte Lucien Favre, „er kann fast überall spielen, auch im Mittelfeld.“ Doch schnell war klar: Der auch gegen Köln lauf- und passstarke Julian Brandt erhält den Vorzug im Mittelfeld neben Axel Witsel. Auch der kampfeslustige Thomas Delaney wird dort noch seine Einsatzzeiten bekommen - und Götze bleibt außen vor. Dass sich die Wege des WM-Helden von 2014 und der Borussia im Sommer trennen, dann läuft der Vertrag des 27-Jährigen aus, ist sehr wahrscheinlich.
Nächstes BVB-Sorgenkind: Jacob Bruun Larsen
Nicht wirklich vorwärts in seiner Entwicklung kommt Jacob Bruun Larsen. Der 21-Jährige, der in der Vorsaison noch einen großen Schritt vorwärts gemacht hatte, ist von der ersten BVB-Elf derzeit weit entfernt. In Raphael Guerreiro (26), Jadon Sancho (19), Thorgan Hazard (26), Achraf Hakimi (21) und sogar Talent Giovanni Reyna (17) ist seine Konkurrenz auf den Außenbahnen nicht nur zahlreich, sondern im Gegensatz zum jungen Dänen auch in starker Form. Seit September kam Bruun Larsen nur auf 45 Minuten Einsatzzeit – und bekleckerte sich dabei in Hoffenheim nicht mit Ruhm. Zum Rückrundenstart in Augsburg saß der Däne auf der Bank, jüngst gegen Köln erhielt er keinen Platz im Kader. Nicht ausgeschlossen, dass er den BVB noch im Winter verlässt.
Erst gewollt, dann ungewollt: Nico Schulz
Die Nummer Vier auf der Liste ist Borussias Nummer 14: Nico Schulz. Eigentlich sollte der frühere Hoffenheimer die Probleme des BVB auf der Linksverteidiger-Position beheben, sollte für Tempo und Dynamik garantieren. Doch Schulz kämpfte in der Hinrunde viel mit sich selbst, mit Verletzungen und Form. Die Systemumstellung Lucien Favres von einer Vierer- auf eine Dreierkette in der Abwehr kam dem 26-Jährigen dann sogar entgegen, kann er doch so seine Qualitäten eigentlich noch besser einbringen.
Doch der Rückrundenstart verlief aus Sicht des Nationalspielers verheerend: zwei Spiele, null Minuten Spielzeit. Raphael Guerreiro hat Nico Schulz‘ linke Seite erobert und die Aufholjagd mit angestoßen. Für Schulz birgt seine Reservistenrolle in Dortmund durchaus eine Gefahr: Schließlich werden in der Rückrunde auch die Tickets für den EM-Kader der Nationalmannschaft verteilt…
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
