Borussia Dortmund
„Freude hatte ich dort nie“: BVB-Verteidiger Marcel Schmelzer über seine Zeit in der Nationalelf
Nach seinem Karriere-Ende sagt Marcel Schmelzer nun in einem Interview offen seine Meinung. Der 34-Jährige spricht über die Zeit beim DFB, mangelnde Wertschätzung durch Jogi Löw und seine Rolle als Kapitän beim BVB.
Nach 17 Jahren bei Borussia Dortmund hat Marcel Schmelzer in diesem Sommer seine Profi-Karriere beendet. Im Interview mit „bvb.de“ sprach der 34-Jährige nun über seine erfolgreiche Karriere und seine künftigen Pläne. Darüber hinaus äußerte sich „Schmelle“ über sein kompliziertes Verhältnis zum ehemaligen Bundestrainer Joachim Löw, sein (fehlendes) Standing in der Nationalmannschaft und warum das Kapitänsamt beim BVB für ihn eine Herausforderung war.
BVB-Linksverteidiger Schmelzer fühlte sich beim DFB „unwohl“
Beim letzten Heimspiel der abgelaufenen Saison gegen Hertha BSC wurde Marcel Schmelzer von den BVB-Fans verabschiedet und als Legende gefeiert. Nach 405 Pflichtspielen, zwei Deutschen Meisterschaften, drei DFB-Pokalsiegen und dem Erreichen des Champions-League-Finals ging an diesem Tag eine große Karriere zu Ende. Eine, die Marcel Schmelzer ursprünglich gern fortgesetzt hätte. Doch nach einer schweren Knieverletzung im Juni 2020 und einem zwei Jahre währenden, letztlich vergeblichen Kampf ums Comeback zog Schmelzer einen Schlussstrich. „Ich habe gemerkt, dass mein Körper sich dagegen gewehrt hat und dass er es ganz gut fand, nicht mehr unter Leistungsdruck zu stehen“, so Schmelzer.
Unter Druck zu stehen, das kannte der BVB-Linksverteidiger vor allem aus seiner Zeit beim DFB. „In Dortmund habe ich mich mit meinen Konkurrenten immer gut verstanden. In der Nationalmannschaft wird dir auf eine andere Weise „Hallo“ von deinen Konkurrenten als von den übrigen Mitspielern gesagt. Im Training wird auch anders agiert. Damit habe ich mich anfangs schwergetan. Ich fühlte mich unwohl“, gestand Schmelzer.
BVB-Legende Schmelzer: Schwieriges Verhältnis zu Joachim Löw
Während andere voller Stolz den Bundesadler auf der Brust tragen, war es für Schmelzer eher eine Bürde. Im Interview mit „bvb.de“ räumt er ein, an die Zeit bei der Nationalmannschaft mit Bauchschmerzen zurückzudenken. „Freude hatte ich dort nie. Vorher in der U21 – das war ein schönes Jahr unter Horst Hrubesch mit dem Gewinn der Europameisterschaft, das war mega, das hat Spaß gemacht. Später dann in der A-Nationalmannschaft hatte ich nie Freude dort zu sein – und fühlte mich nicht wirklich wohl.“ Das habe zum einen an der Rivalität zwischen den Dortmund- und Bayern-Spielern, aber auch an seinem komplizierten Verhältnis zu Bundestrainer Joachim Löw gelegen. „Da gab es schon Spannungen. Hinzu kam, dass Löw zweimal öffentlich sagte, dass er gezwungenermaßen mit mir arbeitete“, so Schmelzer über die fehlende Wertschätzung des Bundestrainers.
Obwohl er alle zehn Qualifikationsspiele für Deutschland bestritten habe, wurde der BVB-Linksverteidiger schließlich nicht von Löw für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien nominiert. Das sei für ihn unverständlich gewesen. Schmelzer habe das seinerzeit „ungerecht“ und „als belastend“ empfunden.
BVB-Kapitänsamt für Marcel Schmelzer eine Herausforderung
Letzteres gilt wohl auch für seine Rolle als BVB-Kapitän. „Ich würde mich als Kapitän nicht mehr so verbiegen lassen – und eher ich selbst bleiben. So wie es bei Marco Reus auch immer wieder versucht wird, wenn seine Kritiker monieren, dass er angeblich kein Leader und nicht laut genug sei. Die Leute sehen nicht, was intern passiert. Nur weil man auf dem Platz nicht herumschreit, heißt das nicht, dass man eine Mannschaft nicht führt“, unterstreicht Schmelzer.
Er habe als Kapitän einiges an Kritik aushalten müssen. Immer wieder wurde sein (zu leiser) Stil als Spielführer der Borussia kritisiert. „Von diesem Gerede habe ich mich zu sehr leiten lassen und angefangen, herumzuschreien, obwohl das gar nicht nötig war. Man sollte eine Sache lieber so machen, wie man sie selbst für richtig hält – und sich nicht verbiegen lassen“, weiß Schmelzer inzwischen. Zwei Jahre BVB-Kapitän zu sein und in dieser Zeit Pokalsieger zu werden, sei dennoch „das Sahnehäubchen“ gewesen. „Als Kapitän zurückzutreten, war trotzdem richtig: Die Zeit war sehr anstrengend und intensiv“, betont der 34-Jährige.
BVB-Boss Watzke hat ein Angebot für Marcel Schmelzer
Ebenso fordernd war sein (letztlich erfolgloser) Comeback-Versuch. Eine Zeit, die Körner gekostet hat und von der sich Marcel Schmelzer nun erst einmal erholen möchte. „Eigentlich wollte ich noch einmal für ein Jahr im Ausland Fußball spielen. Von diesem Plan musste ich mich nun leider verabschieden – und habe seitdem keinen neuen gemacht. Für den Körper war es anstrengend, und für den Kopf sogar mega anstrengend, mich mehrmals zurück zu kämpfen, um anschließend wieder hinzufallen. Ich werde erst einmal komplett runterfahren und ein bisschen reisen“, kündigt er gegenüber „bvb.de“ an.
Und danach? Bei der Borussia stehen für Schmelzer die Türen offen. „Marcel weiß, dass er bei uns im Jugendbereich etwas machen kann, wenn er das möchte. Ich gehe davon aus, dass er sich erst einmal eine Auszeit nimmt und dann zu mir kommt und mich daran erinnert, was wir ihm versprochen haben“, sagte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Gut möglich also, dass Marcel Schmelzer und der BVB eines Tages in die Verlängerung gehen – dann aber in anderer Rolle.