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Ein neuer Tiefpunkt: BVB fällt gegen Glasgow wie ein Kartenhaus zusammen
Europa League
Borussia Dortmund erlebt in der Europa League einen neuen Tiefpunkt. Beim peinlichen 2:4 gegen die Glasgow Rangers fällt der BVB wie ein Kartenhaus zusammen. Die Saison scheint in einem Fiasko zu enden.
Gellende Pfiffe, die schmerzhaft in den Ohren dröhnen, das ist im Signal Iduna Park selten ein gutes Zeichen für die Heimmannschaft und der akustische Beleg für Unzufriedenheit und Frustration. Als Borussia Dortmunds Spieler mit hängen Köpfen in die Kabine trotteten, zeigte die Anzeigetafel ein 2:4 gegen die international allenfalls zweitklassigen Rangers aus Glasgow. Richtig gelesen: 2:4! Auf den Rängen und auf dem Rasen herrschte so etwas wie Endzeitstimmung. Die Playoffs zur K.o.-Runde in der Europa League drohen zum großen Fiasko zu werden.
Borussia Dortmund steht vor dem frühen Aus in der Europa League
Böse Erinnerungen wurden wach an den März 2018, als Dortmund letztlich im Achtelfinale des kleineren UEFA-Wettbewerbs am FC Salzburg scheiterte. Der nächste Anlauf, diesen noch in der Vitrine des BVB fehlenden Pokal anzugreifen, droht nun schon eine Runde früher zum Rohrkrepierer zu werden.
Nicht zum ersten Mal in dieser Saison reichte eine einzige Szene aus, um die Sicherheit in Marco Roses Mannschaft wie ein Kartenhaus zusammenfallen zu lassen. Der Elfmeterpfiff vom französischen Unparteiischen Clement Turpin kam nach einem Hinweis des VAR überraschend, war aber nach Ansicht der Fernsehbilder unstrittig.
BVB-Verteidiger Zagadou steht gegen Glasgow mehrmals im Fokus
Dan-Axel Zagadou war der Ball nach einer Ecke von Tavernier an die Hand gesprungen, der Rangers-Kapitän verwandelte sicher (38.). Wieder einmal saugte eine Szene, die extrem unglücklich gegen Dortmund gelaufen war, alle Energie aus diesem Team. Nach dem Tor zerfiel die Dortmunder Mannschaft, die zumindest ordentlich in die Partie gestartet war und durch Zagadou die Riesenchance zur 1:0-Führung (16.) kläglich liegen gelassen hatte, komplett in ihre Bestandteile.
Nicht nur das auf diesem Niveau schlichtweg ungenügende Verteidigungsverhalten sorgte nach den fünf Gegentoren beim letzten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen für ein neuerliches Debakel. Bei allen vier Gegentoren half der BVB am Ende tatkräftig mit. Nach dem Handelfmeter auch beim 0:2, als zunächst Manuel Akanji und Julian Brandt Barisic laufen ließen und nach der anschließenden Ecke Marco Reus Aribo bei der Kopfballverlängerung nicht störte. Morelos stand zu allem Überfluss am zweiten Pfosten komplett allein (42.).
BVB präsentiert sich gegen die Glasgow Rangers desolat
Ein ähnliches Bild beim 0:3: Kent, auf der linken Angriffsseite der Schotten ohnehin nicht zu kontrollieren, ließ gleich drei Dortmunder um den unerklärlich schwachen Akanji stehen, die Ablage veredelte Lundstram (49). Und das 1:4, dem immerhin ein Lebenszeichen durch das Anschlusstor von Jude Bellingham (51.) vorausgegangen war, ging ein kapitaler Bock des gerade eingewechselten Youssoufa Moukoko voraus.
Dortmunds Youngster, an Bellinghams Tor durch ein mutiges Dribbling noch beteiligt, ließ sich an der Mittellinie unnötig in einen Zweikampf verwickeln und verlor den Ball. Den Abseitspfiff nach Morelos‘ Schuss kassierte der VAR zu Recht ein, am Ende fälschte Zagadou den Ball noch ab (54.).
Die Fans pfeifen den BVB im eigenen Stadion aus
Unerklärliche Fehler in grundlegenden Teilbereichen des Fußballs, abtauchende Führungsspieler, von denen eigentlich reichlich auf dem Feld standen, wieder einmal zu wenig Wehrhaftigkeit - das bildete in den 90 Minuten gegen einen allenfalls gut organisierten und leidenschaftlich auftretenden Gegner eine unheilvolle Symbiose. Dass der BVB sich nach dem 1:4 immerhin um Kosmetik bemühte, besänftigte die Fans kaum. Einige Angriffsversuche endeten vor der Südtribüne kläglich. In die Pfiffe von den Rängen mischte sich zum Teil auch Häme.
Immerhin: Das 2:4, das Raphael Guerreiro mit einem schönen Linksschuss aus gut 25 Metern erzielte (82.), lässt der Borussia zumindest noch theoretische Chancen für das Rückspiel. Da die Auswärtstor-Regel abgeschafft wurde, würde ein Vorsprung von zwei Toren reichen, um zunächst eine Verlängerung zu erzwingen. Doch darüber mochte in den schwarzgelben Reihen nach einem rabenschwarzen Abend noch niemand nachdenken.
Der BVB erlebt gegen Glasgow einen komplett gebrauchten Abend
Den schweren Gang zu den Fans trat nach dem Debakel zunächst nur Jude Bellingham an - erst die Buhrufe der frustrierten Anhänger rief auch den Rest der Mannschaft auf den Plan. Auf der anderen Seite feierten 500 freudetrunkene Schotten lautstark. Es war ein komplett gebrauchter Abend für den BVB.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
