Die BVB-Eigengewächse Raschl und Passlack stehen am Scheideweg

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Die BVB-Eigengewächse Raschl und Passlack stehen am Scheideweg

rnBorussia Dortmund

In Tobias Raschl und Felix Passlack stehen zwei BVB-Eigengewächse am Scheideweg bei Borussia Dortmund. Die Frage ist, wie es für beide Spieler in der neuen Saison weitergeht - und wo.

Dortmund

, 30.08.2020, 10:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Den Tag, den eigentlich jeder BVB-Fan schnell vergessen möchte und vermutlich auch wird, behält Tobias Raschl für immer in schöner Erinnerung. 25 Minuten Bundesliga-Fußball. Zum ersten Mal in der Karriere. Da wird sogar ein belangloses und doch blamables 0:4 im eigenen Stadion gegen die TSG 1899 Hoffenheim zur Party. Abgesehen vom Spielverlauf und vom Spielstand sei es für ihn sehr wichtig gewesen, „diesen Einsatz zu bekommen“, hat der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler vor ein paar Wochen auf der vereinseigenen Internetseite kundgetan. „Die Einwechslung war ein großer Moment.“

Felix Passlack gibt sein BVB-Profidebüt unter Thomas Tuchel

Diesen großen Moment hat Felix Passlack schon sehr lange hinter sich. Über vier Jahre, um genau zu sein. Am 2. März 2016 feierte der damals noch 17-Jährige unter Thomas Tuchel sein Debüt für Borussia Dortmund, es wurde ein 2:0-Sieg gegen Darmstadt 98. Weitere Einsätze folgten, auch im DFB-Pokal und in der Champions League. Vieles deutete auf eine steile Karriere beim BVB hin, aber der große Durchbruch blieb aus. Nach dem rasanten Aufstieg in jungen Jahren kam der Fall. Eine frustrierende Leihe nach Hoffenheim, eine frustrierende Leihe zu Norwich City, dann ging’s weiter zu Fortuna Sittard in die niederländische Eredivisie, wo Passlack im dritten Jahr fernab von Borussia Dortmund endlich wieder Fuß im Profifußball fasste.

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Was die beiden BVB-Eigengewächse eint, ist, dass sie in diesem Sommer in Dortmund am Scheideweg stehen. Gehen - oder vielleicht doch bleiben? Das ist die zentrale Frage. Beide Spieler waren in der Jugend unumstrittene Stammspieler, wurden Deutsche Meister im Nachwuchsbereich, führten ihre Mannschaften als Kapitäne aufs Feld, doch die Konkurrenz im Kader von BVB-Trainer Lucien Favre erscheint übermächtig. Raschl kämpft im Mittelfeld mit Emre Can, Axel Witsel, Thomas Delaney, Mahmoud Dahoud, Jude Bellingham und womöglich auch noch Julian Brandt um zwei Plätze vor der Abwehr, Passlack mit Thomas Meunier und Mateu Morey in erster Linie um die Position des Rechtsverteidigers, vielleicht auch noch mit Raphael Guerreiro, Nico Schulz und dem aktuell verletzten Marcel Schmelzer um den Job des Linksverteidigers.

Tobias Raschl steht beim BVB bis 2022 unter Vertrag

Raschls Vertrag bei Borussia Dortmund läuft noch bis zum 30. Juni 2022, er wäre also ein möglicher Kandidat für ein Leihgeschäft, auch wenn er zumindest im Mai im Interview mit den Ruhr Nachrichten erklärte, dass er mit den BVB-Verantwortlichen darüber „bislang noch gar nicht gesprochen“ habe. Sein Anspruch sei allerdings schon, höherklassig als in der vierten Liga zu spielen. In der vergangenen Spielzeit absolvierte der gebürtige Düsseldorfer 15 Spiele für die Dortmunder Zweitvertretung in der Regionalliga West.

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Passlack besitzt beim BVB einen Vertrag, der im nächsten Sommer ausläuft. Eine weitere Leihe, es wäre dann die vierte nacheinander und käme wegen der FIFA-Statuten nur im Zuge einer Vertragsverlängerung in Frage, erscheint unwahrscheinlich. Zuletzt wurde der mittlerweile 22 Jahre alte Bottroper mit Hannover 96 in Verbindung gebracht, nach Informationen der Ruhr Nachrichten gab es allerdings nie Kontakt zwischen Passlack und dem Zweitligisten. Im April erklärte er im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten: „Entscheidend wird sein, dass ich im Sommer den nächsten Schritt nach vorne machen kann und meine persönliche Entwicklungskurve weiter nach oben zeigt. Ich möchte dort spielen, wo ich das Vertrauen von den Trainern und den Verantwortlichen spüre. Viel Spielzeit ist natürlich ganz wichtig für mich, damit ich mich weiterentwickeln kann und meine Fähigkeiten zeigen kann.“

Sportdirektor Zorc sieht Raschl und Passlack „sehr gern“ beim BVB

Wer Michael Zorc auf Raschl und Passlack anspricht, erfährt, dass der BVB-Sportdirektor beide Spieler „sehr gern“ bei Borussia Dortmund habe und es begrüße, falls sie sich „durchbeißen“ wollen. Allerdings wird auch Zorc wissen, dass es fürs „Durchbeißen“ in diesem besonderen Fall wohl Zähne bräuchte, die kleinen Kindern Angst einjagen und nur an Halloween salonfähig sind. Es tummelt sich nun mal, das lässt sich nicht wegdiskutieren, ein Haufen Nationalspieler um Raschl und Passlack - und vermutlich sind die einstigen Hoffnungsträger aus der eigenen Jugend Paradebeispiele dafür, wie schwierig es mittlerweile geworden ist, den Sprung aus der Dortmunder U19 in die Profimannschaft des BVB zu schaffen. Es gibt sehr viele sehr gute Nachwuchsfußballer in Deutschland, aber doch nur sehr wenige, die gut genug für Borussia Dortmund sind.

Dazu passt, was Otto Addo, der Trainer für die Top-Talente beim BVB, jüngst über Raschl sagte: „Ich bin überzeugt, dass er seinen Weg gehen und Stammspieler in der ersten Liga wird.“ Und dann schob er nach: „Wann und wo das sein wird, ist schwierig zu sagen.“ Raschl und Passlack werden sich wohl entscheiden müssen, was für ihre persönliche Entwicklung wertvoller ist. In Dortmund im obersten Regal lernen und nur wenig spielen? Oder andernorts eine Etage tiefer weitermachen, aber dafür häufiger auf dem Platz stehen. Der direkte Weg zum großen Traum vom etablierten BVB-Profi scheint jedenfalls verbaut zu sein.