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Die Abwehr des BVB wird besser – eine Entwicklung, die Mut macht
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund ist kein defensives Sorgenkind mehr, sondern plötzlich äußerst stabil. Daten belegen, dass nicht nur die Zahl der Gegentore sinkt.
Verteidigung gewinnt Meisterschaften, diese Sport-Weisheit wird auf Borussia Dortmund in dieser Saison wohl nicht zutreffen. Die Weiterentwicklung der Mannschaft in diesem Segment aber ist auffällig – und lässt sich nicht nur durch die Zahl der Gegentore belegen.
Eindrucksvolle Daten zeigen gute Entwicklung des BVB
Es sind eindrucksvolle Daten, die Borussia Dortmunds Sprung von einem Sorgenkind mit zum Teil stümperhaftem Abwehrverhalten hin zu einer gefestigten Spitzenmannschaft aufzeigen. Eine Mannschaft, die jetzt auch Spiele gewinnen und Führungen nach Hause bringen kann, in denen sie ihr offensives Potenzial nicht im gewohnten Maße abruft.
Über die Partien, die der BVB in der Hinrunde unnötig und unerklärlich noch aus der Hand gegeben hat oder in denen Siege verspielt wurden, ist hinlänglich geschrieben worden. Union Berlin, Freiburg, Schalke, Bremen, die Liste ließe sich noch fortsetzen. Diese Partien werden unterm Strich der Grund sein, dass die neunte Meisterschaft der Vereinsgeschichte mindestens noch ein weiteres Jahr auf sich warten lassen wird.
Borussia Dortmund macht Fortschritte: Die Defensive steht
Doch seit Beginn der Rückrunde hat Borussia Dortmund in seinem wohl größten Problembereich entscheidende Fortschritte gemacht. Die Defensive steht. Und meistens bombensicher.
Die Mannschaft hat den lauten Appell ihres Trainers Lucien Favre („Wir können nicht immer fünf Tore schießen, um ein Spiel zu gewinnen“) endlich erhört. Sieht man vom 3:4 in Leverkusen ab, wo der BVB nach einer 3:2-Führung in alte Muster verfiel und am Ende vogelwild ins Verderben lief, ist die Borussia schwer zu knacken nach der Winterpause. 24 Gegentoren in den 17 Partien der Hinrunde stehen nur elf in den 13 Partien nach Weihnachten gegenüber. Rechnet man Leverkusen heraus, sind es nur sieben Gegentore in zwölf Spielen. Das ist sogar meisterlich.
Nicht nur die Anzahl der Gegentore seit dem Ende der Winterpause liefert Indizien für ein deutlich gefestigteres Auftreten. Die geringe Zahl an Bällen, die Roman Bürki aus dem Dortmunder Tor holen musste, fußt auf einer insgesamt verbesserten Abwehrarbeit. „Wir verteidigen konzentriert“, lobt Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten, „mit Ausnahme der letzten 30 Minuten im Spiel in Leverkusen macht die Abwehr seit Monaten einen guten Job.“
BVB-Defensive kann sogar Hummels Ausfall auffangen
Dortmunds Dreierkette steht, sie verkraftet auch Ausfälle wie den längerfristigen von Dan-Axel Zagadou oder den kurzfristigen am Samstag des gelbgesperrten Mats Hummels. Die Zuarbeit der offensiven Außen Hakimi und Guerreiro funktioniert, in der Zentrale vor der Abwehr tun sich kaum noch Löcher auf. Und auch Spieler der offensiven Reihe wie Jadon Sancho, Thorgan Hazard oder Julian Brandt gehen Wege nach hinten und leisten so einen wertvollen Beitrag.
Dass die Hertha in Dortmund nur eine Chance herausspielen konnte, als Guerreiro ein leichter Fehler passierte, der Berlin zum Konter einlud, ist kein Zufall. In der Hinrunde waren es noch 1,47 gegnerische Großchancen, die der BVB statistisch pro Spiel zuließ. Seit Beginn der Rückserie ist dieser Wert auf 0,87 gesunken. Die Zahl der gegnerischen Schüsse auf das Dortmunder Tor sank im Schnitt von 11 auf 9 pro Partie.
Borussia Dortmund lässt weniger Flanken zu
Insgesamt präsentiert sich der BVB auch besser aufeinander abgestimmt. Drei Tore nach Kontern vor der Winterpause schlugen negativ zu Buche, seither steht in dieser Kategorie die „0“. Dortmund lässt weniger gegnerische Flanken zu (nur noch 6,8 statt 7,12) und verteidigt diese besser. Nur zwei Mal klingelte es in der Rückrunde im Dortmunder Tor nach Flanken, fünf Gegentreffer waren es in der Hinrunde. Zur Not Bälle resolut ins Aus zu schlagen, führt zu einer Zunahme der Ecken für die Gegner, löscht aber so manchen Brandherd. Die gegnerischen Standards, eine Schwäche eigentlich schon seit Jahren, führen aber erkennbar seltener zu Gegentoren. Nur einen Treffer kassierte der BVB seit Rückrundenbeginn nach einer Ecke.
Besonders stabil steht die Borussia auf der eigenen linken Seite, wo sich die personelle Konstellation mit Raphael Guerreiro als Außenbahnspieler, der bei gegnerischem Ballbesitz die Räume eng macht, bewährt hat. Acht Gegentore kassierte Dortmund noch in der Hinrunde nach Angriffen über die linke Seite, nach der Winterpause noch nicht einen. Auch die Mitte sichert der BVB deutlich effektiver ab (nur sieben Gegentore), hier macht sich die Präsenz eines Emre Can deutlich bemerkbar.
Ziel Meisterschaft: BVB braucht stabile Defensive
Das sind Zahlen, die Mut machen. Am Kern der Abwehrformation dürfte sich auch für die kommende Spielzeit nichts ändern, der Auftrag ist klar: Um den Bayern wirklich bis zum Ende Paroli bieten zu können, braucht Borussia Dortmund eine stabile Defensive. Die Mannschaft scheint den Schlüssel dazu gefunden zu haben.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
