Rotieren, taktieren oder weiter imponieren? Bundestrainer Julian Nagelsmann beschäftigen vor dem letzten Gruppenspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag (21 Uhr, ARD) gegen die Schweiz mehrere Fragen.
Drei Gedankenspiele für Nagelsmann
01.) Rotieren: Das Ticket für das Achtelfinale hat die DFB-Elf bereits in der Tasche. Da bietet das Duell mit den Schweizern eine gute Gelegenheit, um nach zwei Partien mit derselben Startaufstellung ein paar Änderungen vorzunehmen. So könnte Nagelsmann aus der gesamten Saison extrem belasteten Spielern wie Toni Kroos oder Ilkay Gündogan eine kleine Verschnaufpause gönnen, oder mit einer Gelben Karte vorbelasteten Akteuren wie Antonio Rüdiger, Jonathan Tah oder Robert Andrich die Sorgen nehmen, bei einer weiteren Verwarnung im Achtelfinale eine Sperre absitzen zu müssen. Der Bundestrainer ist da zurückhaltend: „Stand jetzt gibt es keine Änderungen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir möglichst viele Spieler von der ersten Elf auf dem Platz haben, um uns einfach den Rhythmus zu holen. Es wird keine sieben Wechsel geben, das kann ich ausschließen. Auf die Gelb-Situation“, sagte Nagelsmann, „nehme ich keine Rücksicht, weil ich dem Kader vertraue.“
Ein Kandidat für die ersten EM-Minuten wäre BVB-Innenverteidiger Nico Schlotterbeck. Nach dem Spielersatztraining am Donnerstag suchte Nagelsmann demonstrativ das Gespräch mit dem Dortmunder Abwehrspieler, der im Klub in bestechender Form aufgespielt hatte, beide unterhielten sich einige Minuten. Nach DFB-Angaben gibt es keine Blessuren, die Einsätze verhindern. Beim Abschlusstraining am Samstagmorgen in Herzogenaurach waren alle Spieler an Bord.
02.) Taktieren: Zwei Mannschaften haben bisher bei diesem Turnier am meisten beeindruckt: Gastgeber Deutschland und Spanien. Viele Fans haben mit Blick auf den Turnierbaum mit Erschrecken festgestellt, dass es bereits im Viertelfinale zum Aufeinandertreffen der formstärksten Teams kommen könnte. Sollte Deutschland also taktieren, um dem Stolperstein aus Spanien aus dem Weg zu gehen? So denkt im deutschen Camp niemand.

Nagelsmann hat den Gruppensieg zum nächsten Etappenziel erklärt, wofür bereits ein Unentschieden reicht. „Es hat eine andere Wirkung nach innen und außen, ob du Erster oder Zweiter wirst“, betonte er. Außerdem will der 36-Jährige, siehe Rotation, weitgehend an seiner bisher überzeugenden Stammelf festhalten, um den Reifeprozess fortzuführen. Er könne ja schlecht seinen Spielern, allesamt ehrgeizige Leistungssportler, vorgeben, dass sie mal verlieren sollten. „Wir wollen jedes Spiel gewinnen und unseren Namen in der Gruppe ganz oben sehen.“
03.) Imponieren: Sieben Tore in einer EM-Vorrunde sind noch keiner deutschen Mannschaft geglückt, gegen die Eidgenossen sollen am Sonntag weitere Treffer hinzukommen. „Wir wollen den nächsten Sieg“, verkündete Deniz Undav am Freitag. Nach Schottland und Ungarn wartet nach Meinung vieler Nationalspieler die größte Herausforderung in der Vorrunde. „Wir spielen jetzt gegen unseren stärksten Gruppengegner“, sagte Torhüter Manuel Neuer. Den Schweizern reicht ein Remis, um Platz zwei und den Einzug in die K.o.-Phase abzusichern.
Die Nagelsmänner werden ihrerseits alles auf Sieg setzen. „Wir müssen diese Euphorie, die wir langsam entfacht haben, auch in die nächsten Spiele hereintragen“, erklärte Maximilian Mittelstädt. „Wenn wir diese Leistungen in den nächsten Wochen bestätigen, können wir Großes erreichen.“
So könnten sie spielen
Deutschland: Neuer - Kimmich, Rüdiger, Tah, Mittelstädt - Andrich, Kroos - Wirtz, Gündogan, Musiala - Havertz
Schweiz: Sommer - Schär, Akanji, Rodriguez - Widmer, Freuler, Xhaka, Aebischer - Shaqiri - Ndoye, Vargas
Schiedsrichter: Orsato (Italien)
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