Es gab Zeiten, da definierten die Fans einen vergnüglichen Nachmittag im Stadion vor allem über die hohe Spielkunst auf dem Rasen. Borussia Dortmund stand über Jahre vor allem für spektakulären Fußball. Die Mannschaften boten immer etwas fürs Auge, oft war der BVB-Fußball ein Fest für Ästheten. Auch die Spieler selbst ergötzten sich an ihren Ballfertigkeiten und vergaßen darüber bisweilen das nüchterne Ausspielen bester Chancen zu eigenen Treffern.
Bemerkenswerte Veränderung im BVB-Bewusstsein
Mindestens so frenetisch wie das Traum-Solo von Karim Adeyemi, das der Borussia nun eine sehr gute Ausgangsposition für das Rückspiel in drei Wochen beim FC Chelsea beschert, wurden am Mittwoch aber von den Rängen andere Szenen bejubelt. Die Monstergrätsche von Nico Schlotterbeck gegen Mychajlo Mudryk nach nur drei Minuten beispielsweise. Auch die Flugeinlagen von Gregor Kobel. Und insbesondere Emre Cans Rettungstat auf der Linie. Sie waren Belege für leidenschaftliche Arbeit, über die sich der auf Kohle und Stahl geborene Verein ja eigentlich auch definieren möchte. Und es ist diese bemerkenswerte Veränderung im Bewusstsein auf den Rängen und auf dem Platz, die diese Dortmunder Erfolgsserie so besonders und wertvoll macht.
Viel habe man miteinander gesprochen in der langen Winterpause, erklärte Torhüter Kobel nach dem Sieg. Ohne zu vergessen, dass er mit Herz erkämpft, aber auch durch eine große Portion Glück begünstigt war. Chelsea war das Team mit der deutlich höheren Qualität der Chancen, und auch das mit der größeren Zahl an Tormöglichkeiten. Der Weg ins Viertelfinale, merkte Trainer Edin Terzic zu Recht an, führe in drei Wochen daher neben einer ähnlich großen Leidenschaft vor allem über eine bessere Leistung. „Wir müssen besser Fußball spielen.“ Dass Chelsea als Verlierer vom Platz ging und der BVB als glücklicher Sieger, passte hüben wie drüben zur momentanen Situation in den beiden Klubs.
Hochkarätig besetzte BVB-Bank
Bemerkenswert am Rande: Das bislang wichtigste Spiel des Kalenderjahrs geprägt von neuen Protagonisten. Marius Wolf beispielsweise, der die Themen Leidenschaft und Arbeit verkörpert wie kaum ein Zweiter. Prägende Figuren der vergangenen Jahre hingegen saßen auf der Bank, die hochkarätig wie selten besetzt war. Mit Marco Reus und Mats Hummels an der Spitze, dem Kapitän und einem seiner Stellvertreter. Das zeigte zum einen, dass es unter Terzic nun, wo alle Spieler fit und die Konkurrenzsituation groß ist, keine Erbhöfe mehr gibt. Es spielten die, von denen der Trainer überzeugt war, mit ihnen die größte Siegchance zu haben. Unabhängig von Namen.
Auch wenn Terzic die Symbolkraft dieser Personalrochade sicher herunterspielen wird, ist ihre Bedeutung kaum zu unterschätzen. Borussia Dortmund erfindet sich gerade auf vielen Ebenen neu. Die Mannschaft kämpft sich von Sieg zu Sieg und stellt Arbeit der hohen Kunst voran. Und der Klub ist dabei, sich von langjährigen Eckpfeilern dieses Kaders zu emanzipieren. Auf allen Ebenen ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung, die vor allem von der großen Personalauswahl begünstigt wird.
BVB-Stürmer Haller kräftemäßig am Ende
Auf einer Position allerdings würde sich Terzic über mehr Alternativen freuen. Im Sturm droht dem Trainer in den kommenden Wochen ein kompliziertes Puzzle. Sebastien Haller konnte gegen Chelsea trotz allem Einsatzwillens nicht verbergen, dass er kräftemäßig am Ende und eine Pause dringend angezeigt ist. Anthony Modeste empfahl sich einmal mehr nicht als Alternative.
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