Der Anschlag auf den BVB Eindrückliche Sky-Doku entlarvt das Showbusiness Fußball

Der Anschlag auf den BVB: Eindrückliche Sky-Doku entlarvt das Showbusiness Fußball
Lesezeit

Binnen Sekunden kehrt das Entsetzen zurück. Die eindringlichen Bilder, die harten Schnitte – wer am 11. April 2017 in Dortmund war, fühlt sich direkt in die aufwühlenden Momente rund um das Attentat zurückversetzt. Und wer nicht vor Ort war, kann in der Sky-Doku „Der Anschlag – Angriff auf den BVB“ gefühlt hautnah miterleben, wie viele Beteiligte heute auf den perfiden 28-fachen Mordversuch des Attentäters Sergej W. und die weiteren Entwicklungen blicken. Schließlich zeigen Autor Markus Brauckmann und Regisseur Christian Twente viel mehr als eine dokumentarische Abbildung des Geschehens: Sie rücken vor dem Hintergrund des Anschlags die empfindsamen Menschen hinter den sonst abgeschotteten Sportstars ins Licht, wie man es selten gesehen hat.

Ex-BVB-Profi Sahin berichtet

In 91 Minuten – möglich gewesen wäre laut Brauckmann auch die doppelte Länge – erzählt die Dokumentation die dramatischen Ereignisse vor sechs Jahren. Mehr als 30 Interviewpartner kommen zu Wort und schildern mit ungeheuer spannender Dichte ihre Erinnerungen. Ex-Borusse Nuri Sahin berichtet mit aufgerissenen Augen von seinen ersten Gedanken nach der Explosion der drei Sprengsätze am Mannschaftshotel L‘Arrivee: „Ich habe ehrlich gesagt gedacht, dass gleich Leute reinkommen und uns erschießen werden.“ Auch andere Bus-Insassen wie Roman Weidenfeller, Julian Weigl oder Sokratis kommen ausführlich und mit intensiven Beiträgen zu Wort.

Während die Traumata der Spieler und Verantwortlichen, die direkt betroffen waren, (zu) schnell in der Öffentlichkeit in den Hintergrund rückten, entspann sich ein handfester Streit um die Verlegung des Champions-League-Spiels gegen die AS Monaco gleich auf den nächsten Abend. BVB-Klubchef Hans-Joachim Watzke rechtfertigt und erläutert, wie er aus seiner Sicht unter Druck von Uefa und aus der Politik kaum anders konnte als dieser unmenschlichen Neuansetzung zuzustimmen. Um die richtige innere und äußere Umgangsweise mit diesem beispiellosen Verbrechen entspann sich auch der endgültige Riss zwischen der Vereinsführung und dem damaligen Trainer Thomas Tuchel. Der heutige Bayern-Coach ist übrigens einer der wenigen Akteure, die für einen Beitrag in „Der Anschlag“ nicht zur Verfügung standen.



Gelungen ist den Filmemachern auch die szenische Rekonstruktion der Ereignisse, die nicht abgeschmackt oder aufdringlich wirkt, sondern subtil die perfide Skrupellosigkeit des Täters darstellt. So tickt der Countdown zu jenen Explosionen, deren Knall bis heute in den Köpfen der Bus-Insassen und der Sportwelt nachhallt.

„Der Anschlag“ ist eine absolut sehenswerte Dokumentation, die nicht nur BVB- und Fußballfans in ihren Bann ziehen wird. Bei der Betrachtung des Attentats wirft die Doku einen Blick tief in die Gemütslage bei Betroffenen und Entscheidern und somit indirekt hinter die Kulissen der Unterhaltungsbranche Fußball. Seit dem Anschlag bei den Olympischen Spielen 1972 in München gilt der Satz des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage: „The games must go on.“ Einzelschicksale, Terror, Traumata – dafür gibt es ein empathisches Schulterklopfen. Danach muss die Show weitergehen. Auch das entlarvt dieser Film.

Ab Ostermontag auf Sky
Der Anschlag – Angriff auf den BVB“ ist ab 10. April auf Sky zu sehen und mit dem Streamingdienst WOW abrufbar.

Proteste beim BVB und in der Bundesliga: Investor-Pläne der DFL mit schlechten Vorzeichen

Titelkampf zwischen BVB und FCB spitzt sich zu: Restprogramm mit kleinem Vorteil für Dortmund

Terzic setzt Reus auf die Bank: BVB-Kapitän ist enorm wichtig, aber nicht unverzichtbar