
© BVB/Alexandre Simoes
Neuzugang Hazard als Stürmer? Das sagt BVB-Trainer Lucien Favre
Borussia Dortmund
Gegen Seattle feiern Nico Schulz, Julian Brandt und Thorgan Hazard ihr BVB-Debüt. Hazard wird als Stürmer getestet, Brandt auf der Außenbahn. Lucien Favre setzt auf mehr Flexibilität.
Lucien Favre wirft gerne mit Spielsystemen um sich, das ist freilich keine neue Erkenntnis. „Sie können 4-3-3, 3-5-2, 4-2-3-1“ - und so weiter. Eigentlich gehörten diese Ausführungen zu Favres Standardprogramm auf den Spieltags-Pressekonferenzen der Vorsaison. Der Schweizer ist ein Fan von Flexibilität. Auch beim Gegner.
Favre setzt in seiner ersten BVB-Spielzeit auf ein 4-2-3-1
Seine eigene Mannschaft ließ Favre in seinem ersten Jahr in Dortmund dagegen häufig im gleichen System spielen. Zu Beginn versuchte er es im 4-3-3, stellte dann aber ziemlich schnell um auf 4-2-3-1 und blieb bis auf wenige Ausnahmen bis zum Saisonende dabei. Wenn er umstellte, dann nur zurück auf 4-3-3, die Viererkette war gesetzter als Roger Federer und Rafael Nadal im Tableau von Grand-Slam-Turnieren. Das lag auch am Verletzungspech. Kurz vor der Winterpause gingen Favre die Innenverteidiger aus, Julian Weigl rückte ins Abwehrzentrum, die BVB-Defensive pfiff aus dem letzten Loch.
Das ist jetzt anders - und der BVB soll, so ist es Favres Wunsch, in der neuen Saison flexibler werden. Das gilt sowohl für die Verteidigung als auch für den Angriff. „Wir trainieren auch, mit Dreierkette zu spielen“, sagt Favre, „aber dann müssen wir uns fragen, ob wir im Mittelfeld mit vier, fünf oder sogar sechs Spielern spielen. Und wo spielen dann unsere Außen?“ Ganz so einfach gehe das alles nicht. Und dennoch: „Wir werden daran arbeiten, dass wir noch flexibler werden, damit wir auch besser reagieren können, zum Beispiel auf eine Verletzung.“
Hazard rückt ins BVB-Sturmzentrum
Einen ersten Eindruck davon lieferte der 3:1-Testspielsieg gegen die Seattle Sounders, auch wenn es zunächst wieder beim 4-3-3 und 4-2-3-1 blieb. Favre veränderte das System nach gut einer Stunde, als er gleich neunmal wechselte und den drei später ins Training eingestiegenen Neuzugängen Nico Schulz, Julian Brandt und Thorgan Hazard die ersten Minuten im BVB-Trikot schenkte.
Dabei lief Hazard, der bei Borussia Mönchengladbach zumeist auf den offensiven Flügelpositionen gespielt hatte, im Sturmzentrum auf. Und Julian Brandt, der in der zurückliegenden Rückrunde bei Bayer Leverkusen vor allem im Mittelfeldzentrum herausragte, spielte auf der linken Außenbahn, daneben agierte Marco Reus in der Mitte, Jadon Sancho besetzte die Position im rechten offensiven Mittelfeld. Und so war es eigentlich nur Nico Schulz, der auf der Position spielte, auf der er auch bei seinem Ex-Verein Hoffenheim gespielt hatte: hinten links. Favre hatte dafür eine einfache Erklärung parat: „Thorgan kann in der Offensive überall spielen“, sagte er, „und Julian Brandt spielt auch auf der Seite gut, aber er kann natürlich auch im Zentrum spielen, das liegt am System.“
BVB-Kader soll in den kommenden Wochen schrumpfen
Vor allem im Sturm und im offensiven Mittelfeld wird also in der Vorbereitung noch fleißig getestet. In Paco Alcacer steht aktuell weiterhin nur ein gelernter Mittelstürmer im Kader. Die Suche nach einem zusätzlichen Stürmer läuft, ist aber immer noch nicht abgeschlossen. Mario Götze, der die Position in vorderster Reihe auch spielen kann, sich im Mittelfeld allerdings noch wohler fühlt, spielte gegen die Sounders auf der offensiven Achterposition hinter Alcacer, der sehenswert zum zwischenzeitlichen 2:0 traf.

Julian Brandt kann sowohl im zentralen Mittelfeld als auch auf den Außenposition spielen. © BVB/Alexandre Simoes
Unabhängig von System und Stürmersuche wünscht sich Lucien Favre, dass sich der Kader in den kommenden Wochen weiter verkleinert. „Ein Kader mit 30 Spielern ist unmöglich“, sagt er. 22 Feldspieler plus drei Torhüter, das sei eine gute Größe. „Und dazu ein paar Nachwuchsspieler“. Aktuell sind es noch 34, diese Zahl soll, muss und wird weiter schrumpfen. Einen genauen Zeitpunkt, bis wann der Kader final stehen soll, benennt Favre nicht. „Das kann ich nicht sagen, es ist Zeit bis Anfang September“, meint der Schweizer. Vielleicht gebe es noch Abgänge, einige Spieler seien ja auch schon weg.
Viel Arbeit für BVB-Sportdirektor Zorc
Noch wartet jedenfalls viel Arbeit. Auf Sportdirektor Michael Zorc und auf die Mannschaft. Und die Spieler, die Anfang September immer noch da sind, sollten mehrere taktische Systeme beherrschen und sich auf mehreren Positionen wohlfühlen. Das erhöht die Chance auf Einsatzzeit erheblich.
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
