Emre Can schüttelte leicht den Kopf. Nein, er habe den BVB-Fans nicht viel voraus, meinte er. In den drei Wochen, seitdem Carney Chukwuemeka sich auf Leihbasis Borussia Dortmund angeschlossen habe, blieb wenig Zeit für Training, es gab Spiele im Drei-Tages-Rhythmus. Dementsprechend überschaubar seien die gemeinsamen Momente bisher auf dem Rasen gewesen, sagte Can. Außerdem sei „der Neue“ ja noch angeschlagen gewesen, fiel nach einem Sturz mit Schmerzen am dauerlädierten Knie zwischenzeitlich aus. Can und der Anhang dürfen sich also unvoreingenommen ihre Meinung bilden. In den ersten rund 25 Minuten im schwarzgelben Bundesliga-Trikot jedenfalls beeindruckte Chukwuemeka prompt.
BVB-Trainer Kovac lobt Chukwuemeka
„Carney kam rein und war sensationell gut“, sagte Trainer Niko Kovac, von dem man inzwischen weiß, dass er seine Spieler gerne mal über den grünen Klee lobt. Doch der Coach legte diesmal auch inhaltlich nach: „ Wir haben gesehen, welche Fähigkeiten er hat. Wie er den Ball an- und mitnimmt, wie er sich sofort in die Spielrichtung dreht, das ist schon einzigartig. Er hat eine sehr gute Beschleunigung und Technik. Der Junge wird uns Freude machen, wenn er gesund bleibt.“
Bis zum Saisonende ist der zentrale Mittelfeldspieler vom FC Chelsea an Borussia Dortmund ausgeliehen. Anschließend kann der Klub für den Gegenwert von 35 Millionen Euro eine Option aktivieren und ihn langfristig binden. Sofern der 21-jährige Engländer mit nigerianischen Wurzeln bis dahin überzeugt und fit bleibt, wäre das immer noch eine stattliche Summe in Höhe eines BVB-Rekordeinkaufs. Seine Zeit bei den Westfalen ist daher zum einen Leihgeschäft, zum anderen Probezeit.
BVB-Neuzugang Chukwuemeka lässt aufhorchen
Bei seinem Kurzeinsatz gegen Union Berlin, als die Gäste in der Schlussviertelstunde auseinanderbrachen, fand Chukwuemeka sofort ins Spiel. „Ich habe keine Angst“, sagt er über sich selbst und sein Geheimrezept. Er forderte den Ball, sorgte sich nicht um harte Duelle, stürzte sich folgerichtig direkt ins Geschehen - ein signifikanter Unterschied zu den Positionskonkurrenten Julian Brandt oder Giovanni Reyna, die eine gewisse Zweikampf-Aversion pflegen. 16 Ballbesitzphasen, sieben Sprints, einige Zweikämpfe – doch es waren zwei Szenen im Ballvortrag, die bei den schwarzgelben Sympathisanten das Fußballerherz höher schlagen ließen.
In der einen Situation ließ sich der U19-Europameister von 2022 auch von mehreren Unionern nicht vom Ball trennen, ehe er gegen die Lauf- und Blickrichtung mit dem linken Fuß einen Pass in die Tiefe des Strafraums schickte, bei dem nach Karim Adeyemis Schuss erst der Pfosten die Veredelung durch einen Scorerpunkt verhinderte. Chukwuemeka-Moment Nummer zwei: Unmittelbar und mit voller Dynamik, wie man es in Dortmund sonst höchstens von Felix Nmecha kennt, änderte er die Spielrichtung, dribbelte bis kurz vor den Strafraum und über Maximilian Beier und Serhou Guirassy landete der Ball im Netz (83.).
BVB-Neuzugang Chukwuemek fehlt der Rhythmus
Als „extrem talentierten Box-to-Box-Spieler“ bezeichnete Sportdirektor Sebastian Kehl seinen Winter-Neuzugang. Bereits vor zweieinhalb Jahren hatten die Borussen ein Auge auf den jungen Mann aus der Akademie von Aston Villa geworfen, doch der entschied sich für den Weg zum FC Chelsea. Die Londoner zahlten 18 Millionen Pfund, doch das Investment zahlte sich wegen diverser Verletzungen, ständig wechselnder Trainer und großer Konkurrenz im Mittelfeld der „Blues“ bislang nicht aus. Obwohl Chukwuemeka sämtliche Beobachter in seinen kurzen Einsatzzeiten hellhörig werden ließ.

„Ihm fehlt natürlich ein bisschen Rhythmus, er hat lange nicht gespielt“, relativierte Kehl. „Man konnte in der einen oder anderen Situation sehen, dass er ein Spieler ist, der viel Freude macht, der ein gutes Timing hat. Er kann sich zwischen den Linien gut bewegen, hat eine gute Ballbehandlung. Er wird natürlich noch stärker werden müssen, weil ihm Training fehlt.“
Chukwuemekas BVB-Anfang ist gemacht
Noch stärker zu werden, das wäre in diesem Fall im Interesse aller. Für Chukwuemeka persönlich, für den BVB mit ihm. Ein Anfang ist gemacht. „Ich habe es geliebt, vor 80.000 Fans zu spielen. Ich wollte nur mein Spiel machen und der Mannschaft helfen“, sagte der junge Engländer, der mit Jamie Gittens befreundet ist. „Wir waren vor allem in der zweiten Hälfte sehr effizient. Wir haben sehr direkt und präzise gespielt im letzten Drittel.“ Dazu hat er selbst beigetragen – und sein Wunsch doppelte Berechtigung: „Hoffentlich können wir auf dieser Leistung aufbauen.“ Emre Can wird es sicher genau beobachten. Und schon bald mehr sagen können über den Neuen. Wenn der fit bleibt und die ersten Eindrücke bestätigt.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 23. Februar 2025.