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BVB-Verteidiger Akanji: Nachweis seiner Klasse schuldig geblieben
Saisonbilanz
Borussia Dortmunds Verteidiger Manuel Akanji zeigt unglückliche Aktionen, stabilisiert sich dann wieder. Doch nicht immer. In der neuen Saison muss mehr von ihm kommen beim BVB.
Den Nachweis seiner Klasse ist Manuel Akanji vor allem in der ersten Saisonhälfte schuldig geblieben. Nach der Winterpause ging es zunächst schleppend weiter, erst dann stabilisierte sich der Schweizer. Seinen unumstrittenen Stammplatz aber ist er los.
Manuel Akanji zeigte Unsicherheiten beim BVB
Der Ball war noch unterwegs, da konnte man auf den Fernsehbildern erkennen, wie ungläubig Manuel Akanji der Kugel hinterher sah, die von seinem Unterschenkel abgefälscht wurde und ins Dortmunder Tor trudelte. Fassungslosigkeit machte sich breit. Bei Akanji, bei Torhüter Roman Bürki – und auf der Bank schlug Trainer Lucien Favre die Hände vors Gesicht.
Das Gegentor zum 2:2 beim Dortmunder Auswärtsspiel in Freiburg fiel spät in der Nachspielzeit, es war eine äußerst unglückliche Aktion des Schweizer Innenverteidigers – aber es spiegelte doch irgendwie die gesamte Saison wider. Souveränität wechselte sich mit haarsträubenden Fehlern ab, Selbstvertrauen mit Zaudern auf dem Platz. Akanji spielte eine äußerst durchwachsene Hinrunde, er stabilisierte sich nach der Weihnachtspause – nicht ohne am Anfang weitere Rückfälle verkraften zu müssen. Erst nach der Saison-Unterbrechung sah man den alten Manuel Akanji. Beflügelt vielleicht ja durchs Babyglück. Mitten in der Corona-Krise brachte Akanjis Ehefrau Melanie ein gesundes Kind zur Welt.
Babyglück hat BVB-Verteidiger Akanji vielleicht beflügelt
Akanjis Sommerurlaub gestaltete sich dadurch anders als sonst üblich bei den Fußballprofis. Statt Bilder von irgendeinem Strand postete der 24-Jährige Fotos von sich und seinem Erstgeborenen Aayden Malik. Bilder des Glücks.
Das war ihm während seiner zweiten kompletten BVB-Saison nicht immer hold. Starke Schwankungen prägten seine Auftritte, es schien, als habe er vor allem im ersten Saisondrittel noch an seinem Riesen-Fauxpas zu knabbern, der Borussia Dortmund im Frühjahr 2019 die schon sicher geglaubte Meisterschaft gekostet hatte. An seinen bösen Stellungsfehler beim Auswärtsspiel in Bremen wolle er nicht so gern zurückdenken, hat Akanji mal gesagt, aber er schien nichtsdestotrotz noch weit über die Sommerpause hinweg in seinem Kopf herumzugeistern.
Akanji bekam viel Vertrauen von BVB-Coach Favre
Favre vertraute seinem Landsmann lange. Im Auswärtsspiel bei Union Berlin verschuldete er ein Gegentor, in Freiburg spielte er auch ohne Eigentor am Ende ganz schwach, gegen Gladbach und in München nicht minder. Die Systemumstellung im Herbst half Manuel Akanji wieder auf die Beine, in den fünf Spielen bis zur Winterpause erspielte er sich einen Notenschnitt von 2,5. Alles solle besser werden, sagte er dann im Wintertrainingslager in Marbella, natürlich sei er in der Hinrunde nicht seinen eigenen Ansprüchen gerecht geworden. „Ich bin jemand, der sich immer kritisch hinterfragt.“
Dann kam die Partie in Augsburg. Erling Haaland rettete da seinen Mitspieler, nachdem Manuel Akanji bei den Augsburger Gegentoren wieder nicht gut ausgesehen hatte. Und nachdem er bei den späten Toren, die die Niederlage in Leverkusen besiegelt hatten, wiederum nicht gut ausgesehen hatte, war Manuel Akanji seinen Stammplatz an Dan-Axel Zagadou los.
Verletzung von Zagadou brachte Akanji zurück in die BVB-Startelf
Diesmal half ihm die Corona-Pause in die Spur, in der sich Zagadou verletzte und den Weg frei zurück ins Dortmunder Team machte. Und nach dem Re-Start spielte Akanji grundsolide, seine Fehlpassquote ging deutlich nach unten, auch dicke Stellungsfehler sah man von ihm nicht mehr - was seine Perspektiven insgesamt wieder etwas verbesserte.
Sein RN-Notenschnitt von 3,54 beschreibt die schwierige Spielzeit des 24-Jährigen, der sich aber dennoch als unumstrittener Stammspieler fühlen darf nach 29 Liga-Einsätzen und neun weiteren Pflichtspielen in der Champions League und im DFB-Pokal. Seine 2309 Einsatzminuten in der Bundesliga werden nur von vier anderen Dortmunder Feldspielern (Hazard, Hummels, Hakimi, Guerreiro) getoppt.
BVB-Verteidiger Manuel Akanji: Perspektive für die Saison 2020/21
Im Winter roch es nach einer Luftveränderung von Manuel Akanji in diesem Sommer. Die Rückrunde und die Coronakrise haben die Situation allerdings verändert, allenfalls ein lukratives Angebot aus der englischen Premier League könnte den Schweizer wohl locken. Ob dies kommt, steht auf einem anderen Blatt, ohnehin kann es sich Dortmund angesichts der Personaldecke und Ambitionen eigentlich nicht erlauben, ihn abzugeben. Der Konkurrenzkampf dürfte allerdings offener sein als zu Beginn der abgelaufenen Saison, vor allem Zagadou drängt mit Macht auf mehr und regelmäßige Einsatzzeiten. Akanjis Vorteil ist die Flexibilität: In der Dreierkette kann er den linken und rechten Außenspieler geben – und zur Not auch den Part im Zentrum spielen, falls Mats Hummels eine Pause braucht.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
