Nach dem 1:1 beim VfL Bochum ist bei Borussia Dortmund Ernüchterung eingekehrt. Der BVB zürnte nicht nur wegen der umstrittenen Entscheidungen von Schiedsrichter Sascha Stegemann im Ruhrstadion. Zwei Tage später musste er auch noch aus der Ferne mitansehen, wie der FC Bayern durch einen 2:0-Sieg gegen Hertha BSC die Tabellenführung zurückerobert hat.
FCB-Profi Müller: „Wir holen das Ding“
„Da sind wir wieder! Wir holen uns das Ding“, frohlockte Münchens Kapitän Thomas Müller. Der Rekordmeister liegt nun wieder vorne. Der BVB hat den Titelgewinn (vorerst) nicht mehr in eigener Hand. „Wir haben den Schritt gemacht und müssen noch vier weitere Schritte machen“, weiß Bayern-Trainer Thomas Tuchel.
Genau darin aber liegt für die Schwarzgelben noch eine Chance. Denn der Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die Lage keineswegs so aussichtslos ist, wie sie vielen BVB-Fans gerade erscheinen mag. Bei den Deutschen Meisterschaften 2011 (acht Punkte Vorsprung auf Leverkusen) und 2012 (sechs Zähler Abstand auf Bayern) haben die Dortmunder am 30. Spieltag bereits vor ihren Rivalen gelegen und die Differenz bis zum 34. Spieltag souverän behauptet.

Bei den Meistertiteln 1995 und 1996 sah das schon anders aus. In der Saison 94/95 – damals galt noch die Zwei-Punkte-Regel – lag der BVB (43:17 Punkte) vier Spieltage vor dem Ende knapp hinter Werder Bremen (44:16). Übertragen auf die Drei-Punkte-System trennte die beiden Titelrivalen genau ein Punkt. Am 34. Spieltag hatte sich dieses Verhältnis umgekehrt. Die Mannschaft von Ottmar Hitzfeld machte am letzten Spieltag dank eines 2:0-Heimsiegs gegen den Hamburger SV die erste Meisterschaft nach 32 Jahren perfekt, während Werder mit 1:3 bei den Bayern verlor. Dadurch schob sich Schwarzgelb noch auf Platz eins vor.

Ein Jahr später war es wieder ein enges Rennen – diesmal zwischen dem BVB und den Bayern. Am 30. Spieltag lagen beide Teams mit 58 Punkten gleichauf. Die Borussia war aber aufgrund der besseren Tordifferenz (+35 gegenüber +21) Spitzenreiter. Und sie blieb es auch bis zum Schluss, baute in den verbleibenden vier Partien ihren Vorsprung auf die Münchner sogar auf sechs Zähler aus.
BVB 2002 mit furioser Aufholjagd
Am meisten Mut jedoch sollte den BVB-Fans die Saison 2001/2002 machen. Hier gelang den Dortmundern im Saison-Endspurt eine furiose Aufholjagd. Am 30. Spieltag lagen die Borussen (61 Zähler) vier Punkte hinter Tabellenführer Bayer Leverkusen (65). Eine Woche später patzte der BVB sogar, verlor mit 0:1 beim 1. FC Kaiserslautern. Bayer holte derweil ein 1:1 beim HSV.

Der Titel schien Leverkusen bei fünf Zählern Vorsprung kaum mehr zu nehmen. Doch schon eine Woche später dampfte Schwarzgelb dank eines 2:1-Siegs gegen den 1. FC Köln den Abstand auf zwei Pünktchen ein, weil die Werkself mit 1:2 gegen Werder Bremen patzte. Am 33. Spieltag kaperte der BVB dann die Tabellenspitze. Die Borussia gewann eine spektakuläre Begegnung beim Hamburger SV mit 4:3, während Leverkusen beim Abstiegskandidaten 1. FC Nürnberg mit 0:1 strauchelte.
BVB bringt 2002 knappen Vorsprung ins Ziel
Der BVB lag nun mit einem Punkt vor Bayer 04 und brachte diesen knappen Vorsprung über die Ziellinie. Am letzten Spieltag sicherte sich der BVB durch einen 2:1-Erfolg gegen Werder Bremen im Westfalenstadion den Titel. Leverkusens gleichzeitiger 2:1-Sieg gegen Hertha BSC war damit bedeutungslos.
In Sebastian Kehl, Lars Ricken und Otto Addo standen dabei gleich drei heutige BVB-Funktionsträger auf dem Rasen und gehörten der Meistermannschaft an. Sie alle werden dem aktuellen Team Mut machen, dass das Titelrennen noch nicht entschieden ist. „Wir sollten einfach nach vorne schauen. Es sind noch vier Spiele“, unterstreicht BVB-Trainer Edin Terzic. Auch Angreifer Youssoufa Moukoko ist weit davon entfernt, sich von Kleinmütigkeit fesseln zu lassen: „Wir lassen uns von keinem Gegner, von keinem Schiedsrichter, von keiner Krankheit aufhalten. Wir glauben daran, wir sind fest davon überzeugt. Wir werden alles versuchen, den Druck hochzuhalten.“
BVB hat Meistertitel nicht mehr in der Hand: Michael Ballack macht Schuldigen aus
BVB im Titelkampf entscheidend benachteiligt?: Das sagt die „Wahre Tabelle“
Moukoko kritisiert Stegemann: „Wenn ich meine Meinung dazu sage, werde ich gesperrt“