BVB-U23 feiert „Demonstration“ im Derby - und bleibt ruhig und gelassen

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BVB-U23 feiert „Demonstration“ im Derby - und bleibt ruhig und gelassen

rnBorussia Dortmund II

Borussia Dortmunds U23 demontiert Schalke II mit 5:1. Die Freude über den Derbysieg ist groß - doch die Spieler und die Verantwortlichen bleiben ganz bei sich.

Dortmund/Gelsenkirchen

, 22.11.2020, 16:53 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als Ingo Preuß, Borussia Dortmunds U23-Manager, zum bislang letzten Mal im Gelsenkirchener Parkstadion zu Gast war, trällerte Michael Jackson ein paar Lieder. Im vergangenen Jahrtausend war das, lange her also. Preuß hat es am Samstag erzählt. Er und seine Frau bekamen Karten und amüsierten sich; davon darf man, ohne dabei gewesen zu sein, durchaus ausgehen. Die Rückkehr auf das inzwischen restaurierte Gelände fiel für Preuß nun ähnlich vergnüglich aus. Erneut sah er eine glanzvolle Show, eine mit Knalleffekten und Kapriolen. Diesmal indes war das Amüsement sportlicher Natur.


BVB-U23 feiert den nächsten Derbysieg gegen Schalke

5:1 (2:1) gewann seine BVB-II-Vertretung bei Schalke 04, dem ungeliebten Nachbarn – und sammelte Derbysieg Nummer drei ein. Erst schaffte es die U19 in dieser Saison, dann schlugen die Dortmunder Profis zu, und am Wochenende gelang der schwarzgelben U23 gegen die „Blauen“ dieser prestigeträchtige Erfolg, einer, der vollends verdient ging, auf sicheren Pfeilern stand, obschon Schalke in einer recht wilden, von vielen Eins-gegen-Eins-Aufeinandertreffen geprägten ersten Halbzeit in Führung gegangen war. Jan Luca Schuler hatte getroffen (18.) – doch die Borussia, mit all ihrem bisher angesammelten Selbstvertrauen, verfiel nicht ins Grübeln.

Sie fuhr einfach fort, „mit ganz viel Entschlossenheit“, wie Trainer Enrico Maaßen nachher mit leuchtenden Augen befand. Bei Lichte betrachtet, steckte im Treffer zum 1:1 all das, was seine Belegschaft derzeit so stark und schier unkaputtbar macht: Ruhe und Selbstgewissheit. Franz Pfanne schaufelte den Ball in Minute 38 mit viel Gefühl in die freie Gasse, Lennard Maloney sah Ansgar Knauff am Strafraumrand. Der 18-Jährige, zuletzt nicht immer glücklich in seinen Aktionen, erhielt den Ball, setzte in engster Enge mit Steffen Tigges zum Kurzpassprogramm an – drei Ballkontakte und handgestoppte 2,7 Sekunden später war es passiert.

Derbysieg gegen Schalke: BVB-U23-Manager Preuß frohlockt

„Ein super Spielzug“, lobte Maaßen, „ein feines Tor“. Zumal das erste in der Regionalliga von Nachwuchskraft Knauff. „Es brachte die Wende“, meinte Preuß nach Abpfiff nüchtern-sachlich. Zuvor hatte er regelrecht frohlockt ob dieser Kombination, ebenso wie nach den weiteren BVB-Toren, die noch gelangen. Niklas Dams per Kopf (41.), Richmond Tachie per Rechtsschuss (46.), Philipp Harlaß im Anschluss an einen Tempogegenstoß von Knauff und einem Fehler des Schalker Keepers (74.) sowie Kolbeinn Finnsson (82.) – 42 Sekunden nach seiner Einwechslung – schossen die Borussia zum Kantersieg.

Alaa Bakir machte nach Spielschluss auf der Foto- und Videoplattform Instagram deutlich: „DIE NUMMER EINS IM POTT SIND WIR!!“ Coach Maaßen sah in der zweiten Halbzeit „eine Demonstration“. Und Dams, Abwehrchef und Torschütze in einer Person, fand vor allem den Vortrag in Hälfte zwei „beeindruckend. Mit welcher Intensität und Power wir gespielt haben, war richtig stark. Man hat wieder gemerkt: Wir sind absolut gefestigt, ein Rückschlag lässt uns nicht wackeln.“ Dabei war es ein „Abnutzungskampf“ (Dams), in den S04 den BVB zunächst verwickeln konnten. Die im Schnitt 22 Jahre junge Dortmunder Truppe blieb davon unbeeindruckt.

BVB-U23-Abwehrchef Dams lobt Bakir nach Derbysieg gegen Schalke

„Jeder kann sich auf den Mitspieler verlassen“, betonte Innenverteidiger Dams. „Wenn einer den Ball verliert, kommt der nächste angerannt und hilft.“ Er selbst habe „gar keine Angst, dass wir nachlässig werden. Gerade diese Defensivarbeit geht in Fleisch und Blut über. Das kann jeder – und jeder weiß, warum es wichtig ist“, meinte der 30-jährige Routinier, ehe es anekdotisch wurde: „Als ich im Sommer zum BVB kam“, erzählte Dams, „haben einige gesagt, dass man Alaa Bakir erst mal hinbekommen müsste, dass er noch nicht vernünftig denke. Aber ganz ehrlich: Das stimmt nicht. Alaa rennt, bis er nicht mehr kann, er schaltete sofort um, wenn wir den Ball verlieren.“

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Diese Arbeitshaltung ist mittlerweile weitgehend Usus, gleichermaßen wie das Urvertrauen in die eigene (Offensiv)Klasse. 32 von möglichen 36 Punkten hat die Borussia damit gesammelt. Von ihrer Marschroute lassen sich Spieler wie Verantwortliche nicht abbringen, ebensowenig wie vom Gerede der Konkurrenz. Als sich Fortuna Kölns Trainer Alexander Ende vor ein paar Wochen bemüßigt fühlte, die BVB-Transferpolitik zu kommentieren, sorgte das intern zwar für Verblüffen. Die Dortmunder Verantwortlichen ließen ihn aber einfach reden, als wollten sie sagen: Mach du mal. Ähnlich verhielt es sich, als sich Rot-Weiss Essens Coach Christian Neidhart kürzlich zu Wort meldete.

BVB-U23 ruht in sich

Er sei „gespannt“, so wurde er zitiert, wie es aussehe, „wenn Dortmund wirklich gegen alle Gegner von oben gespielt hat“. Eine mögliche Lesart war: Schauen wir mal, ob sich der BVB dann immer noch so gut halten kann wie bisher. Reichlich komisch, so fehlt der Borussia nur noch ein Duell mit einem Team aus der oberen Tabellenhälfte, genauso wie Rot-Weiss Essen, das zwar mit zwei Punkten Vorsprung auf Platz eins steht, aber auch zwei Spiele mehr absolviert hat. In Essen scheinen sie gemerkt zu haben, dass in der U23 von Borussia Dortmund ein Widersacher um den Aufstieg herangewachsen ist. Einer, der - im Gegensatz zu ihnen? - in sich ruht.

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Dortmunds Verantwortliche verspüren jedenfalls nicht das Verlangen, sich öffentlich über ihre Kontrahenten auszulassen. Sie und die Spieler machen schlicht und ergreifend ihr Ding. Und das machen sie herausragend gut. Daran gibt es nichts zu deuteln: Dem BVB II zuzusehen, ist derzeit ein Vergnügen. Dementsprechend gelaunt, verließ Preuß am Samstag das Gelsenkirchener Parkstadion - seine Stimmung war prächtig.

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