Fast vier Monate ist die bittere 2:4-Niederlage gegen Mainz 05 im Finale um die Deutsche Meisterschaft her. Am Sonntag (13 Uhr, bei uns im Liveticker) nimmt Borussia Dortmunds U19 den nächsten Anlauf. Zum Saisonstart in der Junioren-Bundesliga tritt der BVB bei Bayer Leverkusen und damit einem der stärksten Konkurrenten um den Titel in der Staffel West an. Mike Tullberg geht in Dortmund in seine fünfte Saison. Der ehrgeizige Däne hat sich mit seinem neu formierten Team erneut viel vorgenommen für die Spielzeit. Im Interview mit RN-Redakteur Cedric Gebhardt spricht der Trainer der BVB-U19 über den angepeilten Hattrick, elementare Prinzipien und bevorstehende Vaterfreuden.
Am Sonntag starten Sie mit Ihrer Mannschaft in die Saison. Aber es kribbelt gerade nicht nur deswegen, oder?
Das ist richtig, meine Frau Thea und ich erwarten unser drittes Kind, eine Tochter. Es kann jetzt jeden Tag so weit sein. Jetzt sollten wir unser Baby nur nicht ausgerechnet zum Saisonstart bekommen. Bei unserem zweiten Kind war es auch so, das wurde abends um 20 Uhr geboren. Da war ich bis Mitternacht im Krankenhaus und am nächsten Morgen war ich beim Training. Aber wir haben uns abgestimmt, Thea kriegt das hin (lacht).
Dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Verantwortung übertragen Sie aber nicht nur Ihrer Frau, sondern in der neuen Saison auch Ihren Spielern. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Für die Jungs geht es darum, Verantwortung für die eigene Entwicklung zu übernehmen. Ihr Ziel sollte sein, dass sie am Ende ihrer Zeit in der U19 in den Spiegel gucken und über sich selbst sagen können, dass sie alles dafür getan haben, sich ihren Traum zu verwirklichen. Klar gibt es auch Faktoren, die man nicht beeinflussen kann. Aber uns geht es darum, dass die Jungs da, wo sie es beeinflussen können, selbst alles dafür tun. Es passiert leider immer wieder, dass einzelne Spieler zwischendurch denken, ihre Leistung wäre ausreichend, weil sie schon zu den Besten zählen. Es geht aber um die Entwicklung. Und Hand in Hand mit der Entwicklung gehen Erfolg und Ergebnisse. Wir möchten jedem helfen, aber die Jungs müssen in erster Linie selbst bereit sein, jeden Tag das Maximum aus sich herauszuholen. Darauf habe ich sehr viel Wert gelegt.
Sie haben Ihre Spieler zum Trainingsauftakt auch gefragt, was ein Team ist. Was ist ein Team aus Ihrer Sicht?
Die einzelnen Buchstaben bei Team stehen für „Together everyone achieves more“ („Gemeinsam erreicht jeder mehr“, Anm. d. Red.). In diesem Zusammenhang habe ich ihnen erklärt, dass wir zwar in den letzten Jahren einige herausragende Einzelspieler hatten, Erfolg aber nicht durch Einzelkönner entsteht. Dadurch kann man mal einzelne Spiele gewinnen, aber keine Meisterschaften. Wir haben seit drei Jahren kein Spiel verloren in der Junioren-Bundesliga West und das lag nicht daran, dass wir immer die besten Spieler hatten. Klar hatten wir Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Aber vor allem musst du dazu in der Lage sein, gemeinsam zu ackern und zusammenzustehen. Ich habe nichts dagegen, ein Spiel zu verlieren. Aber ich habe etwas dagegen, ein Spiel zu verlieren, wenn der Grund dafür ist, dass wir als Mannschaft nicht zusammenhalten.

Sind die Jungs nach der Vorbereitung da, wo Sie sie haben wollten?
Als Trainer einer U-Mannschaft bin ich Ausbildungstrainer, insofern sind die Jungs nach der Vorbereitung natürlich nicht fertig entwickelt. Das ist ein Prozess, der sich über die ganze Saison hinaus erstreckt. Aber wir hatten natürlich Teilziele in der Vorbereitung und die haben sie erfüllt.
Welche Teilziele sind das?
Wir haben in unseren Testspielen fünf Treffer gegen Nordsjaelland erzielt, fünf gegen Wolfsburg und vier gegen einen Senioren-Oberligisten. Offensiv sind wir schon sehr gut. Aber natürlich brauchen wir auch eine entsprechende Defensiv-Leistung. Wir wollen als Mannschaft verteidigen, das ist die Basis für die Saison. Wir wollen uns Lösungen dafür erarbeiten, wenn wir mal überspielt werden und wie wir unsere Box auch bei Standards verteidigen. Diesbezüglich haben wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir spielen teilweise schon richtig guten Fußball mit schönen Ballstafetten. Ich habe zuletzt in den Testspielen auch Muster in unserem Spiel wiedererkannt. Über allem steht, dass wir unsere Aufgaben zusammen als Mannschaft erledigen.
Sie erwarten auf dem Rasen immer extrem viel Aktivität von Ihren Spielern. Was soll das Spiel Ihrer Mannschaft in der neuen Saison auszeichnen?
Das eine ist die Intensität und Aggressivität gegen den Ball, das andere selbst bei eigenem Ballbesitz aktiv zu sein. Das ist ein Lernprozess, der aber nicht innerhalb weniger Wochen funktioniert. Aber genau deswegen forcieren wir das auch im Training und lassen viele Spielformen mit nur einem Kontakt einstudieren. Wir versuchen es im Training zu erzwingen, dass die Jungs mit sehr viel Aktivität und wenigen Kontakten spielen, damit sie in den Spielen dazu in der Lage sind, schnell und miteinander zu spielen. Freude, Intensität, Widerstandsfähigkeit und Mut – diese vier Dinge sollen uns immer auszeichnen.

Sie haben angekündigt, den Hattrick, also die dritte Westdeutsche Meisterschaft in Folge, schaffen zu wollen.
Wir sind Borussia Dortmund. Die Messlatte liegt nach den letzten zwei Jahren natürlich hoch – nachdem wir zweimal Westdeutscher Meister ohne Niederlage geworden sind, zweimal im Finale um die Deutsche Meisterschaft und einmal im DFB-Pokal-Finale gestanden haben und auch in der Youth League weit gekommen sind. Ich habe den Jungs gesagt, dass sie sich nicht mit den alten Mannschaften vergleichen sollen. Sie sollen ihre eigene Geschichte schreiben. Aber es ist das letzte Mal, dass die Junioren-Bundesliga im bisherigen Modus ausgespielt wird. Zuletzt haben wir es zweimal in Folge geschafft. Da wäre es doch ein toller Abschluss, das noch ein drittes Mal zu schaffen. Aber über allem steht die Entwicklung der Spieler.
Es dürfte einige Klubs geben, die Ihnen den Titel streitig machen wollen. Wie schätzen Sie die Konkurrenz in diesem Jahr ein?
In dieser Saison gibt es sehr viele gute Mannschaften. Dazu zähle ich nicht nur Bayer Leverkusen, sondern auch Schalke 04. Auch Gladbach hat einen guten Jahrgang und der 1. FC Köln ist nach wie vor richtig gut. Für mich geht es aber um uns, darum, dass wir unsere Dinge gut machen. Wenn uns das gelingt, werden wir auch oben mitspielen.
Sie haben eine sehr junge Mannschaft. Für viele Spieler wird die Belastung so hoch wie noch nie, weil sie erstmals in drei hochkarätigen Wettbewerben starten. Wird das zur großen Herausforderung in dieser Saison?
Das kann ich noch nicht richtig einschätzen. Der Einzige, der in der letzten Saison wirklich Stammspieler war und es auch jetzt ist, ist Filippo Mane. Zum Teil war es auch Paris Brunner. Daher ist es schon so, dass die Belastung für viele meiner Jungs eine ganz andere sein wird. Das gilt auch für die Intensität im Training. Ich hoffe, dass wir in der Youth League wieder auf die Spieler bauen können, die nicht mehr zur U19 zählen – also Marian Kirsch, Samuel Bamba, Hendry Blank und Julian Rijkhoff, sofern sie uns zur Verfügung stehen werden. Wir freuen uns nach wie vor auf alle Wettbewerbe. Jetzt geht es aber erst einmal um die Bundesliga und da wartet ein sehr guter Gegner auf uns.

In der Tat, Sie starten bei Bayer Leverkusen. Begrüßen Sie es, dass Ihr Team gleich ein richtiges Kaliber vor der Brust hat?
Nun ja, wenn du gewinnst, ist es gut, wenn du verlierst, eher nicht. Aber im Grunde ist es egal. Die Saison ist lang, du hast 26 Spiele und spielst gegen jeden zweimal. Wir müssen einfach unser Spiel auf den Platz bekommen und dann bin ich zuversichtlich, dass wir auch Punkte mitnehmen. Leverkusen ist ein Topgegner, da kann alles passieren. Wir müssen dafür sorgen, dass die wenigen Prozente, die ausschlaggebend sein werden, um das Spiel zu gewinnen, auf unserer Seite sind.
Der BVB hat mit dem Transfer von Ousmane Diallo aufhorchen lassen. Die Saison-Vorbereitung hat aber gezeigt, dass er sich erst noch an die Intensität in Deutschland gewöhnen muss. Wie weit ist er in diesem Prozess?
Er kommt langsam in Fahrt. In unserem letzten Test gegen Finnentrop/Bamenohl hat man schon gesehen, was er kann, wenn es uns gelingt, ihn in Eins-gegen-Eins-Situationen zu schicken. Er braucht noch ein bisschen Zeit, um sich an die Körperlichkeit und Intensität zu gewöhnen. Aber das wird. Wir können uns auf einen sehr spannenden Spieler freuen.
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