BVB-Trainer Tuchel reagiert irritiert und angefressen
Brisantes Watzke-Interview
Ein Interview von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit der Funke Mediengruppe, erschienen vor dem eminent wichtigen Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim, hat für neuen Zündstoff in die Diskussion um die Zukunft von Thomas Tuchel als Trainer bei Borussia Dortmund gesorgt. Tuchel zeigte sich irritiert und auch angefressen.
Dass es einen "Dissens" zwischen Trainer und Geschäftsführer in der Frage gegeben hat, ob es den Profis kaum 24 Stunden nach einem Anschlag auf ihr Leben zuzumuten sei, ein Spiel in der Champions League zu spielen, konnte man schon aus den Aussagen der Beteiligten in den Tagen nach den Geschehnissen im April heraushören.
Trennung im Sommer scheint nicht ausgeschlossen
Hans-Joachim Watzke hat dies in dem Interview am Samstag aber noch mal ausdrücklich bejaht. Und Watzke hat auch noch einmal ausdrücklich betont, welche Kriterien in den nach Saisonende anstehenden Analyse- und Vertragsgesprächen mit Tuchel für ihn neben der sportlichen Bewertung der Saison auch noch eine Rolle spielen werden. Vertrauen, Kommunikation, das waren zwei Schlagworte, die Watzke nicht zufällig wählte, denn genau auf dieser Ebene scheint es im Binnenverhältnis zwischen Chefetage und dem wichtigsten Angestellten für den Sportbereich mächtig zu knirschen.
Wer wollte, durfte und konnte aus den Aussagen und Zwischentönen in diesem Interview herauslesen, dass Tuchel in Dortmund keine längerfristige Zukunft haben wird. Sogar eine Trennung im Sommer scheint wohl nicht ausgeschlossen, was angesichts der Entwicklungen in den vergangenen Wochen dann doch überraschend käme. Denn Tuchel, der im Herbst und Winter massiv in die Kritik geraten war, hat sich in der Krise nach dem Attentat auf den BVB als umsichtiger und starker Lenker präsentiert. Er hat die Borussia durch eine sehr schwierige Phase manövriert, und seit Samstag, seit dem 2:1 gegen Hoffenheim, hat der BVB auch die Verwirklichung der primären Saisonziele wieder selbst in der Hand.
Reelle Titelchance
Sportlich gab es zwar Dellen und Wellen, doch wenn Borussia Dortmund auf Rang drei ins Ziel kommen sollte, kann man von einer ordentlichen Spielzeit sprechen. Zumal mit dem Erreichen des Viertelfinals in der Königsklasse auch das internationale Abschneiden die Erwartungen übertroffen hat. Und noch lebt im DFB-Pokal ja sogar eine sehr reelle Titelchance.
Die Probleme liegen also nicht primär im sportlichen Bereich. Vielmehr scheint das Vertrauensverhältnis nachhaltig belastet. Tuchels intern wenig kommunikative Art, die dubiose Rolle seines Beraters in vielen Situationen in dieser Saison, das hat für Verstimmung gesorgt auf der BVB-Führungsebene.
"Alles andere kann ich nicht beeinflussen"
Dass der Trainer mindestens irritiert war, dass sein Vorgesetzter ausgerechnet vor so einem wichtigen Spiel die Thematik nun wieder neu befeuert hat, merkte man Tuchel deutlich an. Auch wenn er betont gelassen reagierte. Die Losung sei klar, meinte Tuchel nach dem Spiel, der Fokus liege auf dem Sport, am Spieltag und für den Rest der Saison sei keine Ablenkung erlaubt, er habe das Interview "komplett ausgeblendet". Wie sehr es in ihm brodelte, machte aber dieser Satz deutlich: "Um den Sport kümmere ich mich, dafür bin ich verantwortlich. Alles andere kann ich nicht beeinflussen."
Es brodelt also weiter beim BVB. Das ist keine gute Basis für eine weitere und womöglich längere Zusammenarbeit. Bislang hat die Mannschaft sich davon nicht beeinflussen lassen, doch die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch das sportliche Tagesgeschäft darunter leideet. Das aber kann sich der BVB in der Endphase der Saison nun gar nicht erlauben.