Es war schon spät und ging auf Mitternacht zu. Die erste Euphorie-Welle war abgeebbt. Dennoch pulsierten nach dem 1:0-Sieg in der Königsklasse gegen Sturm Graz noch reichlich Glückshormone durch die Adern von Cole Campbell. So eben hatte der 18-Jährige sein Champions-League-Debüt für Borussia Dortmund gegeben. Jetzt stand der Rechtsaußen in den Katakomben des Signal Iduna Park bei „BVB-TV“ Rede und Antwort. „Es ist ein großartiges Gefühl. Von diesem Moment habe ich mein ganzes Leben lang geträumt“, schwärmte Campbell.
Jahr der BVB-Premieren für Campbell
Gegen Graz wechselte ihn Nuri Sahin nach 77 Minuten erstmals auf ganz großer Bühne ein. Hinein ins Getümmel. Mit Karacho ins Rampenlicht. „Man fühlt das Stadion, die Fans. Es ist so laut. Die Atmosphäre ist verrückt“, bekannte der BVB-Youngster. Sein Debüt auf internationalem Parkett – und das vor 81.365 Zuschauern im ausverkauften Stadion. „Der Trainer meinte nur, ich solle das genießen und auf dem Platz hart arbeiten. Dafür bin ich echt dankbar“, berichtete Campbell.
Der Dienstagabend in der Champions League fügte sich damit in sein persönliches Bild. Denn der junge Flügelstürmer erlebt bei Schwarzgelb ein Jahr der Premieren. Im Januar reiste er erstmals mit den BVB-Profis ins Trainingslager nach Marbella. Im Juli unterzeichnete er seinen ersten (bis 2028 datierten) Profi-Vertrag. Ende August gab er sein Drittliga-Debüt für die BVB-U23 gegen Hansa Rostock, einen Monat später erzielte er dort sein erstes Tor gegen Alemannia Aachen. Anfang Oktober stand er schließlich beim Auswärtsspiel gegen Union Berlin erstmals im Spieltagskader, ohne jedoch eingesetzt zu werden.
Dieser Moment folgte drei Wochen später beim FC Augsburg. Seither hat Nuri Sahin den 18-Jährigen gleich viermal in Folge eingewechselt. Darunter auch im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg, wo der Youngster für Donyell Malen kam und 43 Pflichtspielminuten sammelte. „Du weißt es ja nie so richtig. Es kann jeden Moment passieren. Man muss einfach im Kopf immer bereit sein. Sobald du im Kader bist, gibt es immer die Chance. Am Ende bin ich wirklich reingekommen und sehr glücklich darüber“, bekannte Campbell nach seinem Champions-League-Debüt.
BVB-Youngster Campbell in drei Teams gefragt
Zwölf Pflichtspiele in sechs unterschiedlichen Wettbewerben für Profis (Champions League, Bundesliga, DFB-Pokal), U23 (3. Liga) und U19 (Youth League, DFB-Nachwuchsliga) hat Campbell in dieser Saison bislang absolviert. Das Pendeln zwischen den Teams mit ihren unterschiedlichen Mitspielern, Trainern, Herangehensweisen und Abläufen stellt junge Spieler wie ihn physisch wie mental vor enorme Herausforderungen. Cole Campbell begegnet ihnen mit der Forschheit und Unbekümmertheit eines Jugendlichen.

„Ich habe ein bisschen Aufregung verspürt. Aber ich würde nicht sagen, dass ich nervös war. Fußballspiele machen mich nicht mehr nervös. Es war eher Vorfreude, jetzt reinzukommen. Da waren schon Schmetterlinge im Bauch. Aber auf dem Platz verschwindet das“, erklärte der 18-Jährige betont abgeklärt. Ein breites Grinsen machte sich hingegen breit, als er über die Südtribüne sprach. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Fans sind absolut großartig“, meinte Campbell begeistert.
Nächster BVB-Einsatz winkt in Mainz
Am Samstag (15.30 Uhr, Sky) beim FSV Mainz 05 wird der Rechtsaußen aller Voraussicht nach erneut zum Kader zählen. Dass er im Laufe der Begegnung eingewechselt wird, ist nicht unwahrscheinlich. Auch wenn der 18-Jährige noch nicht die Sterne vom Himmel gespielt hat, hat er angesichts der schwierigen Gemengelage mit zahlreichen Verletzten dank solider Vorstellungen bei Trainer Sahin und den Verantwortlichen Pluspunkte gesammelt - und sich damit für weitere Joker-Einsätze empfohlen.
„Vor ein paar Monaten war ich noch nicht sicher, ob ich bleiben solle und habe mich nach anderen Optionen umgeschaut. Aber Borussia Dortmund hat mich überzeugt und mir einen guten Plan aufgezeigt“, hat Campbell bereits Anfang August im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten erklärt. So viel steht fest: Bislang geht dieser Plan auf. Campbell ist – bedingt durch die enorme Verletztenmisere – viel früher zu den BVB-Profis vorgestoßen als gedacht.
BVB-Youngster Campbell hat Lust auf mehr
„Mein erstes Ziel war es, zum Kreis der Profis zu gehören und mein Debüt zu geben. Ich hatte das Glück, dass mir das gelungen ist. Jetzt werde ich einfach versuchen, gute Leistungen zu bringen und es auf noch mehr Einsatzminuten in dieser Saison zu bringen“, kündigte Cole Campbell nach der Begegnung gegen Graz an. An Schlaf aber war trotz später Stunde noch nicht zu denken.

„Ich werde mir die Präsidentschafts-Wahl im Fernsehen anschauen. Das ist ein wichtiger Moment für die USA und sogar die ganze Welt“, erzählte der 18-Jährige. „Aber wir haben morgen frei. Es sollte daher in Ordnung sein, wenn ich länger wach bleibe“, flachste er. Campbell will ausgeschlafen sein. Die nächsten Einsätze für Schwarzgelb warten schon in Kürze.
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