„He has arrived“ – der Administrator des englischsprachigen Instagram-Accounts von Borussia Dortmund hätte es am Samstagabend mit der Bildunterschrift unter seinem Post kaum besser auf den Punkt bringen können. Der 5:2-Erfolg des BVB gegen Borussia Mönchengladbach hat in der Tat gezeigt: Er ist endgültig angekommen. Die Rede ist von Sebastien Haller – dem „Cool Bird.“
Haller schießt den BVB zum Sieg
Wieso er seit einigen Jahren diesen Spitznamen trägt, zeigte er in der 20. Minute eindrucksvoll. Als die scharf getretene Hereingabe von Donyell Malen in seine Richtung flog, lenkte der Ivorer – mit dem Rücken zum Tor stehend – den Ball ganz „cool“ mit der Hacke an Gladbach-Keeper Jan Olschowsky vorbei in die lange Ecke. Ein Tor zum Genießen. Für die Fans. Aber auch für ihn selbst. Genießen ist generell ein gutes Stichwort für Haller.
„Ich genieße es, jeden Tag mit den Jungs in der Kabine auf dem Platz zu sein und versuche, jeden besser kennenzulernen, um gut mit ihnen zusammenzuspielen“, antwortet der 28-Jährige, der im Tosppiel gegen Mönchengladbach zwei weitere Treffer einleitete und noch einen zweiten selbst erzielte, später auf die Frage nach seinem Erfolgsgeheimnis. „Mein primäres Ziel ist momentan, die Zeit mit den Jungs zu genießen.“ Seit der schockierenden Hodenkrebs-Diagnose im vergangenen Sommer hat Haller seinen Fokus verrückt, sein Mindset verändert, „weil für mich ist das hier alles ein Bonus“. Mittlerweile ist daraus allerdings auch ein Bonus für Borussia Dortmund geworden.
Haller mit seinem siebten BVB-Treffer
Den nach seiner überraschend schnellen Rückkehr auf die Profibühne (verständlichen) Rückstand (Haller: „Wenn man denkt, dass nach nur drei Wochen alles, was sechs Monate zuvor war, einfach so vergessen ist, wäre das ein Riesenfehler.“) in Sachen Fitness, Spritzigkeit und Wettkampfhärte hat er nahezu komplett aufgeholt. Der Stürmer agiert deutlich frischer, wendiger und zielstrebiger in seinen Aktionen, definiert sich nicht mehr ausschließlich als Wandspieler im Sturmzentrum, sondern sucht bewusst die direkten Duelle. Er sticht in freie Räume und sucht ohne Umwege den Abschluss.
Was zur Folge hat, dass sich der 31-Millionen-Mann mittlerweile immer häufiger auf die Anzeigetafeln der Bundesliga schießt – vorzugsweise auf die im Signal Iduna Park. Die beiden Treffer gegen Mönchengladbach waren seine Saisontreffer sechs und Sieben. Er ist damit nach Malen, Jude Bellingham und Julian Brandt Dortmunds viertbester Torschütze. Und das, obwohl er nur in 17 Saisonspielen auf dem Platz stand, die meisten davon aus Gründen der Belastungssteuerung nur rund 60 Minuten.
BVB-Stürmer Haller übt Kritik
Dazu kommt: Seine Mitspieler profitieren enorm von der Entwicklung des Ivorers. Allen voran Karim Adeyemi und Malen, deren Leistungsexplosion im direkten Zusammenhang mit Hallers ansteigender Formkurve stehen. „Selbst wenn Sebastien mal nicht derjenige ist, der drei, vier Tore schießt: Er sorgt dafür, dass die Jungs um ihn herum besser werden“, sagte BVB-Trainer Edin Terzic und hob damit Hallers Rolle als Ballabschirmer und -verteiler hervor. „Er verschafft uns diese ein, zwei Sekunden, um nachzurücken, er verlängert uns die Bälle.“ Ein äußerst erfolgreiches Mittel.
Trotz seiner Glanzleistung und des klaren 5:2-Erfolgs war Haller am Samstag aber nur bedingt zufrieden. „In den ersten 60. Minuten waren wir sehr dominant und haben vielleicht wie ein Meister gespielt“, leitete der Ivorer seine Kritik über die finalen 30 Minuten ein. „Wir wissen, dass unsere Schlussphasen nicht gut sind. Vielleicht sollte unsere Einstellung da besser werden und wir sollten unsere Art, wie wir verteidigen und auf den Ball gehen, überdenken.“ Dennoch fühle es sich gut an, weit oben in der Tabelle zu stehen. „Im Jahr 2023 sind wir das beste Team in Deutschland.“ Er selbst ist dafür ein wesentlicher Faktor. Bleibt nur die Frage: Ist er auch ein entscheidender Faktor für den Titel?
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