Hektisch fasst sich Nis mit der rechten Hand an den linken Unterarm. Puls fühlen. „Ich bin so aufgeregt“, sagt der 20-Jährige, der seine Kappe cool nach hinten gedreht hat und eine dieser modischen Brillen mit Goldrand auf der Nase trägt. Wenn er gleich Marco Reus treffe, vielleicht sogar ein Autogramm bekomme oder ein Foto, dann, so meint er, „falle ich ihn Ohnmacht“.
BVB will internationale Strahlkraft ausbauen
Nis steht wie 500 andere BVB-Fans am Dienstag um 18 Uhr Ortszeit vor Terminal 3 des Flughafens Changi. Als er die ersten Borussen in schwarzgelben T-Shirts mit der Aufschrift „From Dortmund with Love – Asia-Tour 2022“ zum Ausgang laufen sieht, wird ihm mulmig wie einem Kleinkind an Heiligabend. Mehrmals wiederholt er noch den Satz, den er sich mühevoll auf Deutsch zurechtgelegt hat: „Du bist mein Lieblingsspieler.“ Um es vorwegzunehmen: Als er von Borussia Dortmunds Kapitän eine Unterschrift auf sein Trikot bekommt und ein Selfie knipst, bringt er kaum einen Ton heraus. Aber sein Schwindel wandelt sich in Euphorie. Mit frischen Fotos und weiteren Autogrammen von Mats Hummels, Donyell Malen oder Emre Can geht Nis später glücklich nach Hause. Der BVB ist gerade erst in Südostasien angekommen.
Zehn Tage lang macht der schwarzgelbe Tross Station auf seiner PR-Tour in der Ferne. 2015 führte die Reise nach Japan, Singapur und Malaysia, 2016 nach China, 2017 nach Japan und China und in diesem Jahr, parallel zur Fußball-WM in Katar, nach Singapur, Malaysia und Vietnam. Hier gibt es viele Partner und Fans, die der BVB mit einem Besuch glücklich macht, hier tun sich Erlösquellen auf, die noch längst nicht ausgeschöpft sind. „Es gibt ein sehr großes Potenzial“, sagt BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer. „Wir denken sehr positiv, diese Einnahmen weiter optimieren zu können. Durch die Asienreise wollen wir den Leuten vor Ort den BVB nahe bringen. Unsere letzte Reise liegt mehrere Jahre zurück. Deswegen war klar, dass wir diese spielfreie Zeit nutzen werden, um mit dem verbliebenen Kader ins Ausland zu reisen.“
Borussia Dortmunds internationale Bekanntheit und Strahlkraft auszubauen und zu erhöhen, ist ein Ziel dieser Unternehmung. Wachsende Popularität im Ausland und die Chancen der Internationalisierung lassen sich monetarisieren. Hier hinkt die Bundesliga der englischen Premier League hinterher, aber in Dortmund will man seine Hausaufgaben machen. Als ein Beispiel nannte Cramer am Montag gegenüber den BVB-Aktionären die digitale Bandenwerbung im Stadion, die Werbung je nach Region im TV anders ausspielt. Der Klub hat seine Einnahmen aus diesem Bereich vervielfacht. Cramers Credo: „Wir wollen mit Nachhaltigkeit in wichtigen Regionen wachsen und mehr Fans und Sponsoren gewinnen.“
BVB-Terminkalender ist gut gefüllt
200 der inzwischen 1000 BVB-Fanclubs sollen aus dem Ausland stammen wie auch ein wesentlicher Anteil der 50 Millionen Follower, die der Klub in den sozialen Netzwerken erreicht. Leute wie Nis, die Fußball lieben und sich die Schwarzgelben aus Westfalen als Lieblinge auserkoren haben. Sport und Sponsorentermine füllen in den kommenden Tagen den Terminkalender. So steht am Donnerstag ein Testspiel gegen die Lion City Sailors, Singapurs Meister von 2021, auf dem Programm, und später eine „Aktivierung“ im Vorzeige-Shop des Ausrüsters an, mit Marco Reus als Aushängeschild.

In einigen Regionen Asiens besitzt der derzeit leider verletzte 33-Jährige einen Kultstatus. „Er ist der Goat, der größte Fußballer aller Zeiten“, meint Zahin, der neben Nis an der Absperrung einen Lebenstraum erfüllt bekommt, als er die Dortmunder Profis hautnah erlebt. „Andere Spieler sind gekommen und gegangen, Reus ist immer geblieben.“ In seiner Riege widerspricht ihm keiner. Hier geht die BVB-Strategie auf, der sich vorgenommen hat, „die wirtschaftlichen Mittel für den sportlichen Erfolg auch international zu generieren“, wie es im Nachhaltigkeitsbericht heißt, um „gemeinsam mit unseren Sponsoren mehr zu erreichen und Sympathien für den BVB und seine Partner zu gewinnen“. Nis und die anderen Fans am Flughafen, die sogar aus Thailand angereist waren, hat die Borussia begeistert. Und die PR-Reise beginnt erst.
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