Hinter Borussia Dortmund liegt eine turbulente erste Saisonphase. Zwar hat der BVB die Erwartungen in den Pokalwettbewerben erfüllt, doch in der Bundesliga ist die Mannschaft von Edin Terzic als aktuell Tabellensechster weit hinter den eigenen Ambitionen zurückgeblieben. In unserem Spielerzeugnis blicken wir auf die ersten Monate der Saison 22/23 zurück. Heute im Fokus: Mats Hummels.
So lief die erste Saisonphase für Mats Hummels: „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ich bin einfach glücklich, hier gewesen zu sein.“ Es hätte allzu gut gepasst, wären das die Worte von Mats Hummels nach einer erfolgreichen Weltmeisterschaft in Katar gewesen. Zwar stammt das Zitat tatsächlich von Hummels, allerdings bezieht es sich auf den Dreh bei der Amazon-Serie „Die Discounter“, bei der er sich selbst spielte, etwas kickte und mit einer Kassiererin anbandelte. Dabei wäre eine WM-Nominierung allein mit Blick auf seine sportlichen Leistungen im Dortmunder Binnenvergleich verdient gewesen. Hummels war der stabilste Verteidiger, doch Niklas Süle und Nico Schlotterbeck ergatterten WM-Tickets.
Den Grundstein hatte Hummels bereits im Vorfeld der laufenden Saison gelegt: Schon im Trainingslager war er topfit und austrainiert, blieb anschließend verletzungsfrei und war unter Trainer Edin Terzic gesetzt, verpasste nur zwei Ligaspiele. Im Defensivzentrum war er die verlässliche Säule, erlaubte sich nur beim Jahresabschluss in Mönchengladbach nach dem Frust über die WM-Absage eine schwache Leistung. Und so ist es wenig verwunderlich, dass Hummels im korrekten Zitat zu seiner Nichtberücksichtigung bei der WM von „einer der größeren Enttäuschungen“ seiner Karriere spricht.
Das sagt die Statistik: Mats Hummels ist eine Passmaschine. 91 Prozent seiner Zuspiele landeten beim angedachten Adressaten, das ist der BVB-Spitzenwert unter den etatmäßigen Profispielern. Ansonsten schlägt sich seine gute Hinrunde nicht in den Zahlen nieder: Hummels ist der langsamste Feldspieler (31,3 km/h), hat eine ordentliche, aber nicht überragende Zweikampfquote (57,1 Prozent gewonnene Duelle) und bestreitet nach Salih Özcan (46,9) die zweitwenigsten (48,4) intensiven Läufe pro 90 Minuten. 81,6 Ballbesitzphasen im Schnitt je Spiel sind zwar die drittmeisten im Kader, allerdings im Innenverteidiger-Triell mit Süle (86,7) und Schlotterbeck (87,4) die wenigsten.
Das sind die Stärken und Schwächen: Die Spielintelligenz ist Hummels‘ großer Trumpf. Er antizipiert Pässe und kann Szenen deshalb trotz der Tempodefizite häufig klären, bevor es brenzlig wird. Sein Verhalten im Nahkampf ist stark, Dortmunds Routinier hat zumeist das richtige Gespür für das Timing beim Tackling. Dazu sind seine Ruhe und Erfahrung herausragend, an der Seite des Veteranen kann sich der rund zehn Jahre jüngere Schlotterbeck entwickeln. Ist der Gegner aber doch mal entwischt, ist das Einholen angesichts der mangelhaften Endgeschwindigkeit im Regelfall eine Mission impossible. Dazu trifft er mit seiner Kritik zwar häufig den Kern, doch das Breitschlagen der Defizite in der Öffentlichkeit kommt bei einigen Kollegen nicht gut an.
Ausblick und Perspektive: Der Vertrag von Mats Hummels beim BVB läuft aus, die Zukunft ist ungewiss. Sicher ist: In der aktuellen Verfassung wäre es aus sportlicher Sicht fast schon fahrlässig, Hummels keinen neuen Vertrag anzubieten. Doch mit Blick auf die Hierarchie in der Mannschaft und den gewollten Umbruch könnte es ratsam sein, den immer mal nörgelnden Verteidiger freizugeben und neue Reizpunkte zu setzen.
RN-Note: 2,0
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