
Sebastien Haller tritt beim BVB das Erbe von Erling Haaland an. © Groeger
BVB sendet klares Zeichen auf dem Transfermarkt - muss sich aber weiter optimieren
Meinung
Durch den Transfer von Sebastien Haller sendet Borussia Dortmund ein weiteres klares Zeichen auf dem Transfermarkt. Dennoch muss der BVB noch weitere Baustellen schließen. Sascha Klaverkamp kommentiert.
Der Frust saß tief. Im Europapokal und DFB-Pokal böse abgestürzt, in der Liga trotz Platz zwei zu oft enttäuscht. Dieser Kader wollte den hohen Ansprüchen des BVB einfach nicht genügen. Dann noch diese unfassbare Verletzungsserie. Und das nervige Dauerthema um Erling Haalands Abgang. Die Stimmung im Umfeld der Borussia lag zum Saisonende vor wenigen Wochen komplett am Boden. Doch mit Wucht hat der BVB den Hebel binnen kurzer Zeit umgelegt. Lust und Vorfreude haben den Frust vor allem verdrängt, weil die Borussia kräftig am Personal gewerkelt – und einige wichtige Stellschrauben gedreht hat.
Durch die Terzic-Rückkehr hat sich die BVB-Stimmung gedreht
Das Wichtigste: Der neue Cheftrainer Edin Terzic. Er verkörpert die BVB-DNA durch und durch – und schon war das Feuer im Fanlager neu entfacht. Jetzt die Verpflichtung von Sebastien Haller, eines Top-Torjägers von internationalem Format – und der wohl beste denkbare Ersatz für Erling Haaland. In Karim Adeyemi füllt der BVB endlich auch die Offensivlücke auf dem Flügel, die dort seit dem Abgang von Jadon Sancho vor einem Jahr klafft.
Die seit langem äußerst wacklige Defensive erhielt in Niklas Süle und Nico Schlotterbeck zwei Stabilisatoren, die zum Stamm der Nationalelf zählen. Die Borussia verhinderte zudem durch äußerst frühes Handeln auf dem Markt, dass aus dem von Manuel Akanji gewünschten Abgang aus Dortmund jetzt im Sommer überhaupt erst ein neues Defensivproblem entstehen kann. Dazu ist dank Salih Özcan als Nachfolger für Axel Witsel die Sechser-Position gut und sehr günstig nachbesetzt und aufgrund der neu an Bord geholten Keeper Alexander Meyer und Marcel Lotka auch die schwelende Ersatztorwartfrage nach den Abgängen von Marwin Hitz und Roman Bürki vom Tisch.
BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl hat die richtigen Schlüsse gezogen
Sebastian Kehl, der neue Sportdirektor der Borussia, er kleckert also nicht. Im Gegenteil. Er hat gute Schlüsse aus der Saisonanalyse gezogen, personelle Probleme im Kader erkannt, den Markt sondiert und klug eingekauft. In Niklas Süle dem Rivalen FC Bayern eine defensive Stammkraft im besten Alter ablösefrei wegzuschnappen, das ist ohne Zweifel ein Coup. Sebastien Haller mangelte es nicht an lukrativen Interessenten, auch er entschied sich für das spannende Projekt des neuformierten BVB.
Keine Frage, Kehls erster Transfersommer lässt aufhorchen. Auch weil nicht nur beim kickenden Personal Hochkaräter dazukommen. In Athletik-Trainer Shad Forsythe zählt nun einer der angesehensten Fitnessexperten der gesamten Fußballszene zum BVB-Tross. In Laurent Busser hat Kehl dem FC Bayern zudem eine Talentscouting-Säule abgejagt. Der Franzose besitzt vor allem in seiner Heimat ein exzellentes Netzwerk. Nicht zu vergessen: Frank Zöllner kehrt zum BVB zurück. Der erfahrene Physiotherapeut ist hoch geschätzt in der Branche und bei den Spielern. Jede Menge Erfahrung bringt auch der neue Co-Trainer Peter Hermann mit.
Die BVB-Kaderplanung ist noch lange nicht abgeschlossen
Der Status quo der Borussia in Transferfragen verdient bislang eine Bestnote. Abhaken darf der BVB seinen Kaderumbau damit aber noch nicht. Es gibt Baustellen, die nun im nächsten Schritt unbedingt geschlossen werden müssen: Einen Abnehmer für die viel zu teure Ersatzkraft Nico Schulz zu finden und einen guten Preis für Manuel Akanji zu erzielen beispielsweise.
Denn es gilt zu verhindern, dass der Schweizer den BVB nach Ende seines Vertrages in einem Jahr ablösefrei verlässt. Und da ist noch die ungeklärte Personalie Youssoufa Moukoko – verkaufen oder verlängern? Eine Lösung muss auch in dieser Frage bald her, denn jegliche Unruhe solcher Art könnte die anvisierte Attacke des BVB stören.
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
