
Thomas Meunier gilt beim BVB als Nummer eins für die Rechtsverteidiger-Position. © imago / Revierfoto
BVB-Rechtsverteidiger: Vier Optionen, aber auch genügend Qualität?
Borussia Dortmund
Fast ausschließlich wird über den Dortmunder Wunsch nach Verstärkung für die linke Seite diskutiert. Rechts hingegen scheint der BVB gut aufgestellt zu sein – aber reicht die vorhandene Qualität?
Als Edin Terzic am vergangenen Mittwoch die Dortmunder Profis zum ersten Training auf dem top gepflegten Grün bat, freute er sich ganz besonders über ein Gesicht in der noch stark ausgedünnten Gruppe. Mateu Morey ist nach 14 Monaten Verletzungs-Zwangspause zurück, das sorgte für ein großes Hallo und mache ihn, so Terzic, „total glücklich. Es ist ein besonderer Tag für mich, aber für Mateu ist es ein noch besonderer.“
BVB-Trainer Edin Terzic hält viel von Mateu Morey und Lion Semic
Mateu Morey hat nach seinem Totalschaden im Knie mehrere Operationen überstanden, sich durch die Reha gequält und soll nun nach und nach herangeführt werden. Der Spanier genoss schon während Terzics Zeit als Interimstrainer das besondere Vertrauen des jetzigen Chefs. Und Terzic gilt auch als Fan eines zweiten neuen Gesichts im Kader. Von Lion Semics Qualitäten soll der 39-Jährige extrem angetan sein. Wie Morey ist U19-Spieler Semic auf der rechten defensiven Außenbahn zu Hause. Das zumindest quantitativ üppige Angebot an Rechtsverteidigern komplettieren Thomas Meunier, dessen Status als Nummer eins zementiert ist. Und Felix Passlack, der sich als auf beiden Außenbahnen vielseitig einsetzbarer Spieler in der vergangenen Saison seinen Platz im Kader verdient hatte.
Das sorgt dafür, dass bei der Frage nach noch vorhandenem Optimierungsbedarf im Kader ausschließlich über die linke Abwehrseite diskutiert wird. Dort ist Dortmund in der Tat zu dünn besetzt. Quantitativ, auch qualitativ. Doch die Frage lautet: Genügt das vorhandene Personal auf der rechten Seite den gehobenen Anforderungen gerade in den „großen“ Spielen?
BVB-Rechtsverteidiger Meunier unterliegt weiterhin Schwankungen
Zweifel an seiner Person konnte Meunier trotz einer deutlichen Formsteigerung in seinem zweiten BVB-Jahr nicht komplett zerstreuen, starke Schwankungen in seinen Leistungen aus dem ersten Jahr konnte er nicht komplett abstellen. Vom Belgier, der einst im Starensemble von Paris St. Germain seinen Stammplatz behauptete, erwartet der BVB nach auskuriertem Sehnenriss im Oberschenkel eine weitere Steigerung. Die Verletzung beendete sein zweites Dortmunder Jahr Ende Februar abrupt. Erst nach Saisonschluss feierte er in der Nations League mit zwei Einsätzen im Juni sein Comeback.
Hinter Meunier aber klafft ein großes Loch. Morey wird seine Zeit benötigen, ehe er körperlich wieder voll auf der Höhe ist und auch mental die bislang schlimmste Verletzung seiner Zeit als Fußball-Profi überwunden haben wird. Wunderdinge sollte man vom Spanier daher nicht erwarten. Und Semic ist bei allen erkennbaren Anlagen erst am Anfang eines beschwerlichen Weges zum Profi und steckt mitten im Lern- und Akklimatisierungsprozess.
BVB-Eigengewächs Felix Passlack bietet Verlässlichkeit
Passlack bietet eine gewisse Verlässlichkeit und ist Semic und auch Morey aktuell damit sicher noch einen Schritt voraus. Ob Terzic ihm öfter vertraut als Vorgänger Marco Rose ist eine spannende Frage. Denn beim gebürtigen Bottroper spielt die Vertragssituation eine nicht unwesentliche Rolle. Weil der Kontrakt 2023 ausläuft, ist Borussia Dortmund nach Informationen der Ruhr Nachrichten bei einem entsprechenden Angebot für den 23-Jährigen gesprächsbereit. Ein Wechsel könnte eine Ablöse im hohen sechsstelligen Euro-Bereich einbringen.
Nach zum Teil spektakulären Neuverpflichtungen, für die der BVB auch bereit war, tief in die Tasche zu greifen, hängt der weitere Handlungsspielraum für den neuen Sportdirektor Sebastian Kehl unmittelbar an der Bewegung auf der Abgangsseite. Das Werben um Hoffenheims Linksverteidiger-Shootingstar David Raum wird Dortmund nur intensivieren können, wenn entweder Raphael Guerreiro oder Nico Schulz einen Platz im Kader und im Etat freimachen. Dieser Stand gilt seit etlichen Wochen. Dem Vernehmen nach will der BVB nach Guerreiros Rückkehr aus dem Urlaub vor allem vom Portugiesen (Vertrag bis 2023) eine schnelle Beendigung des Schwebezustands und drängt auf eine Entscheidung.
Wohl kein BVB-Budget für die rechte defensive Außenbahn
Zuvor wird allenfalls die Verpflichtung von Sebastien Haller (Ajax Amsterdam) als Ersatz für Erling Haaland auch offiziell vollzogen. Das dürfte in der kommenden Woche passieren. Für die rechte defensive Außenbahn dürfte so oder so kein zusätzliches Budget vorhanden sein. Auch möchte der Klub Semics Entwicklung abwarten. Im Emre Can stünde zudem noch ein etablierter Spieler als Notnagel parat.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
