
BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl muss im Transferpoker kühlen Kopf bewahren. © imago / foto2press
BVB prüft mehrere Optionen bei der Stürmersuche – Problemfälle Akanji und Schulz
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund sucht weiter einen Mittelstürmer als Ersatz für den erkrankten Sebastien Haller – und Abnehmer für Wechselkandidaten im eigenen Kader. Der BVB-Stand der Dinge.
Borussia Dortmunds Trainer Edin Terzic traf angesichts des menschlichen Dramas um den erkrankten Stürmer Sebastien Haller den richtigen Ton. „Er darf leider nicht mit uns spielen“, sagte der 39-Jährige.“ „Das hindert uns aber nicht daran, für ihn zu spielen.“ Im Kader wird Haller als Mensch vermisst, bis er hoffentlich sein Comeback feiern darf. Sportlich muss der Blick nach vorne gehen. Die Suche nach einen Ersatzmann läuft weiter auf Hochtouren. Mit den üblichen Mechnanismen.
Simeone-Gerüchte ohne Substanz – Modeste würde ins BVB-Profil passen
Von der Tatsache, dass der BVB einen Stürmer sucht, hat natürlich die gesamte Branche mitbekommen. Nicht wenige Berateragenturen sind bemüht, ihre Spieler mit dem BVB in Verbindung zu bringen. In Spanien meldete die „Marca“, am Donnerstag wollten sich Dortmunds Verantwortliche in Italien mit Vertretern von Hellas Verona und Torjäger Giovanni Simeone (27) treffen. Doch das gemunkelte Interesse bestand wohl in erster Linie darin, den Argentinier interessant zu machen. Bei dieser Personalie handelt es sich nach Informationen der Ruhr Nachrichten schlicht um eine Fehlinformation. Giovanni Simeone, Sohn des bekannten Trainers Diego Simeone, hätte auch nur begrenzt ins gesuchte Profil gepasst.

Kein Kandidat beim BVB: Giovanni Simeone. © imago / Shutterstock
Mehr Kreuzchen ließen sich bei der Liste der gewünschten Kriterien bei einem anderen Kandidaten machen: Anthony Modeste (34) kennt die Bundesliga aus knapp 200 Spielen sehr gut, für den 1. FC Köln erzielte er vergangene Saison 23 Tore in 35 Partien. Er ist groß (1,87 Meter), kopfballstark, ausreichend schnell und auch mit dem Rücken zum Tor sowie bei hohen Bällen anspielbar. In Dortmund wurde der Name besprochen.
Dem BVB sind bei der Stürmersuche finanziell die Hände gebunden
Ob der „Effzeh“ den Oldie ziehen lässt und zu welchen Konditionen, wäre Verhandlungs- und Überzeugungssache. In Köln möchte man das Gehaltsniveau senken, Modeste gehört mit kolportierten 3,5 Millionen Euro zu den Großverdienern. Der Franzose gilt als launiger Typ – wäre aber eine Soforthilfe für die vakante Position.

Kölns Anthony Modeste würde ins BVB-Profil passen. © dpa
Beim BVB lässt man sich weiter nicht in die Karten schauen bis hin zur Einräumung, dass zwei, drei Optionen geprüft und vorbereitet würden. Ein Leihgeschäft käme wohl ebenso in Frage wie ein Vertrag mit sehr kurzer Laufzeit. Für manche mit der Bundesliga vertraute Stürmer wie Jhon Cordoba (29, FK Krasnodar), Krzysztof Piatek (Hertha BSC) oder Arkadiusz Milik (28, Olympique Marseille) spricht mehr ihre Verfügbarkeit als ihre Qualität. Gealterte Stars wie Edinson Cavani oder Edin Dzeko kann und will sich der BVB aktuell nicht leisten.
Akanji und Schulz sind weiterhin keine Optionen für den BVB-Kader
So schwierig auf der Zugangsseite die Suche nach einem Haller-Ersatz aktuell ist, so wenig Bewegung gibt es auf der Abgabeseite. Auch am Dienstag standen Manuel Akanji und Nico Schulz, die beiden offensichtlichsten Kandidaten für einen Vereinswechsel, in Dortmund auf dem ordentlich aufgeheizten Trainingsrasen und schwitzten bei Steigerungsläufen und einer intensiven Acht-gegen-Acht-Spielform.

Die BVB-Suche nach einem Abnehmer für Manuel Akanji (M.) dauert an. © Groeger
Seit dem ersten Testspiel ist Borussia Dortmund den Weg konsequent gegangen, mit Spielern, die für die Zukunft keine Rolle mehr spielen, nicht auf aktuelle Notstände zu reagieren. Schulz war im Trainingslager in der Schweiz kein Thema für die Partien gegen Valencia und Villarreal, obwohl U19-Nachwuchsspieler Tom Rothe mit einer Muskelverletzung ausfiel. Trainer Terzic ließ stattdessen Prince Aning aus der BVB-U23 einfliegen, um einen regulären Trainings- und Spielbetrieb zu gewährleisten.
BVB-Kandidat David Raum unterschreibt bei RB Leipzig
Ähnlich verhält es sich mit Akanji, der verglichen mit Schulz noch einen Sonderfall darstellt, weil er mit seiner Qualität der Borussia unzweifelhaft weiterhelfen könnte. Akanji hat wie Schulz in keiner Vorbereitungspartie gespielt, trotz des Ausfalls von Niklas Süle will die sportliche Führung vorerst an dieser Marschroute festhalten – eine Vorgehensweise nicht ganz ohne Risiko, wenn sich während eines Spiels ein weiterer Innenverteidiger verletzen sollte.
Weiterhin herrscht bei den Wechsel-Kandidaten Stillstand in Sachen Luftveränderung. Nicht Akanji wird beim FC Sevilla als möglicher Ersatz für den zum FC Barcelona abgewanderten Jules Kounde gehandelt, sondern der Ex-Schalker Thilo Kehrer, seit Kurzem bei Paris St. Germain vom neuen Trainer Christophe Galtier ausgemustert. Dass sich für den 27-jährigen Akanji bislang kein Interessent gefunden hat, der vor allem seinen Vorstellungen entspricht, hat Borussia Dortmund kalt erwischt – und auch mit dazu beigetragen, dass Linksverteidiger-Kandidat David Raum nun in Leipzig statt in Dortmund gelandet ist. Ohne Erlöse aus einem Akanji-Transfer konnte Dortmund nicht gegen RB mitbieten.
BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl muss sich in Geduld üben
Knapp vier Wochen vor Ende der Sommer-Transferperiode muss sich Sportdirektor Sebastian Kehl also weiter in Geduld üben – und darauf hoffen, dass sich mit Saisonstart, womöglich auch durch Verletzungen, irgendwo eine Lücke auftut und ein Bedarf entwickelt. Auch der „Worst Case“ ist allerdings längst nicht mehr ausgeschlossen. Und wie der BVB mit Akanji und Schulz verfahren wird, wenn das Transferfenster am 1. September schließt, ist eine spannende Frage. Vor allem bei Akanji geht es auch darum, den Spieler dann für die kommende Transfer-Periode im Winter interessant zu halten. Den Schweizer konsequent weiter auf die Tribüne zu setzen, würde seinen Marktwert kaum steigern.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.

Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
