BVB-Profi Brandt schaltet nach dem Titel-Trauma in den Angriffsmodus „Noch einen draufsetzen“

BVB-Profi Brandt schaltet nach dem Titel-Trauma in den Angriffsmodus: „Noch einen draufsetzen“
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Im Gesicht von Julian Brandt hat die kalifornische Sonne eine leicht rote Färbung hinterlassen. Sein Hauttyp reagiert etwas empfindlicher auf die Einstrahlung als andere. Wer daraus schließt, beim 27-Jährigen hätte auch das dramatische Meisterschaftsfinale mit traumatischem Ausgang für Borussia Dortmund Spuren hinterlassen, liegt falsch. Von Titelfrust ist gar keine Rede. Brandt hat nach kurzer Bedenkzeit längst wieder in den Angriffsmodus geschaltet. Trotzreaktion statt Lamento.

BVB-Profi Brandt: „Unfassbare Motivation“

„Ich hatte das Verlangen danach, an einen ruhigen Ort zu fahren, um mir Gedanken zu machen“, berichtet Brandt in den USA über die ersten Tage der Verarbeitung. Als er nach der Länderspiel-Pflicht im Juni dann mit seinem BVB- und DFB-Kollegen Nico Schlotterbeck zusammensaß, benötigte es keine Paar-Therapie. „Wir waren uns schnell einig: Urlaub macht Spaß, aber wenn es nach uns geht, hätten wir am liebsten morgen das Spiel zu Hause gegen Köln. Bei mir ist es innerhalb weniger Wochen von einer absoluten Enttäuschung zu einer unfassbaren Motivation geworden. Die habe ich nach wie vor.“

Wie die Nur-beinahe-Meister mit dem dramatischen Scheitern Ende Mai umgehen, als Borussia Dortmund am finalen Spieltag durch das 2:2 gegen den FSV Mainz 05 noch die Schale fallenließ, nachdem das Siegerpodest bereits im Stadion aufgebaut war, unterscheidet sich. Einige Spieler hadern noch. Manche machen die Bewältigung mit sich selbst aus. Andere können längst wieder nach vorne blicken. Motto: Aus Niederlagen lernt man am meisten. Aufstehen. Krone richten. Weitermachen!

Brandt will beim BVB Verantwortung übernehmen

Wer Julian Brandt schon länger zuhört und beobachtet, realisiert bei dem über Jahre mit so wechselhaften Leistungen auftretenden Spaßfußballer eine bemerkenswerte Entwicklung. Trotz seiner besten, weil konstantesten BVB-Saison hat der gebürtige Bremer seine eigenen Ansprüche noch längst nicht erfüllt. Aus der hochbegabten Eintagsfliege ist durch sportliche (Defensivzweikämpfe), private (Ernährung) und mentale (Erfolgsgier) Fortschritte kein anderer Mensch geworden, aber ein stärkerer Sportler. Einer, der nicht angestachelt und mitgezogen werden muss, sondern einer, der den Vorsatz mit Leben füllen will, dass er anführt. Auf seine Weise.




„Man geht immer davon aus, dass ein Führungsspieler laut auf dem Platz ist, vielleicht auch mal jemanden umhaut. Das ist nicht meine Natur und war es auch nie“, betont er. Trotzdem stelle er selbst fest, „dass sich etwas getan hat. Ich habe in diesem Jahr schon mehrfach in der Kabine zur Mannschaft gesprochen, bevor wir rausgegangen sind. Das sind für mich Momente, in denen ich Verantwortung übernehmen möchte.“ Es benötige in der Mannschaft nicht nur den einen Wortführer, den einen Kapitän. „Es ist wichtig, dass wir einen Kern in der Mannschaft haben, bei dem sich viele Jungs in der Verantwortung sehen.“ Brandt macht leicht Appetit: „Der Gruppe würde ich mich gern anschließen.“ Als Teil des neuen Mannschaftsrats sind die Voraussetzungen gegeben.

Brandt hat seinen BVB-Vertrag verlängert

Weil zum Besteck des Nationalspielers mehr die feine Klinge als die Sense gehört, sieht er in der kreativen Zubereitung sein Metier. Neun Tore und acht Vorlagen sind ihm in der Bundesliga-Serie 2022/23 gelungen. Um mindestens drei Scorerpunkte hat er seine eigene gesetzte Marke unterboten. „Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, bei Toren und Torvorlagen zweistellig zu sein. Es hat mich angekotzt, dass das nicht geklappt hat.“ Der neue Brandt macht Ernst und bläst zur Attacke. „Ich möchte gern noch einen draufsetzen.“ Für ihn persönlich sei es wichtig, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Dadurch kann ich der Mannschaft einen Mehrwert geben.“

Julian Brandt stellt seinen Koffer auf eine Ablage.
Mit guter Laune auf dem Weg nach San Diego: Julian Brandt. © BVB / Alexandre Simoes

Im April haben Sebastian Kehl und Brandt ihre Unterschrift unter einen neuen Vertrag gesetzt, der bis 2026 Gültigkeit besitzt. Für den BVB-Sportdirektor gehört der Blondschopf im zentralen und offensiven Mittelfeld zu den Fixpunkten der Mannschaft der nächsten Jahre. Brandt ist sich selbst treu geblieben – und doch ein anderer geworden.

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