Niemand folgte dem Kommando des Präsidenten. Dr. Reinhard Rauball stand am Bühnenrand und versuchte per eindeutiger Geste, die Ovationen für ihn zu beenden. Doch die Mitglieder des BVB klatschten und sangen einfach unbeirrt weiter. Minutenlang applaudierten 1000 Dortmunder am Sonntagnachmittag stehend jenem Mann, der gerade seine eigene Ära beendet hatte. Nach drei Amtszeiten und insgesamt 23 Jahren als Präsident des BVB verabschiedet sich Rauball auf der Mitgliederversammlung in der Westfalenhalle.
Rauball: „Dankbar für jeden Tag beim BVB“
„Es war schön. Danke.“ Mit diesen Worten ging eine einzigartige Präsidentschaft zu Ende. Eine Zeit, die große Erfolge brachte wie Deutsche Meisterschaften und Pokalsiege. Aber auch „Dramatik, die mir den Schlaf geraubt hat“, wie der 75-Jährige gestand. Im Schicksalsjahr 2004, kurz vor dem finanziellen Kollaps, „da haben wir in den Abgrund gesehen. Aber wir sind zurückgekommen durch harte Arbeit, Leidenschaft und die Rückbesinnung auf die Werte des BVB.“ Er sei heute stolz auf das gemeinsam Erreichte, darauf, dass der BVB ein Aushängeschild der Stadt Dortmund und ein Mythos in Schwarzgelb sei. „Ich hatte großes Glück, dass ich das schönste Amt im deutschen Fußball, Präsident von Borussia Dortmund zu sein, so lange ausüben durfte. Und ich bin dankbar für jeden Tag im Dienste des BVB“, sagte Rauball.

Der Jurist habe die Präsidentschaft der Borussia einst gar nicht übernehmen wollen. Er habe zuerst klar Nein gesagt, als er von den BVB-Verantwortlichen damals dazu gefragt wurde. Dann, jedoch, so verriet er am Sonntag, habe er eine unbedachte Bemerkung gemacht: „Wenn Sie aber keinen finden, können Sie ja nochmal vorbei kommen.“
Silke Seidel neue BVB-Vizepräsidentin
Rauball war noch ein Mal in seinem Element. Er führte souverän und humorvoll durch die Versammlung, dankte Weggefährten und Helfern und machte dann seinen Sessel auf der Bühne frei für seinen Nachfolger: Dr. Reinhold Lunow, den Rauball selbst dem BVB-Wahlausschuss empfohlen hatte, wurde einstimmig für drei Jahre zum neuen Präsidenten gewählt. Erste Amtshandlung Lunows, der zuvor Rauballs Stellvertreter gewesen war: Eine Satzungsänderung einstimmig durchzubringen, einen Ehrenpräsidenten durch die Mitgliederversammlung küren lassen zu können – etwas, das es beim BVB zuvor nicht gegeben hatte. Minuten später war Reinhard Rauball erwartungsgemäß erster Ehrenpräsident der Schwarzgelben, die mit 168.131 Mitgliedern einen neuen Rekord vermeldeten, in Silke Seidel nun eine neue Vizepräsidentin haben und ihren neuen Grundwertekodex beschlossen.

Doch die Bühne gehörte am Sonntag bis zum Schluss dem „ewigen Retter“ der Borussia. „Wir hatten nie ein Zerwürfnis, das Verdienst liegt eindeutig bei dir, du warst immer der Vernünftigere von uns beiden“, betonte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Reinhard, du bist als Mensch und Borusse ein ganz, ganz Großer.“ Der sichtlich gerührte Rauball und Watzke umarmten einander auf der Bühne. Fanvertreter Jakob Scholz hob hervor, dass alle Borussen dem Ehrenpräsidenten „zu größtem Dank verpflichtet“ seien: „Sie tragen Borussia Dortmund im Herzen – und der Verein trägt Sie im Herzen.“
Rauball nun Ehrenpräsident des BVB
Wirklich gehen lassen will der BVB seine Führungskraft jedoch nicht. Reinhold Lunow richtete sich an seinen Vorgänger und Freund Rauball: „Ich wünsche mir, dass du mir als Ehrenpräsident mit Rat und Tat zur Seite stehen kannst. So viel Erfahrung, Wissen und Leidenschaft für den BVB darf nicht verloren gehen.“
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