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BVB-Neuzugang Niklas Dams: „Von Lucien Favre habe ich viel gelernt“
Borussia Dortmund II
Routinier Niklas Dams soll der U23 von Borussia Dortmund in der kommenden Saison Stabilität verleihen. Im Interview spricht der 30-Jährige über seine Karriere - und Lucien Favre.
Als wir Niklas Dams telefonisch erreichen, ist er zunächst nur schwer zu verstehen. Es rumort im Hintergrund. Dams, 30 Jahre alt und von Wehen Wiesbaden zu Borussia Dortmunds U23 gewechselt, zieht gerade um. Für das Interview nimmt er sich trotzdem Zeit. Dams spricht über seine bisherige Karriere, seinen früheren Förderer Lucien Favre und neue Aufgaben.
Bei Borussia Dortmunds U23 sind Sie der Alterspräsident. Wie fühlen Sie sich in dieser Gruppe voller Jungspunde?
Ich fühle mich ganz normal. Grundsätzlich bleibt man als Fußballer eher jung. In Wiesbaden kamen Jahr für Jahr jüngere Spieler hinzu. Ich bin es also gewöhnt, einer der Älteren zu sein. Grundsätzlich kam ich mit allen gut zurecht. Davon gehe ich auch in Dortmund aus.
Die Situation beim BVB ist aber etwas spezieller. Sie haben sich schließlich einer U23 angeschlossen.
Natürlich ist es eine Umstellung. Hier habe ich keinen Ansprechpartner, der älter ist als ich. Franz Pfanne ist mit 25 Jahren der zweitälteste Spieler im Kader. Das macht mir aber nichts aus. Ich freue mich eher, mit den jungen Spielern zusammenzuarbeiten.
Kommt Ihnen jetzt eine besondere Rolle zu?
Es ist schon so gedacht, dass ich für die jungen Spieler eine Ansprechperson bin. Ich soll meine Erfahrungen weitergeben. Manche Spieler haben das auch schon genutzt für die eine oder andere Frage, sei es privat oder fußballbezogen. Der Austausch ist bereits jetzt sehr gut.
Sollen Sie der verlängerte Arm von Trainer Enrico Maaßen werden? Wurde das so klar in den Vertragsgesprächen kommuniziert?
Exakt in dem Wortlaut haben wir das nicht besprochen. Dass die Verantwortlichen aber glauben, dass mindestens ein erfahrener Spieler auf dem Platz sein sollte, wurde schon deutlich. Ich sehe meine Aufgabe unter anderem darin, auf dem Platz zu coachen - und Einfluss zu nehmen in Situationen, die der Trainer von außen vielleicht nicht so gut beeinflussen kann.
Haben Sie diese Aufgabe jetzt schon inne? Oder müssen Sie sich erst zurechtfinden in der neuen Umgebung?
Auf dem Platz spreche ich grundsätzlich viel. Ich bin zwar nicht der klassische Lautsprecher, den jeder Zuschauer auf der Tribüne hören kann. Ich versuche aber immer, aufzumuntern, Tipps zu geben und positiv zu sein. Ich will ein Team führen, auch taktische Hinweise geben. In diese Aufgabe muss ich nicht groß hineinwachsen. Aber natürlich muss ich mich ins Team integrieren. Das ist klar.
Kürzlich waren Sie mit der Mannschaft im Trainingslager.
Für mich war das ein echter Kaltstart (lacht). In der WhatsApp-Gruppe hatte ich mich zwar kurz vorgestellt, das war es dann allerdings auch. Am Tag der Abreise nach Österreich habe ich die allermeisten Spieler zum ersten Mal gesehen. Es gibt aber wohl keine bessere Gelegenheiten, als sich im Trainingslager kennenzulernen.
Wie unterscheidet sich die Dortmunder U23 von den Seniorenmannschaften, in denen Sie zuletzt gespielt haben?
In dieser U23 ist die technische Ausbildung ausgesprochen gut. Fußballerisch sind die Jungs sehr stark - und im Schnitt wohl besser, als einige meiner früheren Kollegen. Ingesamt fehlt den meisten Spielern aber natürlich noch einiges. Das ist völlig normal. Die wenigsten Spieler sind körperlich und mental sofort bereit für den Herrenfußball. Wir wollen zusammen diese Entwicklung vollziehen. Mentalität kann Qualität oftmals schlagen. Wir müssen deshalb beides aufs Feld bringen.
Ihr Karriere haben Sie bei Borussia Mönchengladbachs U23 gestartet.
In gewisser Weise schließt sich jetzt der Kreis. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich nach der Station beim BVB meine Karriere beenden werde. In der U23 habe ich aber meine ersten Schritte im Herrenbereich gemacht.
Sie haben damals einen Profivertrag unterschrieben und unter Lucien Favre trainiert. Welche Eindrücke haben Sie vom jetzigen BVB-Cheftrainer gesammelt?
2011 habe ich den Profivertrag unterschrieben, war dann zwei Jahre durchgängig bei den Profis dabei. Nur die Spiele habe ich bei der U23 gemacht. Lucien Favre durfte ich also quasi alltäglich erleben. Er war einer der wichtigsten Trainer, die ich in meiner Karriere hatte. Als junger Spieler habe ich mich häufiger geärgert, keinen Platz im Profi-Kader bekommen zu haben. Vor allem im Nachhinein konnte ich seine Arbeit richtig wertschätzen.
Inwiefern?
Er hat mich häufig nach den Einheiten zu sich gerufen - und dann haben wir noch trainiert, wenn die anderen Spieler schon längst vom Hof gefahren waren. Ich habe viel von ihm gelernt. Zum Beispiel hat er immer wieder darauf hingewiesen, in Bewegung und auf den Zehenspitzen zu bleiben. Favre hat klar gemacht, dass die Reaktionszeit deutlich länger ist, wenn ein Spieler mit dem gesamten Fuß auf dem Boden steht. Außerdem legte er sehr viel Wert auf den ersten Kontakt. Daran habe ich viel gearbeitet. Manchmal ist ein guter erster Kontakt und ein schneller zweiter besser als der Direktpass. Das hat mir Favre beigebracht.

Über Lucien Favre sagt Niklas Dams (M.): „Er war einer der wichtigsten Trainer, die ich in meiner Karriere hatte.“ © imago / Moritz Müller
Auf Favres Empfehlung sind Sie dann zu Servette Genf gewechselt. Wie kam es dazu?
Sein Sohn hatte in Genf den Sportdirektor-Posten übernommen. Wegen Lucien Favre konnte ich zum Probetraining gehen. Eigentlich kannte mich dort ja niemand. Anschließend habe ich einen Vertrag unterschrieben - und eine sehr schöne Zeit gehabt. Zum einen ist die Lebensqualität sehr hoch, Genf ist wunderschön. Zum anderen waren die sportlichen Erfahrungen wichtig. Die Art und Weise des Fußballspiels war anders. In Deutschland war der Fußball damals taktisch geprägt. In der Schweiz waren die Spieler wiederum technisch sehr, sehr gut. Die Jungs, die dort aus der Jugend kamen, konnten Dinge mit dem Ball anstellen - das kannte ich nicht aus Gladbach.
Nach Ihrer zweiten Saison in der Schweiz sind Sie wegen des Zwangsabstiegs von Servette Genf weitergezogen.
Genau, es war nicht mein Anspruch, in der dritten Schweizer Liga zu spielen. Außerdem wollten die Verantwortlichen den Neustart mit vielen Eigengewächsen angehen.
Fünf Jahre waren Sie anschließend bei Wehen Wiesbaden, haben zuletzt 27 Mal in der 2. Bundesliga gespielt - und sind letztlich abgestiegen. War es trotzdem eine gute Zeit?
Absolut. In Wiesbaden habe ich vieles erlebt. Ich habe mit der Mannschaft einmal in letzter Sekunde den Nichtabstieg geschafft, bin einmal aufgestiegen, einmal abgestiegen. Es gab viele Tiefen - und noch mehr Höhen.
Von der Wiesbadener Lokalzeitung wurden Sie mal als „Mister Zuverlässig“ bezeichnet. Welche Ansprüche haben Sie an Ihre Leistung auf dem Rasen?
Wenn wir gewinnen und wir kassieren kein Gegentor, bin ich erst einmal froh. Persönlich will ich sowohl mit als auch ohne Ball Einfluss nehmen. Ich will sauber verteidigen - und Angriffe einleiten. Mir reicht es auf jeden Fall nicht, Bälle nur nach vorne zu kloppen.
Sie waren Leistungsträger in Wiesbaden. Warum haben Sie sich ein Jahr vor Vertragsende für den Wechsel zu Dortmunds U23 entschieden?
Ich und meine Frau hatten schon länger im Kopf, wieder in die Heimat zu kommen. Meine Tochter wurde jetzt eingeschult, sie soll nicht andauernd die Schule wechseln. Außerdem hatten die Kinder sehr oft geäußert, dass sie ihre Verwandten vermissen. Unter anderem aus diesen Gründen haben wir uns für den Schritt entschieden. Gebürtig komme ich aus Ratingen, wohne jetzt in Düsseldorf. Dass ich eine Stunde zum BVB-Trainingsgelände fahren muss, ist überhaupt kein Problem.
Was erwartet Sie und Ihre jungen Kollegen demnächst in der Regionalliga?
Wir werden gegen Mannschaften spielen, die körperlich robust sind - und damit auch gegen uns punkten wollen. Darüber hinaus gibt es Teams wie Rot-Weiss Essen, die fußballerisch mithalten können. Davon gehe ich aus, auch wenn ich mir die Regionalliga West seit längerem nicht mehr intensiv angeschaut habe.
Welche Ziele verfolgen Sie bei der schwarzgelben Borussia?
Ich möchte Teil einer Mannschaft sein, die sich innerhalb der Saison entwickelt. Wenn wir es schaffen, unser Potenzial auszuschöpfen, haben wir sehr gute Möglichkeiten, jedes Spiel zu gewinnen. Ein konkretes Saisonziel habe ich mir aber nicht gesteckt. Das kommt von ganz allein. Wir wollen erst mal gut in die Saison starten.
Manche werten die Verpflichtungen von Trainer Enrico Maaßen und Ihnen als wichtige Puzzlestücke, um den Drittliga-Aufstieg nach zuletzt durchwachsenen Spielzeiten wirklich in Angriff zu nehmen.
Wir möchten natürlich erfolgreich sein, das möchten allerdings alle Teams. Wir schauen von Spiel zu Spiel und versuchen, erst einmal gut in die Saison zu starten.
Schreibt seit 2015. Arbeitet seit 2018 für die Ruhr Nachrichten und ist da vor allem in der Sportredaktion und rund um den BVB unterwegs.
