
© AFP
BVB-Lehren aus dem Topspiel gegen Bayern: Das schlägt Erling Haaland vor
Borussia Dortmund
Wer knapp scheitert, darf enttäuscht sein. Doch den guten Auftritt gegen den FC Bayern kann der BVB auch als Antrieb nutzen – wenn er auf Erling Haaland hört.
Erling Haaland führte Daumen und Zeigefinger der rechten Hand zusammen, nur ein Zentimeterchen Luft blieb noch dazwischen frei. Er wollte nicht anzeigen, wie knapp er einen weiteren Torerfolg verpasst hatte, sondern anzeigen, wie eng er den Ausgang des Bundesliga-Topspiels gegen den FC Bayern erlebt hatte. Borussia Dortmund sei „so nah“ drangewesen, meinte der Torjäger, und schöpfte aus dem Frust und der Enttäuschung sogleich Anspruch und Motivation.
„Wir müssen endlich mehr aus den Spielen gegen München herausholen“, forderte Haaland nach der Niederlage des BVB gegen den FC Bayern München. Es werde Zeit, die Mannschaft in diesem Punkt voranzubringen. „Wir müssen noch härter an uns arbeiten, um dieses letzte Prozent aus dem Team herauszuholen, um so gut zu werden wie sie.“ Auch BVB-Trainer Lucien Favre, der nach dem aufopferungsvollen Kampf seiner Spieler diesmal weit außerhalb jeder Kritik stand, betonte: „Es liegt an nicht viel.“
BVB will dem FC Bayern im Nacken sitzen
Ärger und auch Desillusionierung auf der einen Seite, wieder einmal nach einem Spiel gegen die Weltklasse-Bayern. Aber auch Respekt und Antrieb auf der anderen Seite, und das war nicht immer so in den vergangenen Jahren, nachdem sich die beiden deutschen Spitzenmannschaften im direkten Duell gegenüberstanden. Dortmund kann den Münchnern gefährlich werden, diese Erkenntnis muss der BVB mitnehmen in die nächsten Wochen. Wenn Leistung und Leidenschaft so im Einklang stehen wie am Samstag, wird die Elf von Trainer Lucien Favre die überwältigende Zahl der Bundesliga-Partien für sich entscheiden, den nächsten Entwicklungsschritt vollziehen und den Bayern im Nacken sitzen.
Vor wenigen Jahren, dieser berechtigte Einwand war am Wochenende zu vernehmen, hätten die Fans und der BVB sich für diesen mitreißenden Fußballabend gefeiert, die Dortmunder hatten die Bayern mit ihrer Topleistung ebenfalls zu einer Topleistung gezwungen. Man mag es schade finden oder auch nicht, aber die Erwartungshaltung ist inzwischen dermaßen hoch angesiedelt im Westfälischen, dass nach einem packenden 2:3 gegen den amtierenden Champions-League-Sieger befremdlich schnell zur Tagesordnung übergegangen wird. Diese Attitüde haben sich die „maximal ambitionierten“ Dortmunder (O-Ton Hans-Joachim Watzke) angeeignet. Der Stern des Südens ist auch für den BVB immer noch der Fixstern. „Es wäre wichtig, die Bayern auch mal wieder zu schlagen“, hatte sich Julian Brandt gewünscht. Es ist nicht gelungen.
Die BVB-Lernkurve zeigt nach oben
Doch aus Frust kann auch Lust werden. Katzenjammer ist nach diesem Spiel unangebracht. Borussia Dortmunds Lernkurve zeigt unübersehbar nach oben, die Gier auf Erfolg ist – wenn man unrühmliche Ausnahmen wie bei den Pleiten in Augsburg oder Rom außen vor lässt – in dieser Mannschaft spürbar. Es sei von essenzieller Wichtigkeit gewesen, im vergangenen Winter mit Typen wie Erling Haaland und Emre Can dem Kader mehr Pep und Power zu verleihen, sagte Mats Hummels, auch Thomas Meunier reiht der Abwehrchef in die Riege derjenigen ein, die das Niveau in jedem Training nach oben drücken.
Denn viel läuft ja bisher richtig in dieser schwarzgelben Saison: Auf die Ausrutscher, siehe oben, folgten die richtigen Reaktionen, das strukturierte Defensivverhalten haben nur die Über-Bayern durcheinanderwirbeln können, im Angriff ist der BVB schon bockstark – und mehrere Offensivspieler haben noch gehörig Luft nach oben gelassen.
Bei Borussia Dortmund herrscht eine positivere Grundstimmung
Auf Tabellenplatz drei geht der BVB in die zehntägige Länderspielphase, mit 15 Zählern aus sieben Spielen stehen drei Punkte mehr auf dem Konto als im Vorjahr und es herrscht, sobald die Niederlage vom Wochenende verdaut ist, eine spürbar positivere Grundstimmung.
Nach der Länderspielphase wolle er „jedes Spiel bis Weihnachten gewinnen“, sagte Erling Haaland. Gelingt dem BVB das, wäre der Abstand zu den Bayern definitiv nicht größer als der Platz zwischen zusammengeführtem Daumen und Zeigefinger.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
