BVB-Keeper Roman Bürki stellt sich im Video-Interview den Fragen der Journalisten. © Screenshot/BVB

Video-Interview

BVB-Keeper Bürki: „Der Ruf des Fußballprofis kommt nicht von ungefähr“

Roman Bürki spricht über die Bundesliga-Pause in Zeiten des Coronavirus. Der BVB-Torwart hofft, dass bald wieder gespielt werden kann. Ein Interview per Video-Konferenz.

Dortmund

, 07.04.2020 / Lesedauer: 7 min

Roman Bürki hat eine Premiere hinter sich. Der 29-jährige Torhüter hat am Dienstag das erste BVB-Interview der Vereinsgeschichte per Video-Konferenz gegeben. Ausgewählte Medienvertreter konnten sich zuschalten und nacheinander Fragen stellen. Tobias Jöhren hat für diese Redaktion mitgeschrieben – und zwar Roman Bürkis Antworten auf seine eigenen Fragen und auf die der Kollegen.

Wie war die Zeit zu Hause ohne Mannschaftstraining und ohne Teamkollegen in den vergangenen Wochen?

Es war natürlich speziell, die ganze Zeit nur zu Hause zu sein. Mir wurde ziemlich schnell langweilig, um ehrlich zu sein. Ich habe angefangen, Bücher zu lesen, was unüblich für mich ist, weil ich dann doch eher der Typ bin, der viel Playstation spielt und Serien schaut. Ich war froh, dass meine Freundin bei mir war und wir auch mal ein Spiel spielen konnten. Und ich war froh, dass wir Hausaufgaben bekommen haben und die Möglichkeit hatten, in Zweiergruppen bei uns im Kraftraum auf dem Trainingsgelände zu trainieren. Es war keine schöne Zeit, aber andere Leute hat es natürlich viel schlimmer erwischt.

Was glauben Sie, was Sie als Profisportler, der auf regelmäßiges Training angewiesen ist, in dieser Zeit an Verfassung verloren haben?

Ich kann nur für uns Torhüter sprechen. Ich habe natürlich ein bisschen das Gefühl für den Ball verloren, aber das kommt schnell zurück. Was noch ein bisschen fehlt, sind die Abläufe beim Springen. Aber auch das wird mit der Zeit wiederkommen. Für mich persönlich ist diese Pause relativ schnell aufzuholen. Für die Feldspieler ist es vielleicht ein bisschen schwieriger.

Wie haben Sie sich sonst so die Zeit im Homeoffice vertrieben?

Ich habe mir sehr viele Youtube-Videos angeschaut, was torwartspezifisch alles so passiert ist in der jüngeren Vergangenheit und was man als Torwart alles so zu Hause machen kann. Ich kenne natürlich auch noch ein paar Übungen von früher. Mein Vater war ja auch Torwarttrainer. Einen Ball hat man als Fußballer ja außerdem immer zu Hause. Man muss sich halt zu beschäftigen wissen. Nur zu Hause rumsitzen und nichts machen, nur am Handy hängen, das geht auch nicht. Ich habe versucht, Fitness zu treiben und mit dem Ball ein paar Sachen zu simulieren.

Bayern München nutzt die Bundesliga-Pause, um Fakten zu schaffen. Es wurde mit Trainer Hansi Flick verlängert, es wurde mit Thomas Müller verlängert. Auch Sie verhandeln mit dem BVB über einen neuen Vertrag. Wie ist da der aktuelle Stand?

Wir haben zusammen entschieden, dass wir erst nach dieser schwierigen Zeit wieder darüber sprechen – oder wenn sich die Situation ein bisschen beruhigt hat. Im Moment gibt es wichtigere Dinge. Ich möchte einfach nur, dass alle Menschen wieder gesund sind und wir wieder Fußball spielen können.

Machen Sie sich darüber Gedanken, ob es nach der Pause wegen des Coronavirus in puncto Verträgen und Gehältern anders weitergehen wird als vor der Pandemie?

Ich haben mir darüber noch keine großen Gedanken gemacht. Ich glaube, zwischen Borussia Dortmund und mir ist es keine Frage des Geldes. Überhaupt nicht. Natürlich tauschen wir uns aus, was möglich ist. Wir haben uns da aber noch nicht gefunden. Jetzt in der Corona-Pause ist das nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist, dass wir eine gute Lösung finden für den Klub und der Verein gut durch diese schwierige Phase kommt. Danach werden wird weitersprechen. So ist es ausgemacht.

Wie ist es, wenn man sich als Sportler auf etwas vorbereitet und damit rechnet, dass es irgendwann wieder losgeht. Im Moment ist es aber so, dass sich die Nachrichtenlage derzeit fast täglich ändert. Wie schwer ist es, den Fokus zu bewahren, damit man sein Top-Level erreicht?

Es ist schon schwer, da bin ich ganz ehrlich. Man sieht das auch im Training aktuell. Wir versuchen, den Spaßfaktor hochzuhalten, kleine Wettkämpfe zu veranstalten, aber natürlich denkt man darüber nach, wann es denn eigentlich so richtig weitergeht. Niemand hat eine Antwort darauf. Ich weiß nicht, ob sich die Lage wirklich schon verbessert hat. Es ist schwierig vorherzusehen, was passieren wird. Wir müssen einfach versuchen, uns bestmöglich fitzuhalten, damit wir bereit sind, wenn es irgendwann weitergeht.

Wie intensiv verfolgen Sie die aktuelle Nachrichtenlage?

Sehr. Ich will schon wissen, was los ist. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Und ich lese auch sehr viele positive Nachrichten. Über Spendenaktionen, über Hilfsangebote, über den Einsatz von Krankenschwestern und Krankenpflegern – und es tut gut, auch solche Nachrichten zu lesen neben all den schlingen Dingen, die gerade auf der Welt passieren.

Sie kennen die Atmosphäre bei Geisterspielen seit dem Achtelfinal-Rückspiel in Paris. Wie haben Sie dieses Geisterspiel erlebt?

Das Spiel in Paris war von der Stimmung her ja noch ein bisschen anders. Wir haben die Fans, die vor dem Stadion ein Feuerwerk abgebrannt haben, sehr laut gehört. Trotzdem war es überhaupt nicht angenehm, in einem leeren Stadion zu spielen. Aber wenn es der einzige Weg ist, um wieder zu spielen, dann muss es so sein. Wir wollen wieder spielen – und ich glaube, die Zuschauer würden sich auch freuen, wenn sie im Fernsehen wieder Fußball schauen könnten. Deshalb würden wir auch Spiele ohne Zuschauer austragen. Es geht dabei um viele Arbeitsplätze. Ich hoffe daher, dass wir schnellstmöglich wieder Spiele austragen können, zur Not ohne Zuschauer, und damit ein Zeichen setzen, dass alles wieder ein bisschen besser wird.

Mit den Erfahrungen aus Paris. Haben Sie den Eindruck, dass man sich als Profifußballer auf Geisterspiele besonders vorbereiten kann oder muss?

Ich glaube schon, dass wir uns speziell darauf vorbereiten müssen. Vielleicht müssen wir öfter bei uns im Stadion trainieren, weil die Situation einfach besonders ist. In Paris war es auch so. Ich glaube, kein Spieler konnte das abrufen, was er eigentlich kann, weil es einfach eine ganz andere Situation war als sonst. Ich bin überzeugt, dass wir mit Zuschauern noch ein Tor gemacht hätten. Die Stimmung, vor allem die in unserem Stadion, die uns die Zuschauer geben, die pusht einen natürlich noch einmal zusätzlich nach vorne, um die Extra-Prozent rauszuholen. Deshalb werden wir auf jeden Fall eine besondere Vorbereitung auf diese Situationen benötigen.

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Sie sprechen die Stimmung im Signal Iduna Park an. Nun gibt es Szenarien, die davon ausgehen, dass in diesem Jahr nicht mehr vor Fans gespielt werden wird. Ist das in Dortmund ein besonderer Faktor und wie geht es Ihnen bei dem Gedanken daran, dass es in diesem Jahr womöglich keine Spiele vor Zuschauern mehr geben wird?

Natürlich hätte ich es viel lieber, wenn die Zuschauer im Stadion wären. Ob in Dortmund oder in Wolfsburg, das spielt keine Rolle. Ich spiele allgemein sehr gerne in vollen Stadien mit einer guten Stimmung. Aber ich denke, es wird die Zeit kommen, in der die einzige Möglichkeit darin besteht, vor leeren Rängen zu spielen. Und wir wollen spielen. Und mein Gefühl ist, dass sich die Leute die Spiele nach so langer Zeit ohne Fußball auch gerne im Fernsehen anschauen würden. Gefühlt ist jede Sportart auf der Welt lahmgelegt. Es gibt nichts zu sehen im Sport. Ich wäre sehr froh, wenn es bald wieder losgeht – und dann nehme ich es auch in Kauf, ohne Zuschauer zu spielen.

Glauben Sie, dass die Geisterspiele den Ausgang der Bundesliga-Saison beeinflussen werden? Kann man sich in diesen Tagen überhaupt auf ein Ziel wie die Meisterschaft fokussieren? Sie müssten eine Meisterschaft ja vermutlich sogar ohne Fans feiern.

Ich versuche, mir nicht so viele Gedanken zu machen, wie es sein wird. Ich versuche, eher den Zeitpunkt zu sehen, an dem ich wieder im Tor stehen darf. Aber ich denke trotzdem, dass die Geisterspiele Einfluss nehmen werden. Die ganze Corona-Krise wird Auswirkungen haben. Sebastian Kehl hat ja auch schon gesagt, dass in die Tabelle noch Bewegung kommen wird.

Gehen Sie denn davon aus, dass im Mai wieder gespielt werden darf?

Ich hoffe es. Ich hoffe einfach, dass wir so schnell wie möglich wieder spielen dürfen. Irgendwann muss es weitergehen. Eine Garantie gibt es in dieser Zeit aber nicht. Es ist unmöglich, groß zu planen. Es liegt nicht in unseren Händen und wir müssen von Tag zu Tag schauen, wie es weitergehen kann. Aber natürlich würden wir uns freuen, wenn wir wieder richtig auf dem Platz stehen dürften.

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Wie ist in dieser speziellen Situation der Kontakt zum Trainer? Wird telefoniert, wird mit dem nötigen Sicherheitsabstand gesprochen? Wie läuft das ab in diesen Tagen?

Wir trainieren in kleinen Gruppen. Da ist der Trainer immer dabei. Er dreht seine Runden und schaut uns aus der Ferne zu. Er ist immer anwesend – und steht entsprechend auch mit uns in Kontakt.

Fußballprofis zählen nicht zur klassischen Risikogruppe. Gibt es trotzdem Befürchtungen, dass ein gewisses Risiko besteht, wenn die Bundesliga ihren Betrieb wieder aufnimmt?

Wir haben schon darüber gesprochen. Es soll ja viele Tests geben. Und nur die Spieler, die gesund sind, dürfen spielen. Aber natürlich geben diese Tests keine absolute Sicherheit. Und natürlich macht man sich seine Gedanken. Wir berühren dieselben Bälle, wir führen Zweikämpfe. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen eine gute Lösung finden. Wie gesagt: Wir würden alle gerne wieder im Stadion auf dem Platz stehen und Fußball spielen.

Die Spieler von Borussia Dortmund haben auf Teile des Gehalts verzichtet. Bei anderen Klubs läuft es ähnlich. Glauben Sie, dass in dieser Krise auch eine Chance liegt, um vielleicht ein paar Vorurteile gegenüber Fußballprofis abzubauen? Es gibt ja durchaus einen gewissen Ruf, der Ihrem Berufsstand vorauseilt: viel Geld, manchmal fehlende Verbindung zur Realität, ein Leben in der eigenen Welt...

Es ist auf jeden Fall eine Chance – und ich muss sagen, dass der Ruf des Fußballers nicht von ungefähr kommt. Es gibt halt Spieler, die zu Geld anders stehen als andere Spieler. Spieler, die gerne zeigen, was sie verdienen oder was sie sich leisten können. Und es gibt Spieler, die das Geld lieber sparen und anders damit umgehen. Deswegen würde ich nie alle Spieler in den gleichen Topf werfen. Das würde ich bei Menschen sowieso nie machen. Man muss schon differenzieren. Aber generell ist es eine große Chance für uns Spieler und den Fußball, um den Leuten zu zeigen, dass wir in dieser schwierigen Situation helfen wollen. Ich denke, es gibt gerade viele positive Beispiele – und es ist eine Möglichkeit, das Fußballgeschäft mal wieder in ein gutes Licht zu rücken.

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