Marco Reus taucht wieder einmal ab Kritiker von BVB-Kapitän sehen sich bestätigt

BVB-Kapitän taucht einmal mehr ab: Kritiker von Marco Reus sehen sich bestätigt
Lesezeit

Marco Reus sackte sofort zu Boden. Der 33-Jährige fiel um wie ein ausgeknockter Boxer, der in der zwölften Runde wenige Sekunden vor dem finalen Gong noch den rechten Haken kassiert. Die Mainzer hatten Borussia Dortmund in einem vor Euphorie strotzenden Stadion den Titel-K.o. verpasst – und damit auch Reus die riesige und vielleicht letzte Chance genommen, seine Trophäensammlung (zweimal DFB-Pokal, dreimal Supercup) endlich um die Deutsche Meisterschaft erweitern zu können. Dem Titel, dem er mit Borussia Dortmund seit elf Jahren hinterherhechelt. Doch Reus ist und bleibt der Unvollendete.

BVB-Kapitän Reus taucht einmal mehr ab

Dabei hätte Reus sich selbst krönen können. Wochenlang bei Trainer Edin Terzic nur außen vor, oft nur in den letzten Minuten eines Spiels aufs Feld geschickt, war der etatmäßige Kapitän im Titel-Endspurt überraschend früh gefordert. Karim Adeyemi musste nach 40 Minuten angeschlagen ausgewechselt werden, Reus kam beim Stand von 0:2 ins Spiel. Die große Chance, seine Kritiker, deren Vorwürfe er sich über die Jahre hat anhören müssen, verstummen zu lassen. „Was man ihm immer wieder vorgeworfen hat, ist, dass er nicht Deutscher Meister geworden ist“, hatte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl unmittelbar vor dem Titel-Showdown gesagt. „Und das hat ihn persönlich immer leidgetan, ihn auch verletzt.“ Jetzt hätte er es allen zeigen können. Seine Borussia, bei der er vor Kurzem noch für ein weiteres Jahr verlängert hat, zum Titel schießen. Sich selbst damit krönen.

Kann es mehr Motivation geben, um sich in den letzten Minuten einer Saison, in der man die Schale zumindest mit den Fingerspitzen schon berührt, völlig zu zerreißen und jedem Ball hinterherzugehen, als sei es das Letzte, was man tut? Und dann trabte Reus in der 55. Minute, also mit maximal einer Viertelstunde Belastung in den Beinen, einem Mainzer Konter hinterher, dass selbst Spieler mit zehn Metern Rückstand ihn noch überholten. Diese Szene stand sinnbildlich für den Auftritt des Offensivspielers, der auch in seiner Kernkompetenz, dem Kreieren von Torchancen, blass blieb. Die größte Möglichkeit, als er nach einer Ryerson-Flanke aus fünf Metern frei zum Kopfball kam, ließ er ungenutzt.

BVB-Kapitän Reus liegt weinend auf dem Rasen

Wieder einmal war Reus in einem wichtigen, in einem großen, in einem entscheidenden Spiel abgetaucht, statt als Führungspersönlichkeit auf dem Platz und mit Leistung voranzugehen. Und das, nachdem er wenige Tage vor dem Titel-Finale noch geschworen hatte: „Wir tun alles, damit wir am Ende eine große Party feiern dürfen.“

Und so lag Reus nach Abpfiff weinend auf dem Rasen. Er versuchte noch, seine Tränen unter dem Trikot zu verstecken. Doch die Fans auf den Tribünen hatten sie längst erblickt – und versuchten mit Sprechchören, ihre Nummer elf wieder aufzubauen. Kurz erhob er sich, machte ein paar Meter in Richtung Südtribüne und applaudierte kurz. Doch der Schmerz blieb. Als einer der ersten Spieler verschwand Reus – gestützt von Mahmoud Dahoud – in den Katakomben des Signal Iduna Parks.

Marco Reus lässt BVB-Fans stehen

Das nächste Mal gesehen wurde Reus erst am nächsten Morgen, als er um 10.43 Uhr in Dortmund-Brackel zur abschließenden Teambesprechung vorfuhr. Rund eine Stunde sprachen BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Sebastian Kehl und Trainer Edin Terzic zur Mannschaft. Besser ging es den Spielern danach kaum, dennoch kamen die meisten von ihnen ihren Pflichten nach. Julian Brandt und Jude Bellingham schrieben aus dem Auto heraus Autogramme, Youssoufa Moukoko und Mats Hummels stiegen extra aus, auch Edin Terzic nahm sich viel Zeit. Marco Reus hingegen zischte mit seinem Porsche ohne ein Wort, ohne eine Geste schnurrstracks an den Fans vorbei und fuhr davon. „Ein wirklich toller Kapitän, den wir da haben“, rief ein Anhänger frustriert hinterher. „Das soll ein Kapitän sein?“, schrie ein anderer.

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von Marco Reus (@marcinho11)

Die Binde am Arm von Marco Reus, sie war nicht nur wegen solcher Szenen schon häufig Thema in Dortmund. Und sie dürfte auch vor der neuen Saison wieder auf die Agenda kommen. „Marco und Mats haben viel geleistet für diesen Klub. Aber wir müssen auch junge Leute heranführen und eine neue Hierarchie entwickeln“, kündigte Kehl zuletzt an. In Gregor Kobel, Niklas Süle oder Nico Schlotterbeck stünden würdige Nachfolger bereit. Für Reus wäre der Verlust des Kapitänsamts aber sicherlich der nächste Rückschlag.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 30. Mai 2023.

BVB-Boss Watzke mit Lob und Kampfansage: „Das Gefühl, dass wir ganz nah dran sind“

BVB-Entscheidung bei Guerreiro gefallen: So plant Dortmund auf der Linksverteidiger-Position

Finale BVB-Gespräche mit Watzke, Kehl und Terzic: Bellingham verteilt Abschiedsgeschenke