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Marco Rente schaffte den Sprung aus der A-Jugend-Landesliga zum BVB
Borussia Dortmund U23
Von der Landesliga in der A-Jugend zum Steilpass auf Shinji Kagawa in drei Jahren: BVB-Innenverteidiger Marco Rente (21) holt im Eiltempo auf. Sein Trainer erwartet weitere Leistungssprünge.
Es geht hier nicht um einen kessen Spruch gegen das Siegerland. Schließlich haben allein die Sportfreunde aus Siegen spätere Borussen wie Norbert Dickel oder Florian Kringe hervorgebracht. Auch der TuS Erndtebrück hat sich im höherklassigen Amateurfußball einen Namen gemacht. Marco Rente (21) allerdings, der für beide Vereine aus dem südlichsten Süden des Bundeslandes gekickt hat, kam für Ingo Preuß, den Teammanager der U 23 des BVB, „aus dem Nichts“.
Nie eine Nachwuchsleistungszentrum von innen gesehen
In der A-Jugend spielte Rente noch in der Landesliga, im Sommer lotste Preuß den Innenverteidiger zum BVB. Anders als alle Mannschaftskollegen hat Rente nie ein Nachwuchsleistungszentrum von innen gesehen. Den Sprung zum Stammspieler in Dortmund hat er dennoch in kurzer Zeit gemeistert. Welche Leistungssprünge noch möglich sind? Das gehört zu den spannendsten Entwicklungen bei Borussias U 23.
Marco Rente sitzt im Besucherraum des Dortmunder Trainingszentrums. 1,84 Meter groß, dunkle Haare, Sieben-Tage-Bart. Die lange Hose unter der Fußball-Shorts soll gegen die Kälte schützen, wenn es gleich auf den Trainingsplatz geht. In der Kabine herrschten gerade auch gefühlte Minustemperaturen. Es gab Gesprächsbedarf. 0:2 hat der BVB II gegen den Bonner SC verloren, statt nach oben zu Tabellenführer Viktoria Köln müssen die Dortmunder eher nach unten schauen, ihren zweiten Platz verteidigen.
Rente hat in der vierten Minute einen Strafstoß verschuldet. Den entscheidenden Fehler hat vorher zwar ein Mitspieler gemacht, er wollte nur noch retten, was nicht mehr zu retten war. „Das darf uns nicht passieren“, sagt Rente. Wieder was gelernt. Wie schon so viel in den wenigen Monaten beim BVB.
„Mal eine Anfrage von Bayer Leverkusen“
Mit 13, ja, da gab es „mal eine Anfrage von Bayer Leverkusen“, sagt Rente im Gespräch. Er entschied sich gegen den Umzug ins Rheinland. Pflegefamilie, weit weg von zuhause, das klang in seinen Ohren nicht verlockend. Er spielte auffällig, sein heutiger Trainer Jan Siewert, damals zur Sichtung im Auftrag des DFB unterwegs, hatte seinen Namen auch mal auf einem Zettel notiert. In den Kader der U 14 schaffte es Rente dann aber doch nicht. Also kickte er weiter vor sich hin im Siegerland.

Beim BVB sieht Rente (l.) „ganz andere Bedingungen“. Vor Borussia Dortmund spielter er nur in Siegen und Erndtebrück. © Bielefeld
Im zweiten A-Junioren-Jahr ging es hoch zu den Senioren, Oberliga, Aufstieg in die Regionalliga. Das Niveau, auf das er jetzt trifft, kennt er. Aber die tägliche Arbeit im Training, die Räumlichkeiten, die Güte der Mitspieler, „das sind ganz andere Bedingungen“, sagt er.
Die Innenverteidiger sind die ersten Spielmacher
Auch das Fußballspiel ist ein anderes. Früher habe er nur mit dem Messer zwischen den Zähnen verteidigen und dann den Ball „weit nach vorne, am besten in die Nähe eines Mitspielers“ schlagen müssen. Beim BVB II stellen sich eher die Gegner hinten rein. Die Innenverteidiger sind die ersten Spielmacher. Neues Terrain für Rente, dem noch häufiger ein Fehlpass aus dem Schuh flutscht.
Schwamm drüber, denkt sich der Coach. Bereits im Sommer kündigte Siewert ambitioniert an: „Den krieg ich hin!“ Als sich der Neuzugang gleich im ersten Trainingslager verletzte, erschienen die Aussichten nicht prall. Doch inzwischen ist der neue Verteidiger nicht nur „ein leidenschaftlicher Zweikämpfer“ (Preuß), er hat auch mit die besten Sprint- und Sprungkraftwerte. Tempo, tadelloses Kopfballspiel, ein starker Abräumer.
Siewert erwartet noch einen Leistungssprung
Eher zufällig hatte Siewert Rente (wieder)entdeckt, als er sich eine Partie zwischen dem TuS Erndtebrück und Alemannia Aachen anschaute und verblüfft feststellte, dass er den Namen des gefälligen Defensivmanns schon kannte. „Der erste Eindruck“, sagte er, „hat mich nicht getäuscht.“ Rente hat elf von 17 Spielen mitgemacht, Tendenz klar ansteigend, dazu zwei Tore erzielt. „Und da kommt noch was“, sagt Siewert. Leistungssprünge könne man „nicht absehen“, sagt Rente selber. Aber er hätte nichts dagegen, selbstredend, wenn noch ein paar kämen.

Rentes Vertrag beim BVB läuft noch bis 2020. „Und dann muss ich entscheiden, ob es noch einen Schritt nach oben geht oder doch wieder zurück“, sagt er. © Bielefeld
Er sieht, wie die Kollegen raus stiefeln auf den Trainingsplatz. „Die Jungs“, meint er mit nickendem Kopf, „haben natürlich eine richtig hohe Qualität.“ Alle, also alle bis auf ihn selbst, haben eine fundierte Ausbildung in einem Nachwuchsleistungszentrum genossen. Es gibt Bereiche, in denen er noch aufholen kann, aufholen will. Der Lohn für die Mühen ist greifbar.
Gegen RW Essen stand er mit einem Star wie Shinji Kagawa auf dem Rasen. Der Trakt der Bundesliga-Profis ist in Brackel nur einen Spannschuss weit entfernt. Bis zum Sommer 2020 läuft sein Arbeitspapier beim BVB, Rente setzt bis dahin alles auf Fußball. „Und dann muss ich entscheiden, ob es noch einen Schritt nach oben geht oder doch wieder zurück.“
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
