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BVB-Innenverteidiger Manuel Akanji: Erneute Werbung in eigener Sache
Borussia Dortmund
Manuel Akanji kehrt nach auskurierter Verletzung beim Spiel in Köln eindrucksvoll auf den Rasen zurück. Auf seiner Abschiedstournee macht der BVB-Innenverteidiger weiter Werbung in eigener Sache.
Vor der Europameisterschaft im vergangenen Jahr hat Manuel Akanji der Schweizer „NZZ“ ein großes Interview gegeben. Gemeinsam mit seiner älteren Schwester Sarah, die Fußballerin beim FC Winterthur und Stadträtin für die Sozialdemokraten im Züricher Kantonsrat ist, hat Akanji über alle möglichen Themen gesprochen. Über täglich erlebten Rassismus, Geschlechter-Ungleichheit, den steinigen Weg zum Fußball-Profi. Ihren kleinen Bruder beschreibt Sarah Akanji als schon im Kindesalter selbstbewussten Jungen, der seine Ziele vor allem deshalb erreicht habe, „weil er immer die Ruhe selbst war“. Selbstbewusstsein und Ruhe: das zeichnete den BVB-Innenverteidiger auch beim 1:1-Remis am Sonntag in der hitzigen Atmosphäre des endlich wieder gefüllten Kölner Stadions aus.
BVB-Verteidiger Akanji mit starker Rückkehr nach Verletzungspause
Akanji legte nach einem auskurierten Muskelfaserriss aus dem Stand eine blitzsaubere Leistung hin. Wie schon nach überstandener Knieverletzung im Winter, nach der er sofort wieder auf altem Niveau agierte. Und wie schon im Sommer, als ihn der neue Trainer Marco Rose quasi direkt aus dem Urlaub kommend ins Pokalspiel in Wiesbaden warf und Akanji spielte, als habe er sechs Wochen Vorbereitung hinter sich.
Jedes Spiel Akanjis auf gehobenem Niveau wie am Sonntag ist aktuell ein Bewerbungsschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, den Schweizer Nationalspieler über den Sommer hinaus im Dortmunder Trikot zu sehen, tendiert dabei mittlerweile gegen null. Akanji hat einen unterschriftsreifen Vertrag über 2023 hinaus vorliegen, ein satter Gehaltssprung inklusive. Bis zu acht Millionen Euro könnte er demnach bald verdienen. Doch die Unterschrift unter diesen Vertrag hat Manuel Akanji nicht gesetzt – und wird dies auch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht tun.
BVB-Fans bei der Personalie Akanji gespalten
In den Fankreisen des BVB haben sich mittlerweile daher zwei Fraktionen gebildet. Da gibt es die, die dem Abschieds-Szenario mit einem weinenden Auge entgegenblicken. Denn nach einer Anfangszeit in Dortmund, die für Manuel Akanji nicht einfach und von starken Leistungsschwankungen geprägt war, hat sich der 26-jährige Innenverteidiger mittlerweile zur stabilsten Säule der Abwehr gemausert. Akanji spielt seit gut zwei Jahren ohne große Ausreißer nach unten. Wird er, und davon muss man nun ausgehen, den Klub im Sommer verlassen, wird das eine Lücke reißen. Auch deshalb hat der BVB den Münchner Niklas Süle verpflichtet.
Die andere Fraktion nimmt Akanji übel, dass er das BVB-Angebot offenbar nicht annehmen wird. Akanji hat sich schon vor geraumer Zeit als Fan der englischen Premier League zu erkennen gegeben und keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er seiner Karriere eine Station in England gern hinzufügen würde. Aufgrund der Vertragsstruktur mit nur einem Jahr Restlaufzeit ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem er diesen Schritt vollziehen müsste. Ein weiterer Spieler, der Dortmund nur als Durchreise sieht. Und von diesem Lied können die leidgeprüften Fans einige Strophen singen.
BVB-Abwehrspieler Manuel Akanji polarisiert seit Jahren
Seine nach außen und auf dem Platz ersichtliche ruhige Art steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass Manuel Akanji ein Spieler ist, der polarisiert. Akanji tritt enorm selbstbewusst auf, das war schon immer so. Schon als er in jungen Jahren dem FC Winterthur den Rücken kehrte, zum FC Basel wechselte und sich dort einen Kreuzbandriss zuzog, beschworen Skeptiker das Scheitern des ambitionierten Weges. Er begegnete den Kritikern mit einer ungewöhnlichen Maßnahme. Akanji ließ sich ein Tattoo stechen mit dem Satz „Prove them wrong“. Zeige ihnen, dass sie falsch liegen. Auf dem Platz zeigte er das Woche für Woche, das rief dann auch den BVB auf den Plan.
Zeige ihnen, dass sie falsch liegen. Das Motto galt lange auch für seine Zeit in Dortmund. Der scheidende Sportdirektor Michael Zorc zog Akanji vor vier Jahren im Januar 2018 an Land, der Schweizer brauchte in einem allerdings anfänglich auch unruhigem Umfeld zwei Jahre, um auch in Dortmund die Skeptiker zu überzeugen.
Akanjis Fährte führt nach Manchester zu United
Wenn ihr Bruder öffentlich kritisiert werde, hat Sarah Akanji in dem Interview mit der NZZ erklärt, mache sie das wütend. Es werde ja auch von „normalen Menschen“ nicht erwartet, dass sie jeden Tag brillieren. An sich selbst hat der äußerlich immer ruhige Manuel Akanji diese Erwartung allerdings schon. Er sei, hat Akanji mal erklärt, zwar jemand, der aufgrund seiner Position in viele Zweikämpfe involviert sei und daher gelernt habe, sich zu behaupten. Ein Lautsprecher ist er deshalb noch lange nicht. Wohl aber jemand, der sehr genau weiß, was er will und diesen Weg unbeirrt geht. Das stößt auch in der Kabine, in der sich ohnehin die Eitelkeiten tummeln, nicht immer bei jedermann auf Gegenliebe.
Im Sommer könnte Manuel Akanji nun die nächste Etappe seiner Karriere ansteuern. Machester United soll interessiert sein, mit dem englischen Traditionsklub wird der 26-Jährige schon länger in Verbindung gebracht. Beim BVB kann Sebastian Kehl, der neue starke Mann in der sportlichen Leitung, die zu erwartende Transfereinnahme in Höhe von circa 30 Millionen Euro gut gebrauchen, wenn er das Ziel eines ambitionierten Kader-Umbaus vorantreiben will. Die erwartete Einnahme macht den Abschied leichter. Klingt nach einer Win-Win-Situation. Für beide Seiten.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
