BVB geht mit Sahin und Bender ins Risiko Personalrochade eröffnet Chancen - Druck auf Terzic steigt

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Schon einmal, im Januar 2013, sorgte Borussia Dortmund mit der Personalie Nuri Sahin im tristen deutschen Winter für einen Paukenschlag. Damals 25 Jahre jung, holte der BVB den Mittelfeldspieler nach unbefriedigenden Monaten bei Real Madrid und dem FC Liverpool in einer Nacht- und Nebelaktion zurück in den Schoß der Borussia. Er sollte dem Meister-Kader des BVB zusätzliche Tiefe und Breite geben, ihn robuster machen im Konkurrenzkampf mit den Bayern, die nach den zwei Dortmunder Titeljahren mit voller Wucht zurückgeschlagen hatten.

BVB setzt weiter auf Stallgeruch

Nicht minder überraschend als damals sorgte die Nachricht der Rückkehr von Nuri Sahin und Sven Bender zu Borussia Dortmund am Freitag kurz vor Silvester für Aufsehen. Eine Woche nach der Elefantenrunde der Borussia, in der die unbefriedigende Hinrunde aufgearbeitet und Trainer Edin Terzic eine Job-Garantie ausgesprochen worden war, bilden die personellen Veränderungen im Trainerteam die Konsequenz aus den erarbeiteten Ergebnissen der großen Analyse ab.

In Bender und Sahin installiert der BVB in seiner Führungsebene nach Sportdirektor Sebastian Kehl erneut Spieler mit großem Stallgeruch, hoher Identifikationskraft und einem hohen Beliebtheitsgrad bei den Anhängern. Aber keinesfalls nur deshalb fiel die Wahl auf diesen beiden: Sahin hat sich als Stratege auf dem Feld immerhin zu Real Madrid gespielt, auch wenn sein Wirken dort – auch aus Verletzungsgründen – nicht von großem Erfolg gekrönt war. Schon während seiner aktiven Karriere war der heute 35-Jährige selten ein einfacher, weil immer auch streitbarer Diskussionspartner für seine Trainer. Sahin wollte wissen, warum mit welcher Taktik gespielt wurde, er war nie nur ein reiner Befehlsempfänger. Er machte sich fortwährend Gedanken, sein Weg auf die Trainerbank war früh vorgezeichnet. Auch wenn sein ursprünglicher Plan eher der war, in eine Funktionärs-Rolle zu schlüpfen, zum Beispiel als Sportdirektor.

Nach seinen ersten Erfahrungen als Cheftrainer bei Antalyaspor in der Türkei geht Sahin nun bewusst einen Schritt zurück. Mit seinem innovativen und mutigen taktischen Denken soll er Terzic frische Impulse liefern und ein erkannter BVB-Schwachpunkt in der Hinrunde behoben werden. Viel zu oft ließ sich der BVB ein Spiel aus der Hand nehmen, wenn der Gegner mit einer taktischen Umstellung überraschte.

Bender die perfekte Ergänzung zu Sahin

Bender bildet eine perfekte Ergänzung, seine Hilfe ist auf einer anderen Ebene vonnöten. Als Niklas Süle kürzlich im Spiel gegen Paris mit einer Monstergrätsche ein sicheres Tor von Kylian Mbappe vereitelte, wurde auch Benders Torlinien-Rettungstat aus dem Pokalspiel bei Bayern München wieder hervorgekramt. Eine Szene, die stellvertretend stand für Elemente, die der heute 34-jährige Bender dem Spiel der Borussia immer gab. Bedingungslose Hingabe, unermüdlicher Einsatz: immer alles fürs Team. Das Wort des nach außen so zurückhaltend auftretenden Mannes aus Bayern soll nun bei der nächsten Generation in der Kabine der Borussia sein Gewicht entfalten.

Ohne Risiko und einen kleinen Beigeschmack ist die personelle Rochade, der etwas überraschend der Mann aus dem Trainerstab mit der größten Erfahrung, Terzic-Co Armin Reutershahn, zum Opfer fällt, freilich nicht. Sahin und Bender stehen erst am Anfang ihrer Trainerkarrieren, beide verfügen noch nicht über allzu große Erfahrung auf der großen Bühne – und bei einem Großklub wie Borussia Dortmund, der mitten in einer veritablen Krise steckt, die neben mageren fußballerischen Darbietungen und mentalen Defiziten im Kader auch interne Reibereien gleich auf mehreren Ebenen umfasst. Da liegt sehr viel im Argen bei der Borussia, der Austausch eines Co-Trainers und die Installation von zwei ehemaligen Spielern allein wird den BVB nicht zurück in die Spur verhelfen. Das Zusammenraufen muss auf allen Ebenen einsetzen.

BVB-Damoklesschwert schwebt über Terzic

Und Borussia Dortmund sieht sich trotz aller anderslautender Bekundungen aus dem Klub natürlich dem Verdacht ausgesetzt, in Sahin gleich einen potenziellen Nachfolger für den auf Bewährung arbeitenden Terzic ins Haus geholt zu haben. Das kann schon beim ersten ausbleibenden Ergebnis nach der Winterpause dazu führen, die Position des Cheftrainers weiter zu schwächen. Ist ja auch noch nicht allzu lange her, dass ausgerechnet Terzic von dieser Konstellation profitierte, als der BVB vor 18 Monaten bei Marco Rose die Reißleine zog und den Rettungs-Fallschirm mit dem Technischen Direktor Terzic aktivierte.

Auch wenn der 41-Jährige den nun umgesetzten personellen Vorschlag sogar höchstselbst in die Elefantenrunde eingebracht haben soll, was ihn ehren würde und für eine in diesem Geschäft seltene Uneigennützigkeit im Sinne des Vereins spricht, dürfte sich Terzic darüber im Klaren sein, dass Sahin als Schattenmann wie ein Damokles-Schwert über seiner schwierigen Aufgabe schwebt: den BVB wieder in die Spur zu bringen.

Geht der Schlingerkurs hingegen weiter und gerät das Ziel Champions League ernsthaft in Gefahr, dürfte es auch mit der Rückendeckung des allmächtigen BVB-Bosses Hans-Joachim Watzke schnell vorbei sein.

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