Als Jude Bellingham zu Borussia Dortmund wechselte, gab es das obligatorische Familien-Bild. Mama Denise, die mit ihm aus Birmingham nach Deutschland ging, Vater Mark und der kleine Bruder Jobe strahlten mit Jude um die Wette. Der war damals gerade 17 Jahre alt geworden. Jobe, zweieinhalb Jahre jünger, wirkte wie das, was er war: ein Teenager mit kindlichen Zügen, dem man den Stolz auf seinen Bruder ansah.
BVB wollte Jobe schon 2023 holen
Drei Jahre später gab es ein ähnliches Bild mit Jude im weißen Trikot von Real Madrid. Aus Jobe aber war ein junger Mann geworden. Immer noch stolz auf den großen Bruder, aber längst mit eigenen Ambitionen und Karriereplänen.
Zeitgleich mit Jude wechselte auch der jüngere Bellingham vor nun fast zwei Jahren den Klub und verließ die Heimat Birmingham. Schon damals stand er auf dem Zettel des BVB, der den talentierten Mittelfeldspieler gern in seinem Top-Talente-Programm eingebaut hätte. Jobe entschied sich anders, er ging in die englische Championship, gemeinsam mit dem aus Birmingham bekannten Trainer Mike Dodds und dem Sportchef Kristjaan Speakman. Die zweitklassige Liga ist ein Stahlbad für junge Profis. Rau geht es dort zu, man lernt, sich zu wehren, man lernt auf brutale Weise die viel größere Intensität. 24 Mannschaften spielen dort, macht 46 (!) Saisonspiele – Erwachsen werden im Schnelldurchgang.
Jobe Bellingham ist in seinem zweiten Jahr durchgestartet im Nordosten Englands, doch „Sunderland ´til I die“ („Sunderland, bis ich sterbe!“), wie in der gleichnamigen Netflix-Sportdokumentation, das wird es für den noch 19-Jährigen trotz eines laufenden Vertrags bis 2028 nicht geben. Im Sommer rechnet der Klub mit einem Wechsel von Jobe Bellingham – und auch Borussia Dortmund hat in Richtung der Bellingham-Familie sein Interesse erneuert, auch wenn der 1,91 Meter große „kleine“ Bellingham nicht günstig zu bekommen sein wird. Auf 18 Millionen Euro schon wird sein Marktwert taxiert, eine Ablöse dürfte aufgrund der großen Nachfrage tatsächlich noch höher ausfallen, eher bei 25 Millionen Euro liegen wie damals beim älteren Bellingham. Eine Summe wie ein Versprechen für eine große Zukunft.
Bellinghams sind Familienmenschen
Die Karrieren ihrer Söhne haben die Eltern von Jude und Jobe Bellingham zu einer kreativen Familienplanung gezwungen. Mama Denise ist mit Jude nach Dortmund gegangen und war auch in der Anfangszeit in Madrid immer an seiner Seite. Vater Mark gab seinen Job auf und kümmerte sich um Jobe. Gemeinsame Zeiten sind rar, die Familienmenschen nutzen jede Sekunde, müssen sie aber auch genau planen, weil beide Fußball spielenden Kinder mittlerweile längst auch Nationalmannschafts-Verpflichtungen haben.

Ob der BVB sich Chancen ausrechnen kann, dass nach Jude auch Jobe im Dortmunder Mittelfeld als Aufräumer und Strippenzieher agieren wird, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Jobe hat in der aktuellen Saison von den bislang 38 Pflichtspielen Sunderlands in der Championship 34 über die volle Distanz absolviert. Drei Partien verpasste er wegen einer Roten Karte, eine weitere wegen einer Gelbsperre. Ansonsten ist er der Dauerbrenner mit schon mehr als 3000 Spielminuten in den Beinen. Am Freitag traf er mit der englischen U21 auf Frankreich, Pausen gibt es für ihn wie für Bruder Jude kaum noch. In Dortmund gibt es große Fürsprecher eines Transfers aufgrund der sportlichen Klasse und Bedenkenträger, die allein der Name Sorgenfalten ins Gesicht furcht. Der Rucksack wäre mit immensen Erwartungen vollgepackt.
Premier League wirbt um Jobe
Sein gewaltiger Leistungssprung könnte sich schlecht auswirken auf die Dortmunder Hoffnungen, nach Informationen der Ruhr Nachrichten rechnet sich der BVB allenfalls Außenseiterchancen im Werben um dieses Talent aus. Manchester United, der FC Chelsea, Liverpool, zuletzt vermehrt auch der FC Arsenal – alle Top-Klubs aus England sollen an einer Verpflichtung des 19-Jährigen interessiert sein, dessen strategische Fähigkeiten und seine Robustheit mindestens so ausgeprägt sein sollen wie die seines älteren Bruders. Und Jobe Bellingham scheint sich auch der Tatsache bewusst zu sein, wie problematisch es werden könnte, in Dortmund die permanenten Vergleiche mit seinem Bruder von sich fernzuhalten.
Das alles spricht gegen die Borussia, die aber ihre weiterhin bestehenden guten Verbindungen zur Bellingham-Familie einbringen kann. Sich fern von England nicht täglich unter dem absoluten Brennglas der notorisch aufgeregten englischen Medienlandschaft fußballerisch weiterzuentwickeln, ist ebenfalls ein Argument pro Dortmund.
BVB als perfekter Zwischenschritt?
Für Jude Bellingham war seinerzeit der Sprung in die Bundesliga der perfekte Zwischenschritt. In England wird aktuell auch darüber diskutiert, ob ein möglicher Wechsel zu einem der Top-Klubs des Landes für den jüngeren Jobe nicht etwas zu früh käme. Emmanuel Petit, Weltmeister mit Frankreich und in England bei Chelsea und Arsenal aktiv, sagte dazu: „Es wäre ein Sprung über zwei, drei Stufen. Er macht sensationelle Dinge bei Sunderland, aber er ist jetzt noch nicht bereit für einen Verein wie Chelsea. Er sollte dort auch nicht die Top-Priorität sein.“
Wer weiß, wie reflektiert und überlegt Jude Bellingham seine Karriere geplant hat, der kann sich vorstellen, dass auch Jobe Bellingham alle Pros und Contras sorgfältig abwägen wird. Ihm steht eine schwierige Entscheidung bevor. Borussia Dortmund steht in Lauerstellung.