BVB droht Rekordverlust - zu großer Kader verschärft den finanziellen Druck

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BVB droht Rekordverlust - zu großer Kader verschärft den finanziellen Druck

rnBorussia Dortmund

Wenn der BVB am Montag zur Bilanzpressekonferenz lädt, könnte ein Rekordverlust vermeldet werden. Die Fan-Rückkehr verschafft etwas Linderung. Der zu große Kader verschärft den finanziellen Druck.

Dortmund

, 08.08.2021, 19:33 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Ad-hoc-Mitteilung im Mai verhieß wenig Gutes. Für das Geschäftsjahr 2020/21, das am 30. Juni dieses Jahres endete, rechne die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA mit einem Konzernjahresfehlbetrag von 75 Millionen Euro, teilte der Klub seinerzeit mit. Triebfeder für diesen Rekordverlust war natürlich die Corona-Pandemie - unter anderem ließ sich die Prognose aus dem Sommer 2020, mit Beginn der Rückrunde eine Teilauslastung von 20 Prozent der maximalen Zuschauerkapazität genehmigt zu bekommen, aufgrund des fortdauernden Lockdowns nicht aufrechterhalten.

Große Teile der Sancho-Einnahmen werden in Malen reinvestiert

Mittlerweile sind die Zuschauer zwar zurück, doch gut 20.000, die am Samstag den Dortmunder Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt live sehen werden, reichen auf Sicht nicht. Über die gesamte Saison plane der BVB mit circa 60-prozentiger Auslastung, bestätigte Hans-Joachim Watzke kürzlich. Der BVB-Geschäftsführer gab aber zu: „Selbst das wird nicht reichen, um schwarze Zahlen zu schreiben.“ Und dabei ist selbst dieser Wert angesichts gerade wieder steigender Inzidenzen womöglich noch eine zu optimistische Prognose.

Wie eine Fessel lähmen die Konsequenzen der Pandemie den Profifußball, nicht nur die Borussia. Auch auf dem Transfermarkt. Die Einnahmen für Jadon Sancho hat der BVB weitgehend in die Verpflichtung von Donyell Malen reinvestiert. Die Verkäufe von Leonardo Balerdi (für elf Millionen Euro zu Olympique Marseille), Sergio Gomez (RSC Anderlecht / 2,25 Millionen Euro) und die fällig gewordene Ablöse für Jeremy Toljan (US Sassuolo/3,5 Millionen Euro) refinanzieren die Verpflichtung des neuen Trainers Marco Rose, für den der BVB fünf Millionen Euro an Borussia Mönchengladbach bezahlt, und die der neuen Nummer eins Gregor Kobel (VfB Stuttgart / 15 Millionen Euro).

Borussia Dortmund ist auf weitere Transfererlöse angewiesen

Für weitere Kader-Optimierungen ist Borussia Dortmund auf Transfererlöse angewiesen. Doch auf dem Markt machen fast ausschließlich die englischen Klubs mit spektakulären Verpflichtungen von sich reden - auf der Insel ist Corona ja ohnehin nur noch ein untergeordnetes Thema. Beim großen Rest ist Sparen angesagt. „Man muss realistisch sehen, dass die Klubs kein Geld haben und sehr auf ihr Budget achten müssen“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Für ihn ist Geduld in dieser Transferperiode ein besonders hohes Gut.

Roman Bürki ist in der BVB-Torhüterhierarchie auf Rang drei abgerutscht.

Roman Bürki ist in der BVB-Torhüterhierarchie auf Rang drei abgerutscht. © imago / Kirchner-Media

Bislang nicht realisieren ließ sich für Zorc ein Verkauf der neuen Nummer drei Roman Bürki, mit dem klar besprochen ist, dass er den Klub für realistische Konditionen verlassen darf. Lose Anfragen lösten sich in Luft aus. Die gab es auch für Marius Wolf, dessen Verkauf aber deutlich schwieriger geworden ist, seit er sich eine Bänderverletzung am Sprunggelenk zugezogen hat. Auch bei Nico Schulz wäre der BVB gesprächsbereit. Doch weder gibt es Anfragen, noch zeigt der Spieler selbst Interesse an einer Luftveränderung.

Der BVB würde Mittelfeldspieler Thomas Delaney ziehen lassen

Selbst für den aktuell heißesten Verkaufskandidaten Thomas Delaney, mit der Empfehlung einer guten Europameisterschaft mittlerweile wieder zurück in Dortmund, stehen die Interessenten keinesfalls Schlange. „Es ist weiterhin sehr ruhig“, bestätigt Zorc, „es liegt nichts auf meinem Schreibtisch, über das wir befinden müssten.“ Die Bereitschaft der Borussia, Delaney bei einem entsprechenden Angebot ziehen zu lassen, ist angesichts des Überangebots im defensiven Mittelfeld da.

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Aus naheliegenden Gründen verschärft der momentan zu große Kader den Druck auf Zorc, finanzielle Entlastung herbeizuführen. Nicht nur die fehlenden Transfererlöse - bei Delaney hofft Dortmund auf rund 15 Millionen Euro Euro, Bürki könnte für fünf Millionen Euro gehen - drücken den Handlungsspielraum. Auch die laufenden Verträge dieser Spieler belasten den Etat - geschätzt mit mindestens 15 Millionen Euro jährlich. Bei Delaney kommt hinzu, dass er am Ende der aktuellen Saison ablösefrei gehen könnte. Ein Szenario, dass sich derzeit kein Verein bei einem werthaltigen Spieler erlauben kann.

Bei BVB-Sportdirektor Michael Zorc lebt die Hoffnung

Das aktuelle Transferfenster ist noch drei Wochen geöffnet. Ein Transfer, der den Stein ins Rollen bringen könnte, eine Verletzung, die den Handlungsdruck bei einem Klub erhöhen würde - noch lebt die Hoffnung bei Zorc, dass der Stillstand auf dem Markt bald ein Ende haben könnte. Wenn aber nicht? „Dann“, sagt der 58-Jährige, „ist das eine Sache, mit der wir umgehen müssen.“

BVB-Sportdirektor Michael Zorc setzt auf den Faktor Zeit.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc setzt auf den Faktor Zeit. © imago / Kirchner-Media

Die Ertragsprognose aus dem Mai versah der BVB damals noch mit dem Hinweis, dass sie „unter dem Vorbehalt werterhellender Tatsachen bis zum Abschluss der Aufstellung des Jahresabschlusses“ stehe. Sanchos Verkauf an Manchester United für brutto 85 Millionen Euro wäre so eine „werterhellende Tatsache“. Allerdings war der Transfer erst nach Abschluss des vergangenen Geschäftsjahres fix - und wird sich bilanziell erst im nun laufenden Geschäftsjahr niederschlagen.