
Tom Rothe ist ein gutes Beispiel für den neuen, alten BVB-Weg. © IMAGO/RHR-Foto
BVB-Boss Hans-Joachim Watzke mit klarer Ansage: „Das muss unser Weg sein“
Borussia Dortmund
Der Kader-Umbau bei Borussia Dortmund ist in vollem Gange. Eine wichtige Säule des neuen BVB sollen die eigenen Talente sein. Mehr denn je. Hans-Joachim Watzke sagt, was er erwartet.
Diese eine Szene lässt Hans-Joachim Watzke nicht los: Das Spiel gegen Wolfsburg, die 24. Minute. Tom Rothe steigt hoch und drückt den Ball per Kopf wuchtig zum 1:0 ins Netz. Ein Dortmunder Eigengewächs lässt den Signal Iduna Park beben. „Tom Rothe spielt von Beginn an und macht dieses Tor. Das ist für einen BVB-Fan mehr wert als ein 4:0. In dem Moment hast du im Stadion gemerkt, welche Euphorie das auslöst.“ Ein emotionaler Moment aus der vergangenen Saison, der Watzke darin bestärkt hat, der eigenen Talenteschmiede nun noch mehr Schub zu verleihen, wie er am Dienstag in einer Medienrunde betonte.
Borussia Dortmund will wieder verstärkt auf eigene Talente setzen
„Borussia Dortmund ist sicher von allen großen Klubs in Europa der gefühligste. Die Seele des Borussen-Fans ist gestreichelt, wenn eines der eigenen Talente den Sprung zu den Profis schafft. Nicht auf Platz 23 im Kader, sondern, dass es auch spielt.“ So wie sich jüngst Tom Rothe, Jamie Bynoe-Gittens und Lion Semic bei den Profis beweisen durften, so sollen in Dortmund ausgebildete Hochbegabte mehr denn je künftig zu Säulen des BVB-Kaders heranreifen. Es gebe viele große Klubs in Europa, so Watzke, die ihre 16-, 17-jährigen Talente „gar nicht mehr unterkriegen“. Also müsse der BVB versuchen, den einen oder anderen von ihnen nach Dortmund zu holen und hier weiter auszubilden. „Das müssen alle beim BVB leben. Der Sportdirektor, der Trainer, das muss mit absoluter Leidenschaft gefüllt werden“, forderte Borussias Geschäftsführer. „Diesen Weg müssen wir gehen. Definitiv. Unsere Chance liegt darin, junge Spieler zu Weltklasse-Spielern zu formen. Diesen Weg sollten wir auch nicht schlechtreden.“
Die Vergangenheit habe genügend Beweise geliefert, dass der BVB diese lohnenswerte Aufgabe beherrsche. Jürgen Klopp habe beispielsweise einst Marcel Schmelzer aus dem eigenen Nachwuchs bei den Profis integriert. Und in Dortmund hätten sich etliche Profis erst zu einem großen Namen in der Branche entwickelt. „Wer waren sie denn, als sie in die Bundesliga gekommen sind? Sicher keine Stars. Jadon Sancho kannte niemand, Erling Haaland kaum jemand und Robert Lewandowski auch keiner, als wir ihn geholt haben.“ Die Borussia müsse sie auf dieses Level bringen „und akzeptieren, dass sie dann irgendwann wieder weg sind.“
BVB verfügt mit der U19 über herausragenden Unterbau
Im aktuellen Dortmunder Talentebecken finde sich jede Menge Potenzial für den Sprung hinauf zu den Profis. Schließlich sei die U19 nicht per Zufall gerade Deutscher Meister geworden. „In der Mannschaft stecken Spieler nicht nur mit hoher individueller Qualität, sondern auch mit einer Haltung. Die sind in der Youth League nicht zu Manchester United gefahren und haben schon vorher erklärt, warum man da nicht gewinnen kann. Du hast von der ersten bis zur letzten Minute gesehen: Sie wollen das Spiel gewinnen.“ U19-Trainer Mike Tullberg lebe es vor, mache einen Riesenjob. „Und Edin Terzic kennt die Jungs alle. Das muss unser Weg sein.“
Auf diesem Weg war lange Zeit auch Youssoufa Moukoko erfolgreich unterwegs. Als 16-Jähriger debütierte das stürmische Eigengewächs bei den BVB-Profis, das erste Bundesliga-Tor folgte, Altersrekorde fielen reihenweise. Die vergangene Saison aber brachte für den Teenager fast nur noch Rückschläge. „Er hatte wenig Spielzeit, war aber auch häufig verletzt“, bilanzierte Watzke. Die Lage sei deshalb gerade nicht einfach, in einem Jahr läuft Moukokos aktueller Vertrag beim BVB aus. Der Youngster pflege zwar zu Edin Terzic „einen sehr guten Draht“, und die Borussia wolle das Arbeitspapier des Angreifers auch gerne ausdehnen. „Aber sollte ein Spieler ein Jahr vor dem Vertragsende nicht die Bereitschaft zeigen zu verlängern, dann hast du noch die Alternative, den Spieler zu verkaufen“, so Watzke. Priorität habe im Falle von Moukoko jedoch eine Vertragsverlängerung. „Und es gibt eine ordentliche Chance dafür. Aber die finale Entscheidung wird Youssoufa treffen.“
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
