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BVB-Allrounder Delaney: Selten im Mittelpunkt, aber wichtiger denn je
Borussia Dortmund
Thomas Delaney steht bei Borussia Dortmund selten im Mittelpunkt. Wichtig ist er trotzdem. In seinem dritten BVB-Jahr soll es endlich für einen Titel reichen.
Eigentlich ist sich Thomas Delaney sicher, er lacht kurz auf, zur Absicherung blickt er dann aber doch noch einmal nach links herüber zu seinem Trainer. Lucien Favre stimmt ihm zu, nickt, lächelt zurück. Dann grinsen beide. „Ich bin immer noch Mittelfeldspieler“, hatte Borussia Dortmunds Nummer sechs gesagt, und dann vorsichtshalber ein „hoffe ich?!“ hinterhergeschoben. Die Antwort des Trainers, „ein bisschen schon“, reichte zur Beruhigung.
Delaney überzeugt beim BVB als Teamplayer mit großer Einsatzfreude
Eine kleine Schmonzette am Rande einer Pressekonferenz, die im Kern doch zeigt, warum Delaney, inzwischen 29 Jahre alt, bei Borussia Dortmund so sehr geschätzt wird als Spieler und als Typ. Der Däne überzeugt als Teamplayer mit großer Einsatzfreude, er ist umgänglich, reflektiert und, wenn gefragt, meinungsstark. Er würde sagen: „Ich bin Fußballer mit Leidenschaft und Freude.“ Wechselgerüchte, die der Boulevard im Sommer an ihn herantrug, besaßen keinerlei Substanz, im Gegenteil, Delaney (Vertrag bis 2022) gehört auch in seinem dritten Jahr bei Borussia Dortmund dem Mannschaftsrat an, und er hat noch viel vor mit dem BVB. Die Zeit, meint er, spreche bei der Jagd nach Titeln inzwischen für die Borussia. „Eine Mannschaft“, so seine Überlegung, benötige eine gewisse „gemeinsame Entwicklung“, die habe es in Dortmund, mit kaum verändertem Kader in diesem Sommer, gegeben. „Jetzt“, sagt Delaney, „müssen wir auch die Ergebnisse einfahren.“
Der dänische Nationalspieler, ein Fan von leckerem Fisch und seiner gemütlichen Couch, gehört nicht zu den Dampfplauderern, die große Ziele verkünden und diese dann nicht erreichen. Selbst wenn er sagt, dass Fußball nicht das Wichtigste im Leben sei, sollte niemand seinen Ehrgeiz unterschätzen. Wenn am Samstag seine Schwarzgelben auf den FC Bayern München treffen im Topspiel der Bundesliga, in einem richtungsweisenden Aufeinandertreffen, dann „müssen wir da sein“, sagt Delaney. „Wir müssen bis zum Ende um die Meisterschaft spielen. Leider war in den letzten beiden Jahren ein Verein besser. Ich habe viel Respekt vor den Bayern, sie haben eine große Mannschaft, die haben sich ihre Erfolge verdient.“ An seinen eigenen Ambitionen mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle ändert das derweil nichts. „Wir müssen dabei sein, in der Nähe sein oder besser noch vorne liegen.“
Thomas Delaney will beim BVB „Eindruck hinterlassen“
Mit den Umständen, dass Delaney vor der Saison bei vielen Experten nicht in der Dortmunder Traumelf stand, kann er leben. „Ich weiß, was ich kann und vertraue darauf, dass der Trainer es auch weiß“, sagt er. „Wenn ich gebraucht werde, dann bin ich voll da und bringe meine Leistung.“ In zehn von elf Pflichtspielen wurde er eingesetzt, außen vor blieb er … beim 0:2 in Augsburg. Das kann ein Zufall sein, muss es aber nicht. Denn neben all den tollen Technikern, den Pirouetten-Prinzen und Kombinations-Königen sind eben auch seine besonderen Qualitäten gefragt. Kompromissloser Körpereinsatz, ordentliches Laufpensum, Qualitäten beim Kopfball, der stete Blick nach hinten und ein gutes Positionsspiel zählen gewiss dazu. Er wolle „wichtig sein für die Mannschaft“ und „Eindruck hinterlassen“, das hat er sich vorgenommen und eingelöst. Außer in den dunklen Monaten seit November 2019.
Bei einem Länderspieleinsatz für Dänemark in Irland rissen, nach einem typischen Delaney-Tackling, die Bänder im Sprunggelenk. Beim Aufbautraining schmerzte dann plötzlich das Knie. „Es war nicht so richtig klar, was mit meinem Knie los war, aber die Schmerzen waren immer da“, berichtete er. Das sei schwer gewesen, für den Körper und für den Kopf. Als er wieder fit war, kam die Corona-Zwangspause dazwischen, und im verspäteten Saisonfinale zwickten die Muskeln. Ganze fünf Einsätze kamen so nur zusammen zwischen Verletzung und Sommerpause, vom Stammplatz rückte Delaney ins Hintertreffen.
Unverhoffte Chance für Delaney auf einer ungewohnten BVB-Position
„Diese Saison“, sagte er im Sommer tapfer und zuversichtlich, „wird von der Gesundheit her viel besser.“ Mit 29 Jahren werde dieses Thema zwar größer, seine Knochen schmerzten eigentlich immer, „doch jetzt ist die schlechte Zeit vorbei, jetzt kommt die gute Zeit“. Ein wenig gedulden musste er sich noch. Im zentralen Mittelfeld ist die Konkurrenz groß beim BVB: Axel Witsel, Jude Bellingham, Mahmoud Dahoud - da musste Delaney zu Beginn der Spielzeit auf seine Chance warten, und die kam unverhofft. Als sich beim Spiel in Hoffenheim Lukasz Piszczek verletzte und ein Mann für die Dreierkette benötigt wurde, stand er parat. „Der Trainer hatte mir vorher gesagt, dass er diese Möglichkeit sieht“, verriet er. „Ich habe 15 Minuten gebraucht, um reinzukommen, dann lief es. Das ist alles neu, ich muss viel denken.“
Und er sieht sich selbst ja auch immer noch als Mittelfeldspieler, der für das zentrale Anliegen der Borussen, nämlich weniger Gegentore zu bekommen, mit verantwortlich zeichnet. Es gebe so viele gute Offensivspieler in der Mannschaft, „da müssen wir nicht alle nach vorne laufen“. Aber wenn sich Lücken auftun, möchte er gerne „mehr Tore, mehr Assists“ beisteuern. Grundsätzlich aber lautet die Delaney-Devise: „Wenn wir gewinnen, habe ich meistens auch ganz gut gespielt.“
- Als Bayern-Experte geht Thomas Delaney nicht durch. Sieben Mal stand er bisher gegen die Münchner auf dem Platz, dreimal davon als Bremer und viermal als Dortmunder Borusse. Gewonnen hat er nur einmal, beim spektakulären 3:2-Sieg des BVB in Dortmund im November 2018. Da allerdings wurde er erst in der Schlussphase eingewechselt. Eine Bilanz, die es aufzupolieren gilt.
- Beim 2:3 im Supercup Ende September schnupperten die Borussen an einer Überraschung, ehe Delaney zehn Minuten vor Schluss mit einem ärgerlichen Ballverlust den Münchner Siegtreffer mitverschuldete.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
