„Der Kloppi war so besoffen!“ Borsigplatz-Urgestein Hannelore Spigarski redet Tacheles

Borsigplatz-Urgestein Hannelore Spigarski redet Tacheles
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Das Angebot an die Mannschaft von S04 hat sie Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal übel genommen. Hannelore Spigarski will „bloß keine Schalker im Goldenen Buch“ der Stadt Dortmund. Der OB hatte dem Erzrivalen einen Eintrag in Aussicht gestellt, sofern dieser gegen die Bayern Schützenhilfe leistet. Bekanntlich kam es anders. Und trotzdem steht der BVB am Samstag (27.5.) nun vor seiner neunten Meisterschaft.

Hannelore Spigarski trägt seit Wochenbeginn BVB-Schal, wenn sie ihre Wohnung in einer Seitenstraße am Borsigplatz verlässt. Einen von fünf oder sechs Schals. So auch, als sie bei Durchblick Optik am Borsigplatz 6 sitzt, um mit unserem Reporter zu sprechen. Dabei nimmt die Frau mit unvergleichlicher Ruhrpott-Mundart kein Blatt vor den Mund. „Sie redet immer Tacheles“, attestiert Optikerin Ulrike Jede ihrer langjährigen Kundin.

BVB-Tickets für 15 Pfennig

Übers Alter redet Hannelore Spigarski aber nicht so gerne. „Schreib einfach: zwischen 70 und 100“, diktiert sie unserem Reporter in den Block. Dann erzählt sie, wie teuer die Tickets für BVB-Spiele vor 1937 im Hoeschpark waren: 15 Pfennig. „Mein Onkel hat da die Bänke aufgestellt.“

Hannelore Spigarski ist ein Borsigplatz-Urgestein. „Hier hat meine Mama mich gekriegt“, sagt sie. Ihr ganzes Leben hat sie in der Wiege des BVB verbracht. „Sie gehört einfach zum Borsigplatz. Viele kennen sie hier“, weiß Optikerin Ulrike Jede.

Weil sie, wie Hannelore Spigarski selbst sagt, „alle Leute vollquatscht“. Und weil sie lustige Sprüche auf Lager hat. Beispiel gefällig? „Ich sag immer: Ich bin adelig, ich komm vom Borsigplatz.“

Die Kirche brachte sie zum BVB

Die Sätze der Ur-Dortmunderin beginnen oft mit „Hömma“ und enden auf „woll“. Den früheren BVB-Trainer Jürgen Klopp nennt sie nicht „Kloppo“, wie so viele andere. Bei ihr heißt er „Kloppi“. Hannelore Spigarski erinnert sich an die Meisterfeier 2011 auf dem Borsigplatz und sagt: „Der Kloppi war ja so besoffen.“

Spigarski hatte „die Bude voll“, wie sie es ausdrückt. Freunde waren zu Besuch. Vom Fenster ihrer Wohnung aus habe sie zuerst das Treiben nur beobachtet. „Aber dann juckte mir die Fott und ich musste raus“, erzählt sie. Der Besuch blieb einfach in der Wohnung. Spigarski lacht.

Wie war die Party beim Korso? „Das war toll. Die Jungs hingen in den Bäumen und lagen auf den Schienen.“ Hannelore Spigarski war mittendrin. Nicht weit weg von ihrer Wohnung, was einen Vorteil hat: „Wenne dann einen im Kahn hast, kannste ganz schnell nach Hause laufen.“

Nie wieder ins Stadion

Fußball fand Hannelore Spigarski, die als Hauswirtschafterin im Vincenzheim gearbeitet hat, schon immer irgendwie attraktiv. Aber früher, sagt sie, „war das nichts für Frauen und Mädchen“. Sie ist froh, dass das heute anders ist.

BVB-Fan wurde sie recht spät. Die Gemeinde der Dreifaltigkeitskirche am Borsigplatz hat sie erst zum Anhänger von Borussia Dortmund werden lassen. Das Gotteshaus war vor 15 Jahren mit dem Start einer Dauerausstellung zur Borussia-Kirche geworden.

Im Stadion war Hannelore Spigarski nur ein einziges Mal. „Nie wieder“, sagt sie und lacht. Oben auf der Tribüne habe sie es mit der Angst zu tun bekommen.

Früher war die Familie von Hannelore Spigarski eine der ersten in der Umgebung mit einem Fernseher im Wohnzimmer. Dicht gedrängt hätten sie mit 15 Leuten in dem kleinen Raum vor dem Gerät gesessen, erinnert sie sich.

BVB-Lieder ganz laut

Heute verzichtet Hannelore Spigarski auf Live-Übertragungen im Fernsehen. Sie hat keinen Bezahlsender abonniert, um die Spiele von Borussia Dortmund zu sehen. Die Fußball-Diskussionsrunde „Doppelpass“ schaut sie sich jeweils sonntags an. „Das find ich interessant.“ Und die Zusammenfassungen der Spiele jeweils samstags im ZDF-Sportstudio. „Man muss ja wissen, wer gewonnen hat, woll.“

Hannelore Spigarski singt gerne, zum Beispiel beim BVB-Gottesdienst, der am Freitag (26.5.) in der Dreifaltigkeitskirche gefeiert wird (siehe Infobox). Sie hat mehrere CDs mit BVB-Liedern zu Hause. Noch am vergangenen Wochenende habe sie eine eingelegt - und „ganz laut“ abgespielt, „damit alle das hören, woll“. „Heja BVB“ gehört zu ihren Lieblingsliedern.

Die Ur-Dortmunderin freut sich für die Mannschaft des BVB, dass sie jetzt vor einem großen Triumph steht. Und auch wenn Hannelore Spigarski nicht mehr so gut zu Fuß ist wie vor elf oder zwölf Jahren. Für sie ist klar, wo sie am Sonntag sein wird, sofern der BVB die Meisterschaft eintütet: natürlich auf dem Borsigplatz.

Der diesjährige BVB-Gottesdienst zum Saisonfinale findet am Freitag (26.5.) ab 14 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche an der Flurstraße 10 in Dortmund statt.

Mit dabei ist laut Ankündigung auch Sänger Matthias „Kasche“ Kartner. BVB-Fans dürfen sich somit auf das Lied „Wer wird Deutscher Meister“ freuen. Freude und Hoffnung sollen ins Gebet gebracht werden. Die Einstimmung auf den Kurzgottesdienst in der BVB-Gründungskirche beginnt bereits um 13.30 Uhr.

Hannelore Spigarski und Ulrike Jede von Durchblick Optik am Borsigplatz.
Hannelore Spigarski und Ulrike Jede von Durchblick Optik am Borsigplatz. © Tim Schulze

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