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Bayern-Hoheit ungebrochen: BVB muss seine eigenen Aufgaben erledigen
Meinung
Die Machtverhältnisse im deutschen Fußball bleiben unverändert. Der BVB muss den Neustart mit personellen Veränderungen und konsequenter Anpassung an den Spielstil von Marco Rose vorantreiben.
Es bleibt dabei: In München gibt es für Borussia Dortmund seit 2017 nichts zu holen, so also auch diesmal: Das 3:1 der Bayern gegen den BVB machte den zehnten Titel in Serie fix für den Rekordmeister, die Gäste gratulierten nach nur phasenweise überzeugender Gegenwehr höflich und mit Abstand. Selbst mit ein wenig mehr Glück bei den Schiedsrichterentscheidungen in Hin- und Rückspiel: Drei Spieltage vor Schluss zwölf Punkte Vorsprung auf den ärgsten Rivalen – das drückt die Machtverhältnisse im deutschen Fußball auch in Zahlen ganz gut aus.
BVB-Trainer Marco Rose: „Daran werden auch wir gemessen“
Geht das immer so weiter? „Es gibt immer Mannschaften, die versuchen, das zu ändern“, betonte Marco Rose, „dazu gehören auch wir, daran werden auch wir gemessen.“ Der BVB-Trainer weiß: Es spricht tatsächlich mehr für eine fortgesetzte Hegemonie der Münchner, als den allermeisten Fußballfans lieb sein kann.
Der FC Bayern verfügt über den mit Abstand besten Kader und exorbitant mehr Geld – dank jahrzehntelanger vorbildlicher Arbeit, befördert aber auch durch die ungerechte Verteilung bei den Einnahmen aus den internationalen Wettbewerben. Dadurch wird die Vormachtstellung mindestens gefestigt, eher noch gravierender ausfallen, sollten dem neuen Führungsduo Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic nicht gewaltige Fehler unterlaufen. Und selbst den Münchnern werden von einigen wenigen fremdfinanzierten Großklubs international noch die Grenzen aufgezeigt.
Der BVB muss seine eigenen Hausaufgaben erledigen
Was bedeutet das für Borussia Dortmund? Der BVB muss seine eigenen Hausaufgaben erledigen und von der lähmenden, zerstörerischen Anfechtung der Münchner Oberhand wegkommen. Als stolzer, traditionsreicher Verein, der mehr zu bieten hat als Prügelknabe und erstes Opfer der Nonstop-Champions zu sein. Sechsmal Vizemeister in zehn Jahren, nur einmal nicht unter den ersten vieren: 16 andere Erstligisten wären neidisch.
In den vergangenen schwierigen Jahren sind Fehler begangen worden, bei der Kaderzusammenstellung, bei der Übernahme des Jobs als erster (und leider auch einziger) Mitbewerber um die Schale, bei der Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Es fehlte die konsequente Fortschreibung der eigenen Geschichte als kecker Herausforderer. Genau diese Identität hat die Schwarzgelben stark – und beliebt – gemacht. Rose will daran anknüpfen. Der Trainer, in seiner ersten Spielzeit nicht vom Glück verfolgt, soll diese Haltung wieder ausprägen.
Vor zehn Jahren lamentierten Kritiker beim damaligen Dauerduell zwischen FCB und BVB über „spanische Verhältnisse“. Nicht nur in Dortmund, sondern in der ganzen Bundesliga wäre man froh, wenn es mal wieder so weit käme. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann gab gleich am Samstagabend den elften Titel als Ziel aus. Für ihn ist es eine Pflichtaufgabe. Für den deutschen Fußball eine fortgesetzte Drohung. Für den Hinterkopf: Die Super-Bayern starteten diese Serie dank der richtigen Schlüsse und Investitionen nach dem Jahr der größten Erniedrigung, nämlich als der BVB 2012 das Double holte und sie das Finale dahoam verloren.
Konsequente BVB-Anpassung an Marco Roses Spielstil
Der BVB seinerseits muss den Neustart im Sommer mit personellen Veränderungen und konsequenter Anpassung an Roses Spielstil vorantreiben. Wieder erfrischend, konsequent und nachhaltig gierig werden. Begeisternd, beharrlich. Dazu braucht es Geschick – und Geduld im Klub, im Umfeld, bei den Fans. Sollte dieser Umbruch gelingen, ist der Blick in Richtung Bayern wieder erlaubt. Aber nur in dieser Reihenfolge.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
