Heute ist aus dem Autogrammjäger von damals der Cheftrainer geworden. „Ich kann mich gar nicht daran gewöhnen, dass sich heute Leute über ein Autogramm oder ein Selfie von mir freuen“, sagt Terzic, heute 39. „Für mich ist das immer noch surreal.“ Bei „19:09 – der schwarzgelbe Talk“ gab Terzic tiefe Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt.

BVB-Trainer Terzic: „Ich war immer der Edin“

„Ich bin BVB-Fan, das kann und will ich gar nicht verheimlichen“, sagt er. „Aber darauf nimmt kein Gegner Rücksicht. Und ich bin immer nur so gut wie das Ergebnis vom Samstag.“ Auf den Druck und die Erwartungshaltung antwortet er auf seine Weise: mit harter Arbeit, größtmöglicher Identifikation. Und das absolut authentisch und nahbar als der Junge von nebenan. „Ich war immer der Edin, und es wäre ja albern, das jetzt zu ändern.“ Die hohen Sympathiewerte und die Wertschätzung, die ihm entgegengebracht werden, „die geben mir zusätzliche Energie“.

Terzic ist immer noch ein junger Cheftrainer. Demütig berichtet er, wie intensiv er darüber gebrütet habe, ob diese Rolle überhaupt die richtige für ihn sei – oder er nicht doch Lehrer werden sollte. Als Spieler schaffte er es nicht in den Profibereich. Irgendwann habe er gesagt: „Wenn ich nicht mit Fußball reich werde, dann werde ich halt mit Fußball alt.“ Aber wirklich in vorderster Front? Erst wollte er seine Rolle hinterfragen.

Edin Terzic folgt bei Borussia Dortmund auf Marco Rose

„Warum ich?“, diese Frage stellte er sich, als er nach seinem schnurgeraden Weg vom Scout zum Co-Trainer im Profifußball ab Mitte der 2010er-Jahre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte und Angebote als Cheftrainer bekam. Anfragen gab es reichlich, immer wieder, auch dem BVB hatte er zweimal abgesagt, ehe er 2018 als Assistent von Lucien Favre „nach Hause“ zurückkehrte. „Warum nicht?“, habe er dann die Frage weitergedacht, als es darum ging, selbst in der ersten Reihe zu stehen.

So habe er „nicht sofort“ Ja gesagt, als er im Frühsommer die Nachfolge von Marco Rose angedient bekam. „Warum jetzt?“, habe er überlegt. Während er für alle Welt als der „Kronprinz in Lauerstellung“ gegolten habe, hätte er auf diesen Moment gerne noch zehn Jahre warten können. In dem Wissen um die Endlichkeit des Jobs: „Ich unterschreibe den Vertrag als der nächste Ex-Trainer. Aber ich will versuchen, die Zeit zwischen der Unterschrift und diesem Punkt bestmöglich zu nutzen und alles rauszuhauen, was ich bieten kann.“

Vor jedem BVB-Spiel: Gruppentelefonat mit der Familie

Seit seiner ersten Amtszeit zwischen Dezember 2020 und Juni 2021, gekrönt mit dem DFB-Pokalsieg, genießt Terzic einen riesigen Vertrauensvorschuss. Doch diesen Erfolg konnte er damals kaum feiern, coronabedingt. „Meine Familie hatte mich in der ersten Zeit nicht einmal im Stadion erlebt“, sagt er. Auch weil er die Atmosphäre in einem ausverkauften Signal Iduna Park nie als Motivations- und Energieschub aufsaugen konnte, fühlte sich das als „unfinished business“ an. Die Lust auf Borussia Dortmund, auf tägliche und nächtliche Arbeit, die Begeisterung für Fußball bewegte ihn. Auch wenn der treu sorgende Familienvater dadurch viel im Privatleben aufgeben muss, weil „das sehr intensive Geschäft Profifußball“ hier seinen Tribut fordert.

Seine Wurzeln, seine Familie vergisst Terzic dabei nicht, wie er bei der Frage nach seinen Ritualen erklärte. Zum festen Ablauf vor den Spielen gehört ein Gruppentelefonat mit der Familie. Frage Edin Terzic: „Werden wir gewinnen?“ Und der Vater muss aus serbokroatisch antworten: „Wenn Gott will …“ Allzu gerne möchte er dieses Ritual vor einem Endspiel wiederholen, „um mal wieder um den vollen Borsigplatz fahren zu können“. Und dabei in große Augen zu sehen wie sie der 14-jährige Edin vor 25 Jahren gemacht hat.