Manchmal ist der erste Eindruck nicht der richtige. Das bewies der Restaurant-Check im Burghof Schnell-Niewöhner in Ottenstein.

Ahaus

, 25.05.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Ottenstein war für mich gastronomisch vor unserem Besuch im „Burghof Schnell-Niewöhner“ eine große Unbekannte. Während ich bei den anderen Restaurant-Checks zumindest eine Ahnung hatte, was mich erwarten könnte, war ich dieses Mal völlig unvoreingenommen. Da der Burghof auch über keinen Online-Auftritt verfügt, war es eine komplette Wundertüte.

Zwei Tage im Voraus reservierte ich einen Tisch für zwei Personen. „Kein Problem“, garantierte mir die Chefin am Telefon persönlich. Das Navigationssystem führt uns mitten in den Ottensteiner Dorfkern. Zentraler kann ein Restaurant nicht liegen.

Als wir eintreten, merken wir schnell, dass hier nicht nur gegessen wird. Lautes, weibliches, alkoholgefärbtes Gelächter dringt durch die geschlossene Tür in den Kneipenbereich, wo meine Freundin und ich Platz nehmen dürfen. Statt eines gemütlichen Zweiertisches weist uns Dorothee Niewöhner einen runden Tisch zu, der locker sechs Erwachsenen Platz bieten könnte. Direkt neben der Eingangstür zieht es ein bisschen.

Die Inneneinrichtung

Wir können nur erahnen, wie es im hinteren Bereich aussieht. Unser Tisch befindet sich im Kneipenbereich, wir blicken von unserer Bank direkt auf die rustikale Theke. Die Inneneinrichtung ist typisch 90er-Jahre – lackierte Holzoptik dominiert – auch wenn uns ein Herr vom Nachbartisch versichert, dass hier Anfang der 2000er-Jahre zuletzt renoviert wurde. Die Tischdeko mit einer weißen Stoffserviette, einem Teelicht und einer Blume passt sich dem Interieur an.

Die Innenausstattung wirkt etwas aus der Zeit gefallen.

Die Innenausstattung wirkt etwas aus der Zeit gefallen. © Stephan Teine

Die Speisekarte

Beim Blick auf die Speisekarte werden wir erstmals überrascht. Wir hatten nach dem ersten Eindruck nicht erwartet, dass hier Gerichte wie Kalbs-Tafelspitz, asiatisches Geschnetzeltes und Thai-Currysuppe ihren Weg auf die Karte finden. Natürlich dürfen die westfälischen Klassiker trotzdem nicht fehlen. Insgesamt werden drei Suppen, drei Vorspeisen und zwölf Hauptgerichte angeboten. Wir haben das Glück, in der Spargelzeit zu kommen. Acht Spargel-Variationen finden sich auf der Saison-Karte, die die Aufschlagseite ziert.

Die Vorspeise

Meine Begleitung und ich haben aus den bisherigen Restaurant-Checks gelernt und übertreiben es trotz ordentlichen Appetits nicht schon beim ersten Gang. Sonst wird das Bild beim Dessert verzerrt. Obwohl die gebratenen Garnelen mit gegrillter Maispoularde, Speck und Obst uns ins Auge springen, belassen wir es jeweils bei einer Suppe. Ich wähle die Waldpilzcremesuppe mit gebratenem Speck. Meine Freundin ist gespannt, wie die Westfalen die Thai-Currysuppe mit Blumenkohl und gebackener Garnele hinbekommen.

Schon als uns die Getränke gebracht werden, warnt die Kellnerin, dass es an diesem Tag alles etwas länger dauern könne. Mehrere Gruppen seien noch zuerst zu versorgen. Es ist Freitagabend, wir haben Wochenende - und Zeit mitgebracht. Das Warten wird mit einem großzügig gefüllten Brotkorb und drei Dips überbrückt. Die Kräuterbutter hat eine kräftige Dill-Note und weicht damit angenehm vom konventionellen Geschmack ab. Das zweite Schälchen ist mit einer leicht süßlichen Curry-Butter gefüllt, die dritte mit einem klassischen Knoblauch-Dip. Alles offenbar hausgemacht.

Die Waldpilzcremesuppe ist perfekt abgeschmeckt und wird mit zwei Bacon-Streifen serviert.

Die Waldpilzcremesuppe ist perfekt abgeschmeckt und wird mit zwei Bacon-Streifen serviert. © Johannes Schmittmann

Unsere Suppen werden nach einer halben Stunde auf schweren, edlen Porzellan-Tellern serviert. Pluspunkt - wenn auch nur eine Kleinigkeit: Die perfekt gebratenen Garnelen (Plural!) werden vor den Augen meiner Freundin von der Kellnerin mit der gelben Currysuppe aus der Porzellan-Sauciere übergossen. So ist gut zu erkennen, dass die Garnelen nicht seit Stunden in der Suppe schwimmen und aufgewärmt, sondern frisch zubereitet wurden. Geschmacklich ein echtes Highlight.

Die Thai-Currysuppe wird am Tisch aufgegossen. Die Garnelen waren frisch, kross und zart.

Die Thai-Currysuppe wird am Tisch aufgegossen. Die Garnelen waren frisch, kross und zart. © Johannes Schmittmann

Meine Waldpilzsuppe wird traditioneller serviert, ist aber ebenfalls perfekt abgeschmeckt. Dass die knusprigen Bacon-Streifen als Ganzes serviert werden und keine billigen Speckwürfel verwendet werden, ist positiv hervorzuheben. Allerdings braucht es die Hände, um die Streifen zu portionieren.

Die Hauptspeise

Um es der Küche zu erleichtern, haben wir unsere Hauptspeisen mit der Vorspeise aufgegeben. Es ist Mitte Mai, die Lust auf Spargel hat ihren Zenit noch nicht überschritten. Als „Beilage“ wähle ich das Rumpsteak mit einer Bärlauch-Kruste. Meine Freundin bevorzugt die Schweinelendchen. Die Garstufe des Steaks wird nicht abgefragt. In diesem Fällen erwarte ich, dass das Steak medium gebraten wird. Zum Spargel wird mir der Weißburgunder empfohlen.

Nachdem unsere Vorspeisenteller abgeräumt wurden, dauert es eine Dreiviertelstunde bis unsere Hauptspeise serviert wird. Alles dampft: ein gutes Indiz. Und der gute Eindruck täuscht nicht. Das Rumpsteak hat eine herrliche, dunkelbraune Farbe und wird auf einer Balsamicojus serviert. Gewürzt ist es mit grob gemahlenem Pfeffer und Salz. Der dünne Fettrand wurde zum Glück nicht entfernt.

Die Bärlauch-Kruste verleiht dem Rumpsteak das gewisse Etwas. Der Spargel ist liebevoll angerichtet und mit Pinienkernen und Kräutern verfeinert.

Die Bärlauch-Kruste verleiht dem Rumpsteak das gewisse Etwas. Der Spargel ist liebevoll angerichtet und mit Pinienkernen und Kräutern verfeinert. © Johannes Schmittmann

Ähnlich wie beim Dill und der Kräuterbutter verhält es sich bei der Bärlauch-Kruste und dem Rumpsteak. Mit kleinen Komponenten streut der Koch geschmackliche Überraschungen ein, die sich angenehm vom westfälischen Mainstream abheben. Konventioneller wurden die Schweinelendchen angerichtet. Doch genau wie das Steak sind sie innen noch saftig rosa. Die milde Pfeffersauce weiß ebenfalls zu überzeugen.

Die Schweinelendchen haben von außen eine schöne, kräftige Farbe, sind aber innen noch rosa.

Die Schweinelendchen haben von außen eine schöne, kräftige Farbe, sind aber innen noch rosa. © Johannes Schmittmann

Besonderes Highlight ist der Spargel. Liebevoll zu großzügigen Päckchen gebunden, mit gerösteten Pinienkernen und frischen Kräutern angerichtet. Noch leichter Biss, kräftig im Geschmack. Hausgemachte Sauce Hollandaise. Hier gibt es absolut nichts zu meckern.

Als Beilage hätten wir klassische Salzkartoffeln den ungeschälten Lorbeer-Drillingen vorgezogen. Aber wir haben es auch selbst versäumt, den Änderungswunsch bei der Bestellung zu artikulieren.

Das Dessert

Wir haben es tatsächlich geschafft: Erstmals haben wir noch richtig Lust auf den Nachtisch. Hier verzichtet die Küche des Burghofs allerdings auf jegliche Experimente. Eis, Herrencreme, Dessertteller „nach Art des Hauses“. Meine Freundin bestellt Vanilleeis mit Schokosauce und Erdbeeren. Ich lasse mich vom Dessertteller überraschen. Es ist mittlerweile 22 Uhr, der Ansturm auf die Küche hat offenbar nachgelassen, denn nur zehn Minuten nach unserer Bestellung serviert Dorothee Niewöhner die Desserts.

Der Klassiker: Vanilleeis mit Erdbeeren und Schokosauce.

Der Klassiker: Vanilleeis mit Erdbeeren und Schokosauce. © Johannes Schmittmann

Die Portion Eis ist großzügig, die Erdbeeren kräftig gezuckert. Auch an der Schokosauce wurde nicht gespart. Auf meinem Dessertteller liegen ebenfalls Erdbeeren, eine Kugel Stracciatella-Eis und etwas, das wie eine Mischung aus Bayerische Creme und Panna Cotta aussieht - und auch so schmeckt. Meine Nachspeise fällt im Vergleich zur Vor- und Hauptspeise ab - allerdings lag die Messlatte auch sehr hoch.

Fällt etwas ab: Der Dessertteller "nach Art des Hauses". Die Überraschung bleibt aus.

Fällt etwas ab: Der Dessertteller "nach Art des Hauses". Die Überraschung bleibt aus. © Johannes Schmittmann

Das Fazit

Wieder etwas gelernt. Manchmal täuscht der erste Eindruck. In diesem Fall sogar gewaltig. Sowohl meine Freundin und ich waren zu Beginn skeptisch, als wir an dem wenig gemütlichen Tisch Platz nahmen. Doch vor allem die warmen Gerichte überraschten uns gleich mehrfach positiv. Wer auf der Suche nach einem Restaurant mit guten Preis-Leistungs-Verhältnis und bodenständiger Küche ist, kann mit einem Besuch beim Burghof Schnell-Niewöhner wenig falsch machen. Einzig die Inneneinrichtung wirkt aus der Zeit gefallen.

Die Preise

Für zwei Personen zahlten wir inklusive Getränken knapp 80 Euro. Für das Gebotene ein unterdurchschnittlicher Preis. Die Suppen kosteten 4,50 Euro (Waldpilzcremesuppe) und 6,50 Euro (Thai-Currysuppe), das Rumpsteak mit Spargel 24,90 Euro, die Schweinelendchen 21,90 Euro. Ein Weizenbier für 3,50 Euro gibt es sonst nur noch sehr selten. Das Glas Weißburgunder (0,2 Liter) ist mit 4,50 Euro ebenfalls günstig.

Der Service

Vom hektischen Treiben ließ sich weder Dorothee Niewöhner noch ihre Servicekraft etwas anmerken. Auf gekünstelte Freundlichkeit wird verzichtet, dennoch strahlten beide angenehme Ruhe und Freundlichkeit aus. Nachfragen konnten routiniert beantwortet werden. Für den Kneipenbetrieb besonders wichtig: Die Biere waren perfekt gezapft. Die Kronen vom Weizen- und Altbier hielten mehrere Minuten.

Kinderfreundlichkeit

Auf der regulären Speisekarte finden sich gleich mehrere kinderfreundliche Gerichte. „Fritts für Kids“ mit Mayo und Ketchup kosten 2 Euro, Geflügel Nuggets 3,50 Euro.

Barrierefreiheit

Am Eingang gibt es eine kleine Stufe. Die WCs sind barrierefrei zugänglich.

Anfahrt und Parken

An einem Freitagabend gab es zahlreiche freie Parkplätze. Die Anfahrt ist unkompliziert.

Das sagt das Netz

4,7 Sterne vergeben die Google-User bei 62 Rezensionen. Das ist außergewöhnlich gut. „Tolle Küche. Netter Service! Man fühlt sich rundum wohl!“, lobte beispielsweise Userin Dorothea Stange vor drei Monaten. Bei Facebook oder Tripadvisor ist die Anzahl der Bewertungen zu gering, um repräsentativ zu sein.

Restaurant-Infos

Restaurant Burghof K. Schnell-Niewöhner

Burgstraße 2

48683 Ahaus-Ottenstein

Tel. (02561) 82128

So funktioniert der Restaurant-Check

Wir gehen ohne Ankündigung in die jeweiligen Restaurants – als ganz normale, zahlende Gäste. Wir sind keine Gastro-Experten, sondern einfach Menschen, die gerne an schönen Orten essen. Wir beschreiben die Lokale so, wie wir über sie mit Freunden und Bekannten sprechen würden – mit ihren Schwächen und Stärken.