Jens Spahn (CDU, r.) und Torsten Etgeton (AfD) im Streitgespräch über die Impfungen gegen das Coronavirus. Am Ende behält Spahn die Oberhand: "Was Sie hier betreiben ist Desinformation", hält er dem AfD-Kandidaten vor.

© Victoria Garwer

Video: „Die Impfung nützt nichts“ – Jens Spahn demontiert AfD-Kandidaten

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AfD-Bundestagskandidat Torsten Etgeton erklärt vor laufenden Kameras, dass die Impfung gegen das Coronavirus nichts nütze. Eine Steilvorlage für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Ahaus

, 25.08.2021, 13:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dienstagabend, Podiumsdiskussion unserer Redaktion mit den Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 124/Borken I im Dorf Münsterland. Es geht um die Pandemie und ihre Folgen. Torsten Etgeton (AfD) sagt wörtlich in die laufenden Kameras: „Die Impfung nützt nichts.“ Das Land stehe nach eineinhalb Jahren in der Pandemie praktisch wieder am Anfang. Trotz Berufsverboten und Ausgangssperren.

An diesem Punkt platzt Jens Spahn der Kragen: „Was Sie hier betreiben ist Desinformation.“ Ein Satz wie „Impfung nützt nichts“ sei einer der fatalsten Sätze, die man mitten in der Pandemie von sich geben könne. „Schauen Sie in die Pflegeeinrichtungen, was die Impfung nützt. Sie hat bis zu 40.000 Menschenleben gerettet.“ Es handele sich um einen der bestwirksamsten Impfstoffe in der Menschheitsgeschichte. „Wo wären wir heute ohne ihn?“

Keine Diskussion über die Impfung an sich!

Man könne eine Diskussion darüber führen, wie man mit Geimpften und Nicht-Geimpften umgehe. „Aber man kann nicht über die Impfung an sich diskutieren“, stellt er klar. Wenn er wirklich den Wert einer Impfung mitten in der Pandemie in Frage stelle, lege er die Axt an den Weg aus der Pandemie.

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Und auch für die anderen Maßnahmen gebe es eine einfache Erklärung: Allein in Deutschland gebe es 90.000 Todesfälle und 300.000 bis 400.000 Fälle von Long-Covid. „Sprechen Sie doch einfach mit den Patienten, was dieses Virus auch bei 30- oder 50-Jährigen machen kann.“

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„Sie drehen es sich so, wie Sie es brauchen“

Torsten Etgeton fühlt sich falsch verstanden und versucht das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Zur Wirkung des Impfstoffes habe er nichts gesagt. „Sie drehen es sich so wie Sie es brauchen“, hält er Jens Spahn vor. Im Kern geht es ihm darum: Niemand kenne die aktuellen Impfstoffe und deren Langzeitfolgen. Er will ausholen, doch Jens Spahn unterbricht ihn sichtlich genervt: „Es gibt bei Impfstoffen keine Langzeitwirkung. Das ist auch so ein Märchen, das Sie ständig erzählen.“

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Torsten Etgeton – jetzt seinerseits deutlich erregter – wirft ihm entgegen: „Woher wissen Sie das?“ Darauf antwortet der Gesundheitsminister ruhig: „Wenn Sie die Wirkung von Impfstoffen kennen, wissen Sie, dass sich der Stoff binnen weniger Tage im Körper komplett auflöst.“ Es komme lediglich auf die ausgelöste Immunantwort an. Er sei sehr für Aufklärung. „Aber die könne man eben faktenbasiert betreiben oder man streut das im Vorbeilaufen so ein, wie Sie das gerade machen“, sagt er.

Mit Wissenschaftlern hat AfD-Kandidat nicht gesprochen

Der AfD-Kandidat wieder in der Verteidigung: „Ich kann auch sagen, dass ich mich mit Wissenschaftlern unterhalten habe“, sagt Torsten Etgeton. So könne er auch Fakten präsentieren. Auf die Zwischenfrage, ob er das denn tatsächlich getan habe, kann er nur mit „nein“ antworten. Doch er redet sich weiter um Kopf und Kragen: Es gebe diverse Studien, die etwas anderes sagen würden, doch die würden unterbunden, diskriminiert oder nicht publiziert. „Ich weiß nicht, ob die richtig sind, ich bin kein Virologe.“ Doch warum würden andere Meinungen nicht gehört? „Sie stellen sich hin und sagen, das ist der einzige Weg“, wirft er Jens Spahn vor.

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Ein Vorwurf, den Jens Spahn kalt lächelnd an sich abtropfen lässt: „Ich habe nie gesagt, es gibt nur den einen Weg. Und ich habe immer gesagt, dass wir keine Wahrheiten verkünden. Wir kennen den perfekten Weg nicht.“

Aber es ist Aufgabe der Politik, Interessen abzuwägen: „Und eine Maske im Bus zu tragen, ist keine Frage von Wahrheit, sondern eine Abwägung zwischen Freiheitsinteressen des Einzelnen und dem Schutz der Anderen“, sagt er. „Wir haben immer alles hinterfragt und abgewogen. Und deswegen ist Deutschland vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen.“

Auch die anderen Kandidaten wollten die Äußerungen von Torsten Etgeton nicht unkommentiert stehen lassen. „Das zeigt sehr eindrucksvoll die wissenschaftsfeindliche Haltung, die einige hier an den Tag legen“, sagte Gerrit Bresch (Linke). Alexandra Schoo (Grüne) legte noch einmal den Fokus auf die Pflegekräfte. „Die sind über ihre Grenzen hinaus gegangen und haben sich teilweise weinend in den Armen gelegen“, sagte sie. Das Virus sei immer noch gefährlich und sollte ernst genommen werden.