Über 20 Prozent Jugendliche sind den Sportvereinen in Stadt und Ortsteilen in den vergangenen zehn Jahren weggebrochen. Ein Rückgang von 1612 Mitgliedern – nur im Jugendbereich. Diese Zahlen hat die Verwaltung jüngst der Politik vorgestellt.
„Erschreckend“, sagte dazu der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Räckers. Zahlen allerdings, die ihn mit Blick auf den demografischen Wandel nicht überraschten. Auch Reinhold Benning, Fachbereichsleiter Bildung, Kultur, Sport, führte den Rückgang vor allem auf zwei Faktoren zurück: Einerseits den demografischen Wandel, andererseits die Einführung der Ganztagsangebote an Schulen. „Ein Teil der Jugendlichen, die in den Vereinen jetzt fehlen, ist ganz einfach nicht geboren worden“, machte er deutlich.
Ein weiterer Teil sei durch Angebote im Offenen Ganztag jeden Tag deutlich länger in der Schule als noch vor einigen Jahren. Auch das spiele sicherlich eine große Rolle. Der Schwund an Mitgliedern sei in jedem Fall von extremer Bedeutung. „Es bleibt immens wichtig, die Jugend an den Sport zu binden“, erklärte er.
Wolfgang Reinert vom Stadtsportverband Ahaus betonte die enorme Bedeutung der Vereine. „Nicht nur sportlich und gesundheitlich, sondern auch sozial ist die Mitgliedschaft in einem Verein für Kinder und Jugendliche unendlich wichtig“, machte er deutlich. Die Verwaltung müsse im Zweifel auch prüfen, wie die Vereine in die Arbeit an den Schulen integriert werden könnten.
Der städtische Beigeordnete Werner Leuker sprach sogar davon, dass man städtische Infrastruktur, also Plätze und Hallen, bei einer weitergehenden Entwicklung noch einmal genau prüfen müsse.
Doch was sagen die Vereine? Insgesamt haben sich die Mitgliederzahlen zwischen 2013 und 2022 sogar leicht erhöht: 96 Mitglieder in Sportvereinen kamen dazu. Insgesamt waren Ende 2022 in Ahaus und den Ortsteilen damit 17.156 Menschen in Sportvereinen organisiert.
Mit ganz unterschiedlichen Mitgliederentwicklungen. Fast 50 Prozent weniger Jugendliche hat der VfB Alstätte aktuell im Vergleich zu 2013. Dessen Vorsitzender Marco Körkemeyer sieht vor allem das veränderte Angebot als Ursache: Einerseits, weil es einfach viel größer geworden sei, andererseits, weil zum Beispiel Eltern auch eher als früher bereit sein, ihre Kinder weitere Strecken zu fahren als den Verein vor der Haustür zu nutzen.
Natürlich hätten auch die beiden vergangenen Jahre unter Corona-Bedingungen bei den jüngsten Mitgliedern ein Loch gerissen. Insgesamt sei die Zahl der Aktiven unter den rund 940 Mitgliedern aber stabil. Das schwanke auch immer mal wieder etwas.
Wessum punktet mit Union Vital
Union Wessum beispielsweise ist seit einigen Jahren der Verein mit den meisten Mitgliedern in der Stadt. Ende 2022 weist die Statistik der Stadt 2686 Mitglieder aus. Über zehn Jahre ein Plus von gut 25 Prozent. „Das liegt aber auch mit an Union Vital“, sagt Geschäftsführer Johannes Kappelhoff. Allein dort, im Fitness & Gesundheitstreff des Vereins, seien über 1000 Mitglieder gelistet. „Eine große Zielgruppe mit sehr breitem Angebot“, erklärt er.
Der Verein bietet dort Kurse für Unter-Drei- bis Über-90-Jährige an. Dazu kämen beispielsweise noch Kurse für Schwangerschaftsvorbereitung und -nachsorge. Entsprechend mache sich der Verein über die Mitgliederzahlen aktuell keine Sorgen. Dennoch bemerke auch Union Wessum natürlich die Veränderung im Schulalltag. Auch der Wessumer Verein verzeichnet bei Kindern und Jugendlichen einen Rückgang um 15,1 Prozent.
Dennoch gehe die Entwicklung in die Gegenrichtung: Der Verein habe Mühe, allen Jugendmannschaften ausreichend Platz zu bieten. Überlegungen würden also eher in Richtung Erweiterung der Flächen gehen.

Der VfL Ahaus hat über zehn Jahre gut 20 Prozent Mitglieder verloren. Bei den Jugendlichen waren es rund 14 Prozent. Der deutlichste Rückgang beschränkt sich dabei auf die Jahre seit Ausbruch der Corona-Pandemie.
Das sieht so auch Geschäftsführer Ulli Helling: „Da kein Sport stattfinden durfte und viele sich die Mitgliedschaft nicht leisten konnten oder wollten“, erklärt er auf eine Anfrage unserer Redaktion. Sport habe ja gar nicht stattgefunden. Teilweise seien Turnhallen ja auch durch Flüchtlinge belegt. „Da findet man dann auch keine neuen Mitglieder“, sagt er. Ein Riesenproblem in allen spielenden Abteilungen.
Problem für spielende Abteilungen
Noch deutlicher ist der Rückgang in der Jugendabteilung von Eintracht Ahaus: Fast 60 Prozent jugendliche Mitglieder hat der Verein laut städtischer Statistik in den vergangenen zehn Jahren verloren. Insgesamt ist der Verein um 38 Prozent geschrumpft. Geschäftsführer Sascha Schwietering hat das Problem längst erkannt. Der Verein versuche, gegenzusteuern: „Wir haben oder starten Kooperationen mit Kitas oder veranstalten diverse Aktionen, zum Beispiel den Soccer Cup.“
Das sei auch immer gut angekommen. Vor drei oder vier Jahren habe es eine klare Lücke bei den Minis und der F-Jugend gegeben. Ein Problem. Denn Mitgliederzuwachs könne es nur von ganz unten – also den jüngsten Jahrgängen – geben.
Schwietering sieht aber auch in der Lage des Vereinsgeländes einen Hauptgrund für die Mitgliederzahlen: „Du fährst fünf Kilometer mit dem Fahrrad und erreichst mindestens fünf andere Vereine.“ Die Konkurrenz sei einfach extrem groß. Von einer Katastrophe für die Mitgliederzahlen mag er aber nicht reden.
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