Stadt plant mindestens drei Flüchtlingsunterkünfte Trotzdem bleibt Sporthalle Notunterkunft

Stadt plant neue Flüchtlingsunterkünfte: Sporthalle bleibt Notunterkunft
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Es kommen weiter Flüchtlinge nach Ahaus, gleichzeitig sind die Gemeinschaftsunterkünfte fast voll und auf dem freien Wohnungsmarkt ist kaum noch ein Platz zu bekommen. Schon zum Ende des Jahres könnte es keinen freien Platz für Flüchtlinge in der Stadt mehr geben.

Beigeordneter Werner Leuker und Michael Bethmann vom Fachbereich Arbeit und Soziales zeichneten am Montagabend ein düsteres Bild. „Was sollen wir machen, wenn alle Plätze belegt sind? Betten im Rathaus aufstellen?“, fragte Werner Leuker in die Runde der Politiker im Ausschuss für internationale Beziehungen, Gleichstellung und Integration.

Natürlich nicht. Doch die Lage ist kritisch. Gehe es so weiter, könne der Tag X schon Ende diesen Jahres erreicht sein. Der Tag, an dem es schlicht keinen Platz mehr in den Unterkünften für Flüchtlinge in der Stadt gebe.

Nicht alle Plätze belegen

In den vorhandenen Gemeinschaftsunterkünften gibt es aktuell maximal 427 Plätze. Dazu kommen 138 in der Notunterkunft in der Sporthalle im Vestert. Bei maximaler Belegung ohne jeden Freiraum wären das 565 Plätze. Die Stadt geht aber weiter davon aus, dass schon zum 1. November 457 Personen in den Unterkünften leben.

Bis zum 31. Dezember könnten es nach vorsichtigen Schätzungen 630 sein, die in Ahaus und den Ortsteilen untergebracht werden müssen. Monatlich könnten 30 dazu kommen. Prognostisch wären dann bis Ende 2024 1000 Personen unterzubringen. Wirklich verlässlich sind die Voraussagen natürlich nicht.

Problem: Längst nicht alle Plätze können auch tatsächlich belegt werden. Weil unterschiedliche Ethnien oder Religionen nicht zusammen untergebracht werden können. Weil beispielsweise eine fünfköpfige Familie in einer Unterkunft für rechnerisch sechs Personen lebt.

In den Gemeinschaftsunterkünften gehe der Stadt der Spielraum aus. Beispielsweise an der Fürstenkämpe seien etliche Zimmer inzwischen nicht mehr einfach sondern mehrfach belegt. Trotz der damit verbundenen wachsenden Spannungen. Weil es schlicht nicht anders gehe.

Fakt ist: Die Notunterkunft für Flüchtlinge in der Sporthalle im Vestert kann zum Ende des Jahres nicht wie geplant geschlossen werden. Sie soll, wenn es irgendwie geht, zum Schuljahr 2024/2025 wieder für Schul- und Vereinssport genutzt werden können. Schon das sei alles andere als wünschenswert: „Die wochenlange Unterbringung in der Notunterkunft ist menschenunwürdig – aber ohne Alternative“, erklärte Michael Bethmann.

Eine von drei neuen Gemeinschaftsunterkünften soll auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Gerding an der Wessumer Straße aufgebaut werden. Zwei weitere Standorte in der Kernstadt und in Ottenstein werden noch gesucht.
Eine von drei neuen Gemeinschaftsunterkünften soll auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Gerding an der Wessumer Straße aufgebaut werden. Zwei weitere Standorte in der Kernstadt und in Ottenstein werden noch gesucht. © Stephan Rape

Die Stadt will drei zusätzliche Gemeinschaftsunterkünfte in Modulbauweise errichten. Ein erster Standort steht fest: Auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Gerding an der Wessumer Straße soll kurzfristig eine Containerunterkunft mit rechnerisch 60 Plätzen aufgestellt werden. Realistisch könnten dort dann 52 bis 55 Menschen untergebracht werden.

Aber auch das reicht noch nicht. Beim Blick auf die Ortsteile müsse am ehesten in Ottenstein nach weiteren Plätzen gesucht werden. „Wir suchen nach einem weiteren Ort in der Kernstadt“, machte Beigeordneter Werner Leuker am Montagabend im Ausschuss deutlich.

Es gebe Standorte in der engeren Auswahl, nennen könne er sie aktuell aber noch nicht. In Alstätte ist eine Unterkunft mit ebenfalls 60 Plätzen am Bocholter Esch fast komplett umgebaut. Sie soll im November bezugsfertig sein.

Bis zur Fertigstellung der drei neuen Unterkünfte soll möglich umgehend eine Zwischenlösung gefunden werden. Beispielsweise in Industriehallen: Dort soll Platz für 50 Personen geschaffen werden. Mit den grob geplanten 180 zusätzlichen Plätzen sei es der Verwaltung erst einmal möglich, bis Mitte 2024 zu denken. Gleichzeitig brauche sie eben auch einige Plätze, um spontan auf Zuweisungen reagieren zu können.

Wohnungsmarkt ist erschöpft

Denn auch der Wohnungsmarkt in der Stadt sei schlicht erschöpft. „Wir sind die Einzigen, die für Unterkünfte sorgen können und es auch müssen“, betonte Werner Leuker.

Ein Ende der Flüchtlingsproblematik sei nicht absehbar. Dabei gehe es aber nicht nur um nackte Zahlen. Denn auch in der Verwaltung müsse die Arbeit in der Verwaltung leistbar bleiben. „Auch dafür müssen wir sorgen“, machte Werner Leuker deutlich. Immer häufiger blicke er aber inzwischen in erschöpfte und auch ratlose Gesichter der Verwaltungsmitarbeiter.

Unabhängig von der reinen Unterbringung soll auch die Sozial- und Integrationsarbeit ausgebaut werden. „Trotz aller Erfolge ist das mittlerweile schlicht zu wenig“, erklärte Werner Leuker zur Personaldecke der hauptamtlichen Sozialarbeiter in Kombination mit den ehrenamtlichen Integrationslotsen. So soll eine dritte Vollzeitstelle für soziale Arbeit geschaffen werden,

Nach kurzem Hin und Her unter den Politikern, das sich vor allem an der Bundes- und Landespolitik und damit weit entfernt von den Zuständigkeiten im Ahauser Ratssaal entzündete, stimmte der Ausschuss einstimmig für das bisher vorgelegte Konzept der Verwaltung. Schon wegen des erwarteten Kostenrahmes kann allerdings erst der Rat diesen Beschluss fassen. Der tagt am Donnerstag (2. November).

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 24. Oktober 2023.

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