Sparen oder heizen? Ahauser regt sich über Berechnung für Gaspreisbremse auf

Sparen oder heizen? Ahauser regt sich über Gaspreisbremse auf
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Ludger Wegener blickt äußerst skeptisch auf seinen Gaszähler: Der 61-jährige Ahauser fühlt sich hin- und hergerissen zwischen Energiesparen und möglichst viel heizen. Denn je mehr Gas er dieses Jahr verbraucht, desto größer ist die Menge, die er im kommenden Jahr zu einem günstigeren Preis bekommen soll. So sei ihm das von den Stadtwerken gesagt worden. Dabei möchte er doch eigentlich Energie einsparen.

Nachfrage bei den Stadtwerken in Ahaus: Deren Geschäftsführer Karl-Heinz Siekhaus nickt. Tatsächlich sei die aktuelle Gesetzeslage so. Die Bundesregierung wird ab März 2023 den Gaspreis für Privatkunden auf zwölf Cent je Kilowattstunde deckeln. Allerdings nur für 80 Prozent des Jahresverbrauchs. Karl-Heinz Siekhaus räumt ein: Es habe viele Diskussionen, viel politisches Hin und Her und auch teils widersprüchliche Informationen gegeben.

Den Jahresverbrauch soll der Erdgaslieferant im September 2022 prognostiziert haben. Soweit steht es zumindest in der Gesetzesvorlage.

Dass ein Berater der Stadtwerke jedoch empfehlen würde, für dieses Jahr noch möglichst viel Energie zu verbrauchen, um dann im nächsten Jahr mit einer möglichst großen Menge Gas von den rabattierten Preisen zu profitieren, kann er sich nicht vorstellen. „Das wäre ja auch eine klassische Milchmädchenrechnung“, sagt er. Die möglichen Mehrkosten in diesem Jahr würden ja kaum durch den gedeckelten Preis im Folgejahr aufgewogen.

Doch genau so will Ludger Wegener es von den Stadtwerken gehört haben. Mehrfach sei ihm gesagt worden, in diesem Jahr möglichst viel Energie zu verbrauchen, um im nächsten Jahr möglichst deutlich von dem rabattierten Energiepreis zu profitieren. Das wolle er aber auf keinen Fall so tun.

Werden Sparer bestraft?

Auch so sei die Regelung in seinen Augen einfach ungerecht. „Diejenigen, die sparen, werden bestraft“, sagt er. Unabhängig davon steht er zuhause natürlich weiter auf der Energiebremse. Wie eigentlich schon sei dem Bau seines Hauses Ende der 1990er-Jahre. Damals aus Umweltgedanken habe er auf energiesparende Bauweise gesetzt. Auch hat er sich für diese Heizperiode mit mehr Holz als üblich eingedeckt, um den Kamin zu befeuern.

Auch die Heizung hat er um einige Grad gedrosselt. Er geht davon aus, dass er seinen Gasverbrauch auf 14.000 Kilowattstunden pro Jahr drücken kann. Was er von der Entwicklung der Energiekosten erwartet? Da zuckt er mit den Schultern.

Energiemarkt ist leergefegt

Das mag auch Karl-Heinz Siekhaus nicht abschätzen. „Der Markt ist im Moment leergefegt. Da ist einfach keine vernünftige Prognose möglich“, betont er. Dabei geht er davon aus, dass die Preise auch dann noch hoch bleiben, wenn längst wieder mehr Gas auf den Markt kommt: Bei den Großmarktpreisen würde eine verstärkte Gaslieferung sofort durchschlagen. Bis zum Endverbraucher ist es dann aber noch ein weiter Weg. Beispiel: „Wir kaufen unseren langfristigen Bedarf mit bis zu drei Jahren Vorlauf ein.“

Über diese Dauer entstehe der Preis in einer Mischkalkulation. Um den Durchschnittspreis also wieder zu senken, müsse der aktuelle Beschaffungspreis schon deutlich nachgeben. Aber: „Der Krieg in der Ukraine ist wohl leider noch lange nicht vorbei. Und danach gibt es ja noch viele offene Fragen“, sagt Karl-Heinz Siekhaus. Zum Beispiel ob die Gasversorger in Deutschland zu den alten Kontrakten mit Russland zurückkehren. Oder wie und wann die Pipelines in der Ostsee repariert und wieder in Betrieb genommen werden.

Karl-Heinz Siekhaus, Geschäftsführer der Stadtwerke Ahaus, mag noch nicht abschätzen, wann die Preise für Strom und Gas wieder sinken. Das Niveau vor dem Ukrainekrieg werden sie aber wohl nicht mehr erreichen, schätzt er.
Karl-Heinz Siekhaus, Geschäftsführer der Stadtwerke Ahaus, mag noch nicht abschätzen, wann die Preise für Strom und Gas wieder sinken. Das Niveau vor dem Ukrainekrieg werden sie aber wohl nicht mehr erreichen, schätzt er. © Stadtwerke Ahaus

Kurz: „Für massive Preissenkungen gibt es im Moment keine Signale.“ Mehr noch: „Ich glaube nicht, dass wir das Preisniveau von vor einem Jahr noch einmal erreichen“, erklärt er.

Insgesamt würden die etwa 7400 Gas- und 17.000 Stromkunden der Stadtwerke Ahaus die Preisentwicklung relativ gefasst aufnehmen. „Auch wenn es natürlich zahllose Fragen gibt“, erklärt er. Zeitweilig seien alle zwölf Telefonleitungen der Stadtwerke dauerhaft belegt gewesen. Auch die Beratung im persönlichen Gespräch sei in den vergangenen Wochen völlig überlaufen gewesen. Unter anderem, weil die Grund- und Ersatzversorgungstarife für Strom und Gas fast doppelt so teuer wurden.

Enorme Belastung für Energiekunden

Auch Kunden, die langjährig diesen Strom- oder Gastarif genutzt hätten, seien nun in einen längerfristig gebundenen Tarif gewechselt. „Ich gehe eigentlich davon aus, dass fast alle wechseln werden“, sagt der Geschäftsführer. Sie würden eine Perspektive wollen, um irgendwie kalkulieren zu können.

In den Gesprächen sei aber immer wieder die enorme Belastung ein großes Thema. „Viele wissen nicht, wie sie Strom und Gas bezahlen sollen“, sagt Karl-Heinz Siekhaus. Bis zum äußersten, dem Abstellen von Strom und Gas, komme es aber selten. Und das werde auch in Zukunft für die Stadtwerke Ahaus kein großes Thema sein. Vor der Preiserhöhung habe es bei den Stadtwerken immer schon 200 bis 300 Kunden gegeben, die sich von Monat zu Monat durchhangeln würden. Und die zum Teil auch erst dann zahlen würden, wenn der Sperrkassierer vor der Tür stehe. Die würden jetzt natürlich noch größere Probleme bekommen.

Eins rät er unabhängig von persönlichen Verhältnissen oder dem Stand der Rechnung: „Niemand sollte es auf die lange Bank schieben, wenn es zu Problemen bei den Rechnungen kommt“, sagt er. Gemeinsam könne man immer nach Lösungen suchen.

Besonders ärgerlich: Wie Daniela Tenhumberg, Vertriebsleiterin der Stadtwerke Ahaus, einräumt, wurden durch den Briefdienstleister der Stadtwerke etliche tausend Anschreiben mit falschen Informationen zum Stromtarif zugestellt. „Wir haben den Irrtum schnell bemerkt und wenige Tage danach eine neues Anschreiben zugestellt“, sagt sie. Dennoch habe das natürlich zu zusätzlicher Unsicherheit bei vielen Kunden geführt.

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