Schuss auf Fluchtwagen stoppt 29-Jährigen nicht Schuldfähigkeit noch nicht geklärt

Schuss auf Fluchtwagen stoppt 29-Jährigen nicht
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Nicht mal ein Schuss konnte ihn stoppen: Mit rund 180 km/h flieht im März 2022 ein heute 29-Jähriger über die B54, die B70 und den Brinkerhook (L575) vor dem Zoll. Selbst ein Schuss, den einer der Zollbeamten aus nächster Nähe auf den Reifen seines Fahrzeuges abgibt, stoppt ihn nicht. Ein Beifahrer springt aus dem Auto, ruft noch „Der bringt uns alle um“ und flüchtet zu Fuß.

Erst in einem Wohngebiet in Enschede können Zoll, deutsche und niederländische Polizei den Mann schließlich stoppen und überwältigen. In seinem Blut: rund 2,6 Promille Alkohol sowie deutliche Spuren von Kokain und Amphetamin.

Die halsbrecherische Fahrt führt den Mann aus Gescher am Dienstag vor das Schöffengericht in Ahaus. Über seinen Verteidiger lässt er erklären, dass er nach einem Streit mit seiner damaligen Lebensgefährtin ziellos in die Niederlande gefahren sei. Dort habe er neben Alkohol auch Cannabis und Kokain konsumiert.

Er habe große Erinnerungslücken, ihm sei aber nicht bewusst gewesen, dass er vom Zoll verfolgt wurde. Er wisse nur noch, dass er plötzlich eine Waffe gesehen habe und auf das Auto geschossen wurde. „Ich hatte Angst, dass man mich erschießt“, sagte der Mann vor Richter und Schöffen.

Vor Gericht räumt er noch ein, dass er an einer paranoiden Schizophrenie leide. Seine Medikamente nehme er allerdings nicht regelmäßig.

Aus Sicht des 31-jährigen Zollbeamten, der geschossen hat, klingt das Geschehen anders: Mit seinem Kollegen wollte er den Mann hinter der Grenze kontrollieren. Als der Fahrer das bemerkte, habe er Gas gegeben und sei mit rund 180 km/h Richtung Alstätte gerast.

In Höhe der Vennstraße habe er wohl links abbiegen wollen. Das gelang jedoch nicht. „Um ein Haar hätte er den Blitzer dort umgefahren, er fuhr dann sogar ein Stück auf zwei Rädern und hat den Wagen wieder abgefangen“, sagte der Zollbeamte. Auch an der Ampelkreuzung mit dem Ahaus-Enscheder-Damm habe er trotz Rotlicht nicht angehalten.

Beifahrer rennt schreiend weg

Über den Kreisverkehr bei Alstätte und den Brinkerhook habe die Flucht bis zur L560 geführt. Dort konnten sich die Zollbeamten vor das Fluchtfahrzeug setzen. Der Beifahrer sei dann aus dem Auto gesprungen und zu Fuß weggerannt. „Der hat geschrien“, sagte der 31-Jährige. „Der bringt uns alle um“, soll der Flüchtende gerufen haben.

Der Zollbeamte sei schließlich ausgestiegen und wollte den Fluchtwagen mit gezogener Waffe stoppen. Dennoch habe das Auto einen Satz auf ihn zugemacht. Da habe er geschossen: durch den Kotflügel in den vorderen Reifen. „Hätte ich das nicht gemacht, hätte der mich umgefahren“, betonte der Zollbeamte.

Der Angeklagte habe dann ein Stück zurück gesetzt, sei mehrfach um eine Verkehrsinsel gefahren und habe die Flucht dann in Richtung Niederlande fortgesetzt. Erst dort in einem Wohngebiet habe man ihn stoppen können.

Unklar blieb, wie groß der Abstand zwischen Streifenwagen, dem Auto des Angeklagten und dem Zollbeamten war. Unklar blieb auch, ob das Auto vielleicht nur einen Satz nach vorne gemacht habe – etwa weil der Angeklagte versehentlich statt Rückwärts- den Vorwärtsgang eingelegt hatte. Diese Theorie hatte sogar der Staatsanwalt aufgebracht.

Verfahren wird fortgesetzt

Der Beifahrer des 29-Jährigen war eigentlich auch als Zeuge geladen. Er hatte am Morgen jedoch telefonisch erklärt, dass er krank sei. Ein Attest legte er nicht vor. Das trug ihm ein Ordnungsgeld von 300 Euro ein.

Direkt im Anschluss an den Verhandlungstermin am Dienstag und noch im Gerichtssaal untersuchte ein medizinischer Sachverständiger den Angeklagten. Das war vor Beginn des Verfahrens nicht möglich, weil der 29-Jährige mehrere Termine platzen ließ. Die Ergebnisse sollen ebenfalls zum Fortsetzungstermin vorliegen. Daran wird auch festgemacht, ob der Mann überhaupt schuldfähig war.

Das Verfahren wird am 22. August fortgesetzt.

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