Schiedsleute setzen beim Streit am Gartenzaun auf Diplomatie

Vermittler

Bevor ein Streit endgültig außer Kontrolle und vor Gericht gerät, versuchen Schiedspersonen zu vermitteln. Für Ahaus und die Ortsteile wird gerade ein neuer Ehrenamtlicher gesucht.

Ahaus

, 08.09.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Bisher sind Cornelius Bertels (64, l.) und Albert Schmelting (70) die Schiedsleute für Ahaus und die Ortsteile. Cornelius Bertels tritt Ende September zur Wiederwahl an, Albert Schmelting legt das Amt nieder.

Bisher sind Cornelius Bertels (64, l.) und Albert Schmelting (70) die Schiedsleute für Ahaus und die Ortsteile. Cornelius Bertels tritt Ende September zur Wiederwahl an, Albert Schmelting legt das Amt nieder. © Stephan Rape

Eskaliert beispielsweise zwischen zwei Nachbarn ein Streit, bleibt nur der Gang zur Schiedsperson: Cornelius Bertels und Albert Schmelting sorgen in Ahaus und den Ortsteilen für Frieden am Gartenzaun. Demnächst wird neu gewählt.

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Wie ein Fall verläuft, wie lange er dauert, mit welchem Ergebnis er abschließt? Fragen, die beide Schiedsmänner nicht pauschal beantworten wollen. „Das kommt wirklich ganz auf die Streitparteien an“, sagt Cornelius Bertels.

Auch Albert Schmelting nickt: „Ich hab mich schon acht oder zehn Wochen an einem Streitfall abgearbeitet. Für nichts und wieder nichts.“ Am Ende ging der Fall doch vor Gericht.

Keine Rechtsberatung und kein Urteil sondern Vermittlung

„Wir sind weder eine Rechtsberatung noch fällen wir ein Urteil“, erklärt Cornelius Bertels. Das Motto des Bunds Deutscher Schiedsleute sage es ja schon: „Schlichten statt richten.“

Originäre Aufgabe sei die Vermittlung zwischen den streitenden Parteien. Oft seien das Nachbarn, die sich über diesen oder jenen Grenzkonflikt in die Haare geraten seien. „Weil die Einfriedung nicht richtig ist oder weil ein Ast über den Zaun reicht“, sagt Albert Schmelting.

Bewerbung bis 17. September bei der Stadt

Bewerbungen um das Amt als Schiedsfrau oder Schiedsmann sind noch bis zum 17. September bei der Stadt Ahaus möglich. Celena Bork vom Büro der Bürgermeisterin, Tel. 02561/72114, oder c.bork@ahaus.de, nimmt sie entgegen.

Auch bei diesen Fällen gebe es aber keine Paradelösung oder auch nur ein absehbares Ergebnis. „Das unterscheidet sich ja schon darin, ob sich der Streit über Jahre aufgestaut hat und an einem Punkt eskaliert oder ob es eine ganz neue Situation ist“, erklärt er weiter.

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In einem Fall habe er beispielsweise versucht, einen Streit zu lösen, in dem die Parteien schon in der dritten Generation über Kreuz lagen. „Da hat man dann natürlich keine Chance“, macht er deutlich. Das liege dann auch daran, wenn es bei den Terminen vorab nicht den geringsten Einigungswillen gebe.

Dennoch ist der Gang zum Schiedsmann Pflicht, bevor Privatleute gegeneinander vor Gericht prozessieren. Ganz gleich, wie der mögliche Ausgang ist.

20 Jahre war Albert Schmelting als Schiedsmann in Alstätte, Graes und Ottenstein tätig. Eine Zeit für das Ehrenamt, die er nicht bereut. „Ich habe das sehr gerne gemacht, aber jetzt ist es auch gut gewesen.“

Weil er zur nächsten Wahl Ende September schon 70 ist, kandidiert er nicht noch einmal. Denn das ist eine der wenigen Vorgaben für die Schiedsleute.

„Eine Kann-Vorschrift“, sagt Albert Schmelting. Schiedsleute sollen bei der Wahl zwischen 30 und 70 Jahren alt sein. Sie werden von den Politikern im Ahauser Rat gewählt.

Schiedsleute brauchen keine speziellen Vorkenntnisse

Spezielle Vorkenntnisse werden nicht benötigt. „Gesunder Menschenverstand, Problembewusstsein, Verständnis und die Fähigkeit zur Vermittlung“, nennt Cornelius Bertels ein paar Schlüsselqualifikationen für Schiedsleute. Albert Schmelting ergänzt das: Es gehe darum, zuzuhören und sich in eine Situation hineinzudenken. Nur so könne man die Parteien zur Annäherung bringen und Kompromisse herbeiführen.

Und dann ist da noch der Papierkram: „Der ganze Vorgang ist sehr formalisiert“, sagt Albert Schmelting. Protokolle müssten geführt, Gespräche oder die Schlichtungen genau verschriftlicht werden.

Das alle koste natürlich Zeit: Rund zehn Stunden investieren die Schiedsleute in ihr Ehrenamt im Monat. Auch das natürlich wieder nur ein ungefährer Durchschnitt.

Dazu kommt die Bereitschaft zur Fortbildung: Denn der Bund der Schiedsleute bietet regelmäßige Schulungen zu unterschiedlichen Inhalten an.

Bezirke sind neu eingeteilt

Beim Thema Arbeitsaufwand gibt es gerade etwas Neues: In der vergangenen Ratssitzung haben die Ahauser Politikerinnen und Politiker dafür gestimmt, dass die Arbeit zukünftig etwas anders aufgeteilt wird. Ein Bezirk für die Schiedsleute ist seit der vergangenen Ratssitzung die Kernstadt. Der andere umfasst die fünf Ortsteile.

„So ist das einfach etwas besser verteilt“, erklärt Cornelius Bertels. Das Ehrenamt insgesamt ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: „Es ist ein Teil unseres Justizsystems und irgendjemand muss es doch machen.“