Es sind 1244 in 224 Kartons. Insgesamt eine Tonne schwer. Die historischen Dokumente aus dem Ahauser Stadtarchiv werden zurzeit von Spezialisten in Leipzig entsäuert, haltbar gemacht.
Oft ist es der sogenannte Gilb, der anzeigt, dass Papiere Schaden genommen haben. Die weiteren Folgen sind dann, dass sie porös werden und schließlich zerbröseln. Etwa 70 Prozent des Ahauser Archivbestands ist betroffen und vom Verfall bedroht. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Dokumente aus dem Zeitraum von 1840/50 bis 1970.
Die Mischung macht sauer
Dabei ist die Diagnose schon lange klar, die „Therapie“ auch: Um den Zeitraum 1840/50 herum wurde das Papier nicht mehr aus alten Lumpen hergestellt, sondern hauptsächlich aus Holz, das zu Holzschliff und Zellstoff verarbeitet wurde. Gleichzeitig wurde diese Masse mit einer Harz-Alaun-Leimung versehen, die das so entstandene Papier im wahrsten Sinne des Wortes sauer macht. Darüber hinaus führt das im Holzschliff vorhandene Lignin dazu, dass das Papier schnell brüchig und gelb wird.
Durch die jetzt vorgesehene Entsäuerung im Zentrum für Bucherhaltung (ZFB) wird versucht, dieses Grundproblem früherer Papierherstellung zu beseitigen und so eine nachhaltige professionelle Aufbewahrung der Archivalien zu garantieren.
Bei dem Verfahren wird die enthaltene Säure neutralisiert und ein alkalischer Puffer eingebracht, um den Abbau des Papieres zu verlangsamen.
Dokumente werden aufwändig entsäuert
Um die Archivalien zu schonen, werden in Leipzig alle Akten zunächst einzeln durchgesehen und nicht geeignete Materialien wie zum Beispiel Fotografien aussortiert. Danach werden die Archivalien in einem Spezialbehälter unter Vakuum mit dem Trägermedium Heptan getränkt, wodurch feinst vermahlenes Magnesium/Calciumcarbonat in das Papier eingetragen wird. Anschließend wird alles getrocknet, kontrolliert und zum Ende des Jahres wieder zurück ins Stadtarchiv transportiert. Organisatorisch betreut wird das Projekt durch das LWL-Archivamt für Westfalen in Münster, das auch alle Vor- und Nacharbeiten übernimmt.
Land fördert Projekt mit 60 Prozent
Erstmals nimmt das Ahauser Stadtarchiv an der Massenentsäuerung von Archivgut teil. Das Land NRW übernimmt dabei 60 Prozent der Projekt-Kosten. Wie hoch die ausfallen werden, weiß Dr. Margret Karras vom Fachbereich Bildung, Kultur, Sport, die auch für das Archiv zuständig ist, noch nicht genau: „Das kann ich genau erst sagen, wenn die Rechnung vorliegt.“ Sie rechnet aber damit, dass etwa 5000 bis 6000 Euro anfallen werden.
Da mit der jetzigen Charge aber erst ein kleiner Teil des betroffenen Archivmaterials, nämlich 20 Prozent, „repariert“ werden, hofft Dr. Karras auf Fortsetzung: „Wenn wir jedes Jahr weitere 20 Prozent entsäuern lassen, wären wir nach vier Jahren durch.“ Warum aber ist diese arbeits- und kostenintensive Aktion überhaupt so wichtig? Dr. Karras‘ Antwort ist so kurz wie eindeutig: „Weil das Archiv das Gedächtnis der Stadt Ahaus ist.“ Aus den dort gelagerten Schriftstücken wie Meldebücher, Standesamtsregister und Ratsprotokolle lässt sich vieles über die Stadt und die Menschen bedeutsamen historischen Zusammenhänge erschließen.
Seit über 30 Jahren dem Medienhaus treu verbunden geblieben, zunächst in Steinfurt und jetzt in Ahaus. Hegt eine Leidenschaft für gute Geschichten, Menschen und ihre Schicksale.
