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Mit zwei Kilo Gras an der Grenze erwischt – und trotzdem ein freier Mann
Drogenfund in Alstätte
Er schmuggelte zwei Kilo Marihuana nach Deutschland – für 300 Euro. Dafür verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Gefängnisstrafe. Doch im Berufungsverfahren kam alles anders.
Der Mann, der am Freitag auf der Anlagebank saß in Saal 11 des Landgerichts in Münster, sah eigentlich nicht aus wie ein Krimineller. Wie ein Drogenkurier schon gar nicht. Seinen Vater hatte er mitgebracht, für ihn ging es um viel. Sehr viel. Das Amtsgericht Ahaus hatten den Mann aus Werdohl im Sauerland im vergangenen Mai zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Hätte bedeutet: Keine Bewährung, sondern Haft – und damit einhergehend den Verlust seines Jobs als Maschinenführer, bei dem er die Aussicht auf eine Entfristung des Arbeitsvertrages hat.
Aber wie kommt es dazu, dass der heute 28-Jährige vor ziemlich genau zwei Jahren in Alstätte mit knapp zwei Kilogramm Marihuana im Kofferraum vom Zoll angehalten wurde? Der davor und danach niemals einschlägig aufgefallen ist, keine Drogen nimmt und selten Alkohol trinkt?
Keine Fragen gestellt
Er habe „eine ziemliche Dummheit“ begangen, räumte der Mann ein. Für einen Lohn von 300 Euro sollte er Betäubungsmittel von den Niederlanden über die Grenze nach Deutschland schmuggeln. Mit zwei Bekannten fuhr er in zwei Mietwagen über die Grenze, wo der Ankauf stattfand. Er war nicht dabei, einer der Freunde platzierte das Marihuana im Kofferraum des Angeklagten. Der wiederum stellte keine Fragen, worum es sich handelte oder welche Menge er schmuggeln sollte.
Direkt hinter der Grenze in Alstätte nahm das Unheil seinen Lauf: Zollkontrolle, die Beamten fanden die Drogen – eine durchaus stattliche Menge, die im Normalfall eine Gefängnisstrafe nach sich zieht.
Gefängnisstrafe drohte
In der Berufungsverhandlung am Freitag beim Landgericht in Münster ging es aber nicht um den Sachverhalt an sich. Die Anwältin des Angeklagten machte direkt deutlich, dass die Berufung nur auf die Rechtsfolgen beschränkt sei, wie es im Juristendeutsch heißt. Das Ziel: Die Strafe auf maximal zwei Jahre zu drücken, damit diese zur Bewährung ausgesetzt werden kann. „Er wusste nicht, welche Menge rübergebracht werden sollte“, argumentierte der Rechtsbeistand. „Er ist nicht der typische Kurierfahrer.“
Diesen Eindruck machte der Angeklagte in der Tat nicht. „Ich kann mich nicht genau erinnern, was damals exakt besprochen worden ist“, erklärte er auf die Nachfrage des Richters, welche Abmachungen im Vorfeld der verhängnisvollen Fahrt getroffen worden waren. Und wie kam der Kontakt zu den beiden Mitfahrern zustande? Der Angeklagte führte Erinnerungslücken an: „Ich glaube, mitten auf der Straße angesprochen worden zu sein. Ich habe mich von den falschen Leuten breitschlagen lassen.“
Leicht beeinflussbare Persönlichkeit
„Sie wussten aber schon, worum es geht?", fragte der Richter weiter. „Im ersten Moment nicht wirklich. Bei mir hat es erst klick gemacht, als die das gefunden haben.“ Das mag zunächst unglaubwürdig klingen, doch ein psychologisches Gutachten lieferte Erklärungsansätze. Der Gutachter stellte zwar keine psychischen Erkrankungen fest und attestierte eine Intelligenzminderung allenfalls im normalen Bereich. „Sicherlich weist der Patient einfachere Denkstrukturen auf“, und er sei „leicht beeinflussbar“.
„Ich wünschte mir, ich hätte das nicht gemacht“, sagte der Mann in seinen letzten Worten. Auch Reue wird bei Gericht registriert, ausschlaggebend war letztlich eine andere Frage: „Haben wir es mit einem minderschweren Fall zu tun?“, machte der Vorsitzende deutlich. Diese Frage bejahte er, denn letztlich habe es sich um eine Hilfstätigkeit gehandelt. Die Tatherrschaft hatten andere. Letztlich verurteilte das Gericht den Angeklagten zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 1800 Euro.