Kosten für den Ahauser Rat Aufwand und Verdienstausfall - wie viel Geld bekommen Ratsmitglieder?

Aufwand und Verdienstausfall - wie viel Geld bekommen Ratsmitglieder?
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Fast 390.000 Euro - so viel Geld hat die Stadt Ahaus im vergangenen Jahr für die politische Arbeit in der Stadt ausgegeben. Das gab die Stadt auf Nachfrage der Redaktion bekannt. Ein guter Batzen dieser Summe ging direkt an die 42 Mandatsträger des Stadtrates. Dabei ist Lokalpolitik eigentlich ein Ehrenamt.

Und wie viel Geld fließt tatsächlich an die einzelnen Rats- und Ausschussmitglieder?

370 Euro für Ratsmitglieder

„Geregelt wird die Vergütung durch die Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse (Entschädigungsverordnung EntschVO)“, heißt es von der Stadt. Jedes Ahauser Ratsmitglied hat 2022 demnach eine monatliche Aufwandsentschädigung von 370 Euro ausgezahlt bekommen. Das richtet sich nach der Einwohnerzahl: Dafür hat die Stadt also schon rund 186.000 Euro ausgegeben.

Außerdem sind zusätzliche Aufwandsentschädigungen für bestimmte Ämter festgelegt. Sie sind vorgesehen für

  • die erste stellvertretende Bürgermeisterin: 1110 Euro monatlich (Maria Woltering/CDU)
  • die zweite stellvertretende Bürgermeisterin: 555 Euro monatlich (Beatrix Wantia/CDU)
  • den dritten stellvertretenden Bürgermeister: 555 Euro monatlich (Klaus Löhring)
  • die Fraktionsvorsitzenden von Fraktionen mit mehr als acht Mitgliedern: 1110 Euro monatlich (Dr. Michael Räckers/CDU)
  • die Fraktionsvorsitzenden von Fraktionen von acht oder weniger Mitgliedern: je 740 Euro monatlich (Hubert Kersting/UWG, Dietmar Eisele/Grüne, Andreas Dönnebrink/SPD, Christiane Gottheil/FDP, Hermann Josef Haveloh/WGW),
  • die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von Fraktionen mit mindestens 16 Mitgliedern: je 555 Euro monatlich (Thomas Vortkamp/CDU, Christian Rudde/CDU)
  • die Ausschussvorsitzenden: 370 Euro monatlich (Gisa Müller-Butzkamm/Grüne, Renate Schulte/UWG, Beatrix Wantia/CDU, Gerrit Messelink/UWG, Thomas Vortkamp/SPD, Andreas Dönnebrink/SPD, Dr. Michael Räckers/CDU, Klaus Lambers/SPD, Johannes Terhaar/CDU, Christian Rudde/CDU, Manfred Verweyen/CDU, Hermann Josef Herickhoff/SPD)
  • und die Ortsvorsteher: 255 Euro monatlich (Bernhard Hackfort/CDU, Christian Rudde/CDU, Josef Terhalle/CDU, Manfred Verweyen/CDU), Beatrix Wantia/CDU

Bürgermeisterin Karola Voß erhält für ihren Vorsitz im Rat sowie im Haupt- und Wahlausschuss keine Aufwandsentschädigungen zu ihrer Besoldung als kommunale Wahlbeamtin.

Einwohnerzahl ist entscheidend

Die Höhe der Aufwandsentschädigung richtet sich dabei nach der Einwohnerzahl. Ausschlaggebend ist die Einwohnerzahl zur vergangenen Kommunalwahl (37.963; Stand: 30.4.2019). Bei der aktuellen Einwohnerzahl von 40.655 (Stand 31.12.2022) bekämen die Ratsmitglieder und Amtsinhaber höhere Aufwandsentschädigungen: beispielsweise 420 Euro pro einfaches Ratsmandat.

Einige Ratsmitglieder bekleiden mehrere Ämter: Beispielsweise Dr. Michael Räckers (Fraktionsvorsitzender der CDU/Ausschuss für Wirtschaft, Digitalisierung und Energie). Das bedeutete im vergangenen Jahr für ihn eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1480 Euro für die Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender und Ratsmitglied. Wegen der Ausschusssitzungen, bei denen er im Januar, April, September und November 2022 den Vorsitz hatte, bekam er nochmals 370 Euro – also 1850 Euro monatlich. Festgehalten ist diese monatliche Pauschale in der Hauptsatzung der Stadt, bzw. der NRW-Gemeindeordnung.

Dr. Michael Räckers ist Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion in Ahaus.
Dr. Michael Räckers ist Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion in Ahaus. © CDU Ahaus (Archiv)

Wie die Stadt mitteilt, ist dies der Höchstbetrag, den Ratsmitglieder monatlich als Aufwandsentschädigung erhalten können.

Hoher Zeitaufwand für Politiker

Darauf angesprochen erklärt Dr. Michael Räckers, dass er sich nie die Mühe gemacht habe, den zeitlichen Aufwand für seine politische Arbeit nachzuhalten. Dieser gehe jedoch weit über das hinaus, was im Bürgerinformationssystem an Rats- und Ausschusssitzungen nachzulesen sei.

Hinzu kämen Vor- und Nachbereitungen von Fraktionssitzungen, viele Termine und auch Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern. „Sicherlich ist das kein hoher Stundenlohn“, sagt Michael Räckers. Er ist hauptberuflich als Geschäftsführer am Institut für Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig.

Allerdings fließt ein Teil der persönlichen Aufwandsentschädigung zurück in die Parteiarbeit. Etwa 30 Prozent der Summe werden an die CDU gespendet.

Zumal auch nur ein Teil der gezahlten Aufwandsentschädigungen wirklich bei den Politikern ankomme. „Sie sind einkommenssteuerpflichtig“, sagt Michael Räckers. 250 Euro sind steuerfrei. Für Ämter wie Fraktionsvorsitz, Stellvertretung der Bürgermeisterin oder Ortsvorsteher erhöht sich der Steuerfreibetrag um 250 Euro monatlich.

Aufwandsentschädigung hilft jungen Politikern

Christopher Eing (Grüne), einfaches Mitglied und mit 23 Jahren gleichzeitig der jüngste Ratspolitiker in Ahaus, nennt konkrete Zahlen: Er bekommt für sein Ratsmandat 370 Euro monatlich, von denen er etwa 70 Euro an die Partei spende, beispielsweise für die Raummiete des Grünen-Büros in der Innenstadt. Auch er macht deutlich, dass das Verhältnis zwischen Zeitaufwand und Entschädigung nicht dem Mindestlohn entspreche.

Aus eigener Erfahrung berichtet er, dass neben dem Studium und neben der Politik keine Zeit mehr bleibe, einem Nebenjob nachzugehen. Grade dann sei es hilfreich, eine entsprechende Summe zu bekommen.

Christopher Eing ist einfaches Mitglied in der Ratsfraktion der Grünen in Ahaus.
Christopher Eing ist einfaches Mitglied in der Ratsfraktion der Grünen in Ahaus. © Die Grünen Ahaus (Archiv)

Ratsmitglieder haben auch Anspruch auf Entschädigung für möglichen Verdienstausfall. Das nutzen sie in Ahaus aber kaum: Lediglich 385,31 Euro zahlte die Stadt im Jahr 2022 (2021: 455,66 Euro, 2020: 90,74 Euro, 2019: 229,22 Euro).

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels hatten wir berichtet, dass die alle stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden eine Aufwandsentschädigung von zusätzlich 555 Euro monatlich bekommen. Das trifft jedoch nur auf die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU (Thomas Vortkamp und Christian Rudde) zu. Die Aufwandsentschädigung von 555 Euro erhalten nur stellvertretende Fraktionsvorsitzende, deren Fraktionen mehr als acht Mitglieder haben. Bei mehr als 16 Mitgliedern können auch zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende die Entschädigung erhalten. In Ahaus trifft das nur auf die CDU zu. Festgelegt ist das in der Hauptsatzung der Stadt, bzw. in der NRW-Gemeindeordnung. Darin ist ebenfalls geregelt, dass die Ausschussvorsitzenden ihre Aufwandsentschädigungen monatlich und nicht pro Ausschuss erhalten. Die irrtümlichen Angeben gehen auf eine unvollständige Auskunft der städtischen Pressestelle zurück.

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