Die Kreisjägerschaft fürchtet die Schweinepest. Um den Bestand an Schwarzwild zu dezimieren, startete sie eine revier- und grenzübergreifende Aktion.
So eine Sauerei. Wieder im Dreck gelandet. Die Beine in einem der unzähligen, sumpfigen Löcher, den Arm mit der Kamera in die rettende Höhe gereckt, gibt’s nur eins: Aufrappeln, auf die Grasnarbe zurückhieven. Und weiter. Warum tut man sich das an: bei Sauwetter durch Amtsvenn und Hündfelder Moor, über Stock und Stein, durch Maschendraht, Dickicht, Gräben?
Es werden sich einige der 180 Treiber bei der vom Schwarzwildring der Kreisjägerschaft Borken organisierten „Drückjagd“ am Samstag ähnliches gefragt haben. Sicher auch ein paar der 160, die auf niederländischer Seite mitmachen. Gemeinsam wollen die Jäger und ihre Helfer in einer großen, revier- und grenzübergreifenden Aktion dem gewachsenen Schwarzwild auf die Pelle rücken.
ASP - die Afrikanische Schweinepest
Schuld daran ist die Afrikanische Schweinepest, „ASP“ im Jägerjargon. „Wenn die hier aufkommt und wir haben einen hohen Bestand, dann ist das bedrohlich für die Landwirtschaft“, hat Stefan Woltering im Vorgespräch erklärt. Der Alstätter leitet den Schwarzwildring und organisiert die Jagd. Heute ist er „Durchgehschütze“: Er leitet eine der Treiberwehrgruppen, das Gewehr hat er nur für den Notfall dabei. Der tritt zwar nicht ein, aber auch sonst bleibt es sehr ruhig.

Gut beschirmt auf der Jagd © Christiane Nitsche
Während es reichlich Wasser von oben und unten gibt, macht sich der Anlass der kräftezehrenden Tour rar: kein Schwein da. Da plötzlich ruft Stefan Woltering: „Da vorn, eine Sau!“
Die Sau ist schnell weg...
Sie ist so schnell weg wie gesehen, und obwohl die Hunde bellend hinterherjagen, geht sie am nächsten Drückjagdbock, wo einer der Jäger wartet, ungesehen vorbei. „Wir müssen die Kette dichter halten“, mahnt Woltering seine Treiber. „Sonst laufen wir an denen vorbei.“
Wildschweine sind Meister im „sich Drücken“. Das Venn bietet beste Voraussetzungen dafür: Mulden, Löcher, Gräben, dazu hohes Gras und zwischendrin Gehölze mit wildem Dickicht. „Und was mache ich, wenn eins auf mich zukommt?“, fragt ein Treiber. Es ist wohl seine erste Jagd. Schon nach einer halben Stunde ist er durchnässt bis auf den Hosenboden. Aber auch damit ist er nicht allein.
Warten, bis was vor die Flinte läuft
Auf einem der Hochsitze wartet Alexander Vöcking darauf, dass ihm etwas vor die Flinte kommt. Geschossen werden dürfen heute neben Wildschweinen auch Rehe, allerdings keine Böcke. „Die werden auf Drückjagd nicht geschossen“, erklärt Woltering. Auch „führende Stücke“, also Muttertiere mit Nachwuchs sind tabu – Schwein hin oder her. Außerdem gilt die Devise, dass nur sauber geschossen werden darf. Will heißen: Nur wer sicher ist, dass er einen tödlichen Schuss setzen kann, soll abdrücken. „Hackfleisch müssen wir nicht haben“, kommentiert das Bernhard Rolfes, der wie Woltering als Durchgehschütze eine der Treibergruppen führt.
Über Funk hält Vöcking murmelnd Kontakt mit anderen Jägern, berichtet über die Hunde, die wieder eine Fährte aufgenommen haben und bellend vorbeistieben. Sonst passiert nicht viel in den drei Stunden, die er auf seinem Hochsitz verbringt.
Schwein haben am Ende andere: Die Rotte etwa, die beim Aufstellen der Ansitzböcke das Revier wechselt. Ein Gastjäger bringt einen Keiler zur Strecke. „Der ist zwei bis drei Jahre alt“, schätzt Woltering. Sonst ist die Bilanz eher mau. Die Enttäuschung ist vielen anzumerken: 21 Sichtungen, vier Schweine auf deutscher Seite erlegt, zwei auf der niederländischen. „Trotzdem ist es richtig und wichtig, dass wir das machen“, betont Woltering immer wieder. Auch im nächsten Jahr solle es eine solche Jagd geben, „weil sich der Schwarzwildbestand in einem Jahr um 300 Prozent steigern kann, wenn nicht gejagt wird.“
Bevor die Jagd formell mit dem „Jagd vorbei und Halali“ der Jagdhornbläser beendet werden kann, gehört das Tier aber noch „aufgebrochen“. Scharf auf diese Aufgabe scheint niemand zu sein. Am Ende macht es Woltering selbst. Auch zwei der drei Sauen, die dazukommen, werden noch am Streckenplatz jagdmännisch ausgenommen, bevor sie zusammen mit drei Rehen, die dran glauben mussten, auf den Streckenplatz kommen. Dr. Ansgar Hörster von der Unteren Jagdbehörde verpasst dem Keiler noch eine Kunststoffplombe. „Da werden noch Proben für eine Laboruntersuchung auf Trichinen genommen.“