Für die Kontrolle der neuen Regeln ist das Ordnungsamt zuständig.

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Hier Ausgangssperre, in Holland shoppen: Meinungen gehen auseinander

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Bald gilt die Bundes-Notbremse mit Ausgangssperre und weiteren Beschränkungen – und in den Niederlanden öffnen Ende April Geschäfte und Außengastronomie. Wir haben Reaktionen gesammelt.

Ahaus

, 22.04.2021, 19:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Bundes-Notbremse wird kommen. Am Donnerstag hat auch der Bundesrat seine Zustimmung gegeben. Damit drohen auch dem Kreis Borken Ausgangsbeschränkungen und selbst im privaten Raum strenge Kontaktverbote. Denn die Inzidenz liegt seit Tagen deutlich über der kritischen Marke von 100.

Kreis beruft Videokonferenz mit den Bürgermeistern ein

Beim Kreis Borken laufen bereits die Vorbereitungen. Auf Anfrage berichtet Kreis-Pressesprecher Karlheinz Gördes, dass auf Einladung des Landrats am Freitag alle Bürgermeister zu einer Videokonferenz zusammenkommen. „Dort wird das weitere Vorgehen besprochen.“

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Denn beim Kreis rechnet man damit, dass die Notbremse sehr schnell greifen könnte – auch rückwirkend. Eines der Themen bei der Videokonferenz wird sein, wie die Einhaltung der Maßnahmen kontrolliert wird. „Die Zuständigkeit liegt bei den Kommunen“, erklärt Gördes. Und damit bei den städtischen Ordnungsämtern. Stefan Hilbring, Pressesprecher der Stadt Ahaus, erklärt dazu: „Sobald wir das Gesetz vorliegen haben, werden wir uns mit der Polizei abstimmen.“

Dass Streifenbeamte – gerade bei den Kontrollen der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen – Unterstützung leisten werden, bestätigte bereits die Kreispolizei Borken.

Unterschiedliche Reaktionen in den sozialen Netzwerken

In den sozialen Netzwerken wird das Thema heftig diskutiert. Unter einem Facebook-Post der Münsterland Zeitung zur Ausgangssperre sammeln sich innerhalb kürzester Zeit mehr als 125 Kommentare. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander.

Ein Teil findet die neue Regelung total in Ordnung. „Einfach nicht meckern. Ausgangssperre in Kauf nehmen und dann das Ergebnis abwarten“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer meint: „Ich bin da weniger egoistisch und kann mich eine Weile ohne Probleme einschränken. Den Aufschrei finde ich völlig übertrieben.“

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Doch es gibt auch die genau gegenteiligen Meinungen. „Völliger Schwachsinn“, schreiben gleich mehrere Nutzer. Viele stellen den Nutzen der Ausgangssperre infrage. Eine Frau glaubt, dass es dennoch private Treffen geben wird: „Warum auch nicht? Die können doch einfach vorher einen Schnelltest machen.“

Eines fällt bei all den Kommentaren jedoch auf: Es herrscht viel Unverständnis. Warum es für Spaziergänge alleine eine Ausnahmeregelung gibt, die allerdings bei einem Spaziergang mit dem Mann oder der Frau nicht gilt, versteht niemand. Die Ungleichbehandlung von Unternehmen finden ebenfalls viele unfair.

Schuhhändler bekommt Grenz-Unterschiede zu spüren.

Hans-Jürgen Robers, Geschäftsführer von Schuhe Robers, fällt zu alldem nur noch ein Wort ein: paradox. In den Niederlanden sind die Inzidenzzahlen in etwa doppelt so hoch wie im Kreis Borken – und da wird ab dem 28. April gelockert. Seinen Schuhladen in Winterswijk darf er dann für eine bestimmte Kundenanzahl öffnen. Für seine Geschäfte in Deutschland wie in Ahaus und Stadtlohn gelten – je nach Kreis – andere Regelungen: Click and Meet ohne Test oder mit Test. Oder aber – wenn der Inzidenzwert über 150 liegt – nur noch Click and Collect.

Im Telefonat mit der Redaktion ist sein Kopfschütteln zu erahnen. Wie sieht er denn die Lockerung in Holland aus Sicht des Geschäftsmanns? „Ein kleiner Hoffnungsschimmer“, sagt er. Mehr nicht. Denn: Er hat festgestellt, dass je größer und zentraler ein Standort ist um, umso schlechter läuft es dort aktuell. Das betrifft vor allem seine Läden in Wesel, Bocholt – und Winterswijk.

Hans-Jürgen Robers kann sein Schuhgeschäft in Winterswijk (Inzidenzwert laut Dashboard 343, Stand 22. April) ab dem 28. April wieder für eine bestimmte Kundenanzahl öffnen, in Ahaus und Stadtlohn ginge selbst click und meet nicht mehr, wenn der Inzidenzwert höher ist als 150. „Paradox", findet der Geschäftsmann.

Hans-Jürgen Robers kann sein Schuhgeschäft in Winterswijk (Inzidenzwert laut Dashboard 343, Stand 22. April) ab dem 28. April wieder für eine bestimmte Kundenanzahl öffnen, in Ahaus und Stadtlohn ginge selbst click und meet nicht mehr, wenn der Inzidenzwert höher ist als 150. „Paradox", findet der Geschäftsmann. © privat

Die Hälfte der Kundschaft in Winterswijk machen die Deutschen aus, den Rest teilen sich die Winterswijker und die Niederländer aus dem Umfeld, so seine Erfahrungen. Also: „Solange die Deutschen nicht kommen können....“.

Am Tag nach dem „Koningsdag“ darf er nun seinen Laden wieder öffnen für Kunden. „Das haben mir meine Mitarbeiter direkt begeistert geschrieben“, erzählt er. Ab dann gilt aber auch Maskenpflicht in den Läden.

Aktuell geht Shoppen dort nach Terminvereinbarung. „Vier Stunden vorher muss der Termin ausgemacht werden“, erzählt der Stadtlohner. Dass er die niederländische Regelung für wenig praktikabel hält, klingt durch. Click and Meet laufe aber auch in Winterswijk eher mau. Bleibt abzuwarten, wie sich der Umsatz dort nach dem 28. April entwickelt.

Negativ-Test-Pflicht: „Das hat die Sache einbrechen lassen“

Für die neun Geschäfte in Ahaus, Stadtlohn, Borken, Bocholt, Rhede, Wesel, Greven, Coesfeld und Dülmen sieht es unterschiedlich aus. Im Kreis Coesfeld darf ohne Termin und Test geshoppt werden. Im Kreis Borken aber nur mit negativem Test nach Terminvereinbarung. Seine Erfahrungen für den Kreis Borken: niederschmetternd. „Das hat die Sache einbrechen lassen.“

„Die drei Wochen im März waren gut“, blickt der Geschäftsführer zurück. Shoppen mit Termin – seinerzeit ohne Testergebnis als Voraussetzung – bescherte Umsätze, die nur zu 20 oder 30 Prozent unter denen von März 2019 lagen. „Wir waren überrascht“, so Hans-Jürgen Robers. Dann kam die Negativ-Test-Regel, und mit ihm kamen die Einbrüche: „Das ist eine Katastrophe.“

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Für Ahaus, Stadtlohn oder Borken spricht er von einem Drittel der Kunden im Vergleich zu den März-Wochen mit Click and Meet. Wenn jetzt nach der Bundes-Notbremse wieder nur noch Click and Collect möglich sein sollte: „Da will ich lieber nicht drüber nachdenken. Das ist fast uninteressant für uns“.

Robers Schuhe hat einen Online-Shop, auf den werden die Kunden auch verwiesen. In jedem Geschäft nun aber wegen Click and Collect Personal vorzuhalten für die wenigen Kunden, die online bestellen und persönlich abholen – da müsste der Geschäftsführer noch mal drüber nachdenken, wenn es soweit ist.

Hans-Jürgen Robers hofft, dass er sich bald wieder seinen Kernkompetenzen widmen kann. Dass er morgens Umsatzzahlen überprüft statt der Inzidenzzahlen auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts. „Wir haben 95 Verkäuferinnen. Bis jetzt hat sich im Geschäft noch keine angesteckt“, sagt er abschließend. Den Einzelhandel sieht er demzufolge „wirklich nicht als Infektionstreiber“.